Pollmeiers BauBuche gewinnt an Popularität bei Architekten und Bauherren. Ein Bürogebäude in Augsburg von Architekt Frank Lattke zeigt die Stärken des neuen Hartholz-Baustoffs – bestätigt aber auch eine für Buche typische Schwäche.
2012 war es, als Ralf Pollmeier im Rahmen der Klagenfurter Holzmesse die "BauBuche" der Öffentlichkeit vorstellte – mit den abschließenden Worten: "Entweder wird es ein Riesenerfolg oder ein Riesenreinfall."
Von einem Reinfall lassen sich nun vier Jahre danach zumindest keine Anzeichen erkennen. Zahlreiche Objekte sind mittlerweile in ganz Europa mit diesem Baustoff entstanden, der eine völlig neue architektonische Ästhetik verspricht. Ob sich aber bisher der viel erhoffte "Riesenerfolg" einstellte, sodass sich die Mega-Investition von über 100 Mio. € in ein Furnierschichtholzwerk rechnet, weiß man wohl nur in Pollmeiers Führungsetage in Creuzburg – immerhin gilt es, eine Presse mit einer Kapazität von über 150.000 m3/J (im Dreischichtbetrieb) auszulasten.
Ein Trend, der ankommt
Was dem deutschen Laubholzexperten und seinem Unternehmen auf jeden Fall hoch anzurechnen ist: Plötzlich scheint es ganz normal, in Europa Gebäude mit Buchenholz zu bauen. Davon hätte sich noch vor ein paar Jahren niemand zu träumen getraut. Der neuartige Werkstoff hat sich innerhalb der Holzbranche und des gesamten Bauwesens rasant etabliert. Das ist auch einer Glanzleistung von Pollmeiers Marketing zu verdanken, das gezielt Architekten und Planer anspricht. Man will vor allem jene von der Buche überzeugen, die keinen Wert auf mächtige Trägerquerschnitte und imposantes Auftreten der Gebäudekonstruktionen legen. Der Buchenträger soll sich zurücknehmen, soll grazil erscheinen und seine Kraft im Verborgenen lassen. So wird eine leichtere Form der Architektur mit Holz möglich, die auch schon tief verwurzelte Stahlbauprofis überzeugte. Und eben hier liegt das große Potenzial des Baustoffs: als CO2-sparende Alternative in der Anwendung bei großen Spannweiten, um dem Stahl eine optisch sehr viel ansprechendere Konkurrenz zu machen.
Softwareunternehmen will grün bauen
Ein deutscher Architekt, der dem Holz generell nicht abgeneigt ist, hat die Entwicklung des Buchenfurnierschichtholzes in den vergangenen Jahren mit Freude verfolgt: Frank Lattke aus Augsburg. An ihn trat 2014 ein Bauherr heran, der sich einen Bürobau für sein Unternehmen wünschte, der nicht nur technisch modern, sondern auch ökologisch sinnvoll umgesetzt werden sollte. Lattke nutzte die Chance, sich der Buche anzunähern und schaffte damit unbeabsichtigt das bis dahin höchste, mit BauBuche umgesetzte Objekt – den neuen Sitz der Softwareschmiede euregon in Augsburg.
Der Informatiker wechselt gern, der Holzbau soll ihn halten
"Der Bauherr wollte bewusst ein besonders attraktives Bürogebäude schaffen, um den Angestellten des Unternehmens eine Atmosphäre zu bieten, in der sie sich wohlfühlen und wohin sie gerne zur Arbeit gehen", so der Architekt. Gute Softwareentwickler sind gefragt und ein überdurchschnittlich häufiges Wechseln des Arbeitgebers gilt quasi als Markenzeichen dieser Branche. Mit weiten, offenen Büroräumen, die dank groß dimensionierter Fensterflächen mit reichlich Tageslicht versorgt werden, dem Einsatz gesunder Baustoffe sowie moderner Gebäudetechnik soll dem Abwandern der Programmierer in berühmtere Zentren der Informationstechnologie vorgebeugt werden.
Dem zuträglich ist auch die grüne Umgebung des Gebäudes. Es befindet sich auf einer Konversionsfläche einer ehemaligen US-Kaserne, die heute einen prachtvollen Erholungspark offeriert. Als weiterer, nicht zu unterschätzender Wohlfühlfaktor im Freien dient den Mitarbeitern von euregon ein zwei Meter breiter Balkon, dessen Lichteinfall von einem Fassadenvorhang weiß lasierter KVH-Latten filettiert wird und so auch im Hochsommer angenehme Schatten auf den Lärchenholzboden wirft.
Buche durch und durch
Im Kern ist das Gebäude ein klassischer Skelett-Holzbau – nur eben nicht aus Fichte, sondern aus Buche. Hauptträger mit einem Querschnitt von 20 mal 40 cm spannen über die Stützen von 20 mal 20 cm in einem Raster von 5, 10 m. Über der sichtbaren Balkendecke mit Trägern von 12 mal 32 cm liegen im Raster von 85 cm Buchenfurnierschichtholz-Platten mit 40 mm Stärke. Der Fußbodenaufbau bringt mit einer Latexgebundenen 12 cm hohen Splittschüttung Gewicht auf die Decke, um das Schwingungs- und Schallschutzverhalten der Konstruktion positiv zu beeinflussen. Nord- und Südseite des Gebäudes sind geöffnet. Eine Pfosten-Riegel-Fassade mit Dreifachverglasung – ebenfalls aus Buche – steht vor der Hauptstützenebene.
Ein klares No-Go: Wasser
Neben einer Reihe von Vorteilen beim Einsatz von Buchenholz besteht allerdings auch ein gravierender Nachteil: Es verträgt nicht einmal geringe Mengen Wasser. Leider ist es in Augsburg während des Bauvorgangs zu einem leichten Regenwassereintrag gekommen. Besonders bei sichtbarem Holz kann das zu unschönen Ergebnissen führen. Architekt Lattke fand dagegen allerdings ein Hausmittel: Oxalsäure. Damit lassen sich feuchte Stellen behandeln und die ursprüngliche Optik nahezu wiederherstellen.
Und täglich grüßt die Preisfrage
"Mit Holz gelingt es, Arbeitsplätze in Wohnraumqualität zu schaffen. Das gilt auch, wenn Buche zum Einsatz kommt. Buchenfurnierschichtholz ist insofern ein faszinierender Baustoff, weil er ermöglicht, die tragende Konstruktion auf ein Minimum zu reduzieren. So faszinierend die Buche aber ist, so teuer ist sie leider auch. Wer genau nachrechnet, kommt im Gesamten aber doch auf ein sich bezahlt machendes Ergebnis", erläutert Lattke seine Erfahrungen.
Mit rund 700 €/m3 gibt der Architekt den Preis für das Buchenfurnierschichtholz an. Im Vergleich dazu: Fichte-Brettschichtholz kostet rund 480 €/m3. Allerdings können durch die höheren Festigkeiten von Buche weit kleinere Querschnitte verwendet werden – bis zu einem Drittel schlanker (die Biegefestigkeit der BauBuche ist annähernd dreimal so hoch wie von Brettschichtholz aus Fichte). Wäre das euregon-Gebäude in Fichte-BSH gebaut worden, so hätte man dafür rund 115 m3 gebraucht – in BauBuche waren es tatsächlich 80, 3 m3. So gleicht sich der höhere Kubikmeterpreis der Buche im Vergleich zur Fichte durch die absolute Materialeinsparung wieder aus. Architekt Lattke stellt zum viel diskutierten Preisthema abschließend klar: "Ein wichtiges Verständnis habe ich aus meinen bisherigen Holzbauprojekten mitgenommen: Mit Holz zu bauen ist grundsätzlich nicht teuer. Was wirklich teuer ist, ist die Haustechnik."
Projektdaten
Standort: Augsburg
Fertigstellung: 2016
Architektur: Frank Lattke
Tragwerksplanung: bauart konstruktions GmbH
Holzbau: Gumpp & Maier
Verbaute Holzmenge: 354 m3
Bruttogeschossfläche: 1335 m2
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