Bauen mit Bambus am Mars

Ein Artikel von Raphael Zeman | 09.09.2019 - 13:45
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Die Hülle dieser Kolonie besteht aus einer Mischung von ETFE und Bambus. © Karim Moussa

Bambus ist eine wunderbar unkomplizierte Pflanze. Er hält extremen Temperaturschwankungen stand, ist nicht auf Bestäubung angewiesen und kann als Nahrungsquelle verwendet werden. Zudem ist er ein leichter Baustoff und neigt zum Wuchern. Ideal also, um damit eine Kolonie auf dem Mars zu bauen, zumal die Atmosphäre dort hauptsächlich aus Kohlenstoffdioxid besteht, was das Pflanzenwachstum zusätzlich beschleunigt und einen Anbau vor Ort begünstigt.

Automatisierte Wohnkapseln vermehren Bambus

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Die Wohnkapseln verfügen über eigene Bohrer, Magnetosphären und Gewächskammern. © Karim Moussa

Als Standort für ihre Marskolonie schlagen Amzar und Zaki den südlichen Teil von Elysium Planitia vor, wo Satellitenbilder Packeis vermuten lassen – ein Indikator für gefrorenes Wasser unter der Oberfläche. In einem ersten Schritt soll ein kleines Team von Wissenschaftlern mitsamt Nuklearreaktor dort landen, das Wasservorkommen verifizieren und dann den Kolonisationsprozess einleiten, so die Idee. Schon zwei Jahre später erreichen den Planeten automatisierte Wohnkapseln, die Bambustriebe mitbringen und sich selbst an die bereits bestehende Energieversorgung anschließen. Mithilfe einer ETFE-Membran (ETFE ist ein Derivat des Kunststoffs PTFE) erzeugen die Kapseln dann eine druckdichte Atmosphäre. Gleichzeitig schaffen sie eine Mini-Magnetosphäre, die den Bambus vor radioaktiver Strahlung schützt, und machen dank integriertem Bohrer das Wasser im Boden zugänglich.

Gewächshäuser am Mars

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Durch die Verbindung mehrerer Kapseln kann eine Siedlung samt Gewächshaus in den Zwischenräumen entstehen. © Karim Moussa

Sobald der Bambus das gewünschte Wachstum erreicht hat, wird er geerntet, geschnitten und um die ETFE-Membran gewebt. Daraufhin wird Wasser in die Hybridhülle gepumpt, das dort gefriert und das Gewebe so weit stärkt, dass es gegen kosmische und solare Strahlung schützt. Damit die Bauten auch einem potenziellen Marsbeben standhalten, sintern Roboter das vor Ort abgebaute Regolith um die Sockel der Gebäude. Durch den Verbund mehrerer solcher Wohnkapseln mithilfe von ETFE, kann in den schattigen Bereichen am Fuß der Gebäude eine Glashauswirkung erzeugt werden. Die Fugen werden dabei mit HDPE (High-density Polyethylen), das aus CO2 und Wasser hergestellt werden kann, versiegelt.

Mars zur Besiedelung bereit

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In den druckdichten Gewächshäusern sollen Bäume langfristig für eine sauerstoffhaltige Atmosphäre sorgen. © Karim Moussa

Und wie geht es den Plänen von Amzar und Zaki nach weiter? Nur vier Jahre nach der Ankunft der Wohnkapseln kann die entstandene Station von den ersten Kolonialisten – 50 an der Zahl – bezogen werden. Diese Gruppe besteht aus Forschern, Bau- und Minenarbeitern, die nun den Grundstein für eine endgültige Besiedelung legen sollen. In den Gewächshäusern kann dann bereits Nahrung angebaut werden. Darüber hinaus wird auf dem derzeit inaktiven Vulkan Pico de Orizaba in Mexiko geforscht, welche Baumarten geeignet wären, die Marskolonie nicht nur mit einer lebensfreundlichen, sauerstoffhaltigen Atmosphäre zu versehen, sondern auch mit Lebendigkeit und Farbe zu bereichern.

Amzar und Zaki wollten mit ihrem Konzept sicherlich provozieren. Darüber hinaus regen sie mit diesem, für den Mars untypischen Baustoff an, über den Tellerrand hinauszublicken und natürliche Materialien nicht von vornherein auszuschließen.

Quelle: Amzar/Zaki