Heimische Holzbau-Meister räumen ab

Ein Artikel von Birgit Gruber | 29.04.2024 - 10:58

Der sechste Rosenheimer Holzbaupreis konnte seine Attraktivität auch in diesem Jahr wieder unter Beweis stellen. Insgesamt wurden 64 Arbeiten eingereicht, darunter auch österreichische Projekte. Sie demonstrieren auf überzeugende Weise, dass dem Bauen mit Holz keine Grenzen gesetzt sind. Die Arbeiten wurden dabei in zwei Kategorien eingeteilt: Wohnungsbau und öffentlicher beziehungsweise Gewerbebau. Eine hochkarätige Jury mit Prof. Carlo Baumschlager (Baumschlager Hutter Partners), Architekt Christoph Schreyer, Gerhard Matzig (Journalist Süddeutsche Zeitung), Prof. Maren Kohaus (TH Rosenheim, Fakultät Holztechnik und Bau), Prof. Anne Niemann (TH Rosenheim, Fakultät für Innenarchitektur, Architektur und Design) sowie Architekt Florian Müller-Luckinger (Krug Grossmann Architekten), wählte aus allen Einreichungen die besten Projekte aus. In jeder der Kategorien wurden drei Preise und Anerkennungen ausgesprochen.

Der Publikumspreis wurde dieses Jahr ebenfalls wieder durch Onlineabstimmung über die Homepage des RosenheimKreis e.V. ermittelt. Die Teilnehmer konnten dabei an beliebig viele Arbeiten jeweils einen Punkt vergeben. Insgesamt wurden knapp 4300 Stimmen auf die 64 Projekte verteilt. Wie üblich wird die Ausstellung des Rosenheimer Holzbaupreises 2024 wieder auf Wanderschaft gehen und in vielen bayerischen und österreichischen Orten präsentiert werden. 

Salzburg und Tirol ganz vorne mit dabei

Erfreulich aus Salzburger Sicht ist dabei, dass drei heimische Betriebe prämiert wurden. Meiberger Holzbau (Lofer) erhielt für den Kulturhof Stanggass mit dem 2. Platz eine Auszeichnung von der Fachjury. Die Holzbauabteilung von Ehrenreich Bau (Tamsweg) erhielt beim Publikumspreis den 1. Platz für das Jugengästehaus Gerlosplatte. Holzbau Maier (Bramberg) folgte auf dem 2. Platz für das Rote Kreuz Ausweichquartier in Innsbruck. Alle drei Prämierungen erfolgten in der Kategorie „Öffentlicher Bau und Gewerbe“.

Martin Winkler, Geschäftsführer proHolz Salzburg gratuliert den Salzburger Preisträgern: „Die Auszeichnungen beim 6. Rosenheimer Holzbaupreis zeigen, was der moderne Holzbau zu leisten imstande ist. Das drei heimische Betriebe unter den Prämierten zu finden sind, spiegelt den internationalen Stellenwert des Salzburger Handwerks und die Ausführungsqualität der Betriebe wider. Es unterstreicht die Wichtigkeit der regionalen Wertschöpfung für den bayrisch-österreichischen Raum. Das Beispiel Kulturhof Stanggass, mit der Vergabe von 77 % der gesamten Bausumme (14,5 Mio. €) an regionale Betriebe, steht dabei exemplarisch für die Wichtigkeit des regionalen Bauens im grenznahen Wirtschaftsraum.“

In Tirol darf man sich mit einer Aufstockung in Holzbauweise für die HTL Bau & Design in Innsbruck über den 1. Preis in der Kategorie „Öffentlicher Bau und Gewerbe“ freuen. Auch bei den Publikumspreisen hat das Bundesland die Nase vorn.

Im Aschluss finden sich die drei Preisträger in den jeweiligen Kategorien.

Kategorie Öffentlicher Bau und Gewerbe

1. Preis: HTL Bau und Design Innsbruck, Tirol

Architektur: ao-architekten
Holzbau: Schmid Holzbau 
Tragwerksplanung: Alfred R. Brunnsteiner Ziviltechniker 

Begründung der Fachjury: Das zeitgemäße Thema der Nachverdichtung wird mit dem eingeschoßigen, kompakten Erweiterungsbau als klar ablesbare Aufstockung gestalterisch und konzeptionell sehr gut gelöst. Das komplett umlaufende Fensterband trennt dabei die dunkel verschalte Dachkonstruktionsebene mit einer konsequenten Glasfuge von dem hellen Bestandsbaukörper. Die Möglichkeiten der Belichtung über die Dachfläche werden atmosphärisch sehr gelungen mit einer Sheddachkonstruktion gelöst. Die weiß lasierten Holzoberflächen leiten dabei das Licht weit ins Innere des tiefen Gebäudes. Besonders hervorzuheben ist die Fortführung auch in die unteren Ebenen des Bestandsbaukörpers durch die geschickte Kombination von nicht begehbarem Glasboden in Verbindung mit einem großformatigen Sitzmöbel. Die geschwungene Lamellenverkleidung der Dachuntersicht steht in wohltuendem Kontrast zu den klar und flächig gegliederten Innenraumbereichen. Die fein abgestimmte Farb- und Materialwahl führt in Verbindung mit konsequenter Linienführung und sauberer Detaillierung zu einem hellen und lichtdurchfluteten Ateliercharakter mit hoher Transparenz. In Verbindung mit den zwischen den Unterrichtsräumen angeordneten verschiedenen Aufenthaltszonen wird eine zeitgemäße Lernumgebung mit hoher räumlicher Qualität geschaffen, die eine Vielzahl von Blickbezügen auch in den Außenraum ermöglicht.

2. Preis: Kulturhof Stanggass Bischofswiesen, Bayern

Architektur: Arc Architekten Partnerschaft
Holzbau: Meiberger Holzbau
Tragwerksplanung: Heininger Ingenieure 

Begründung der Fachjury: Der „Kulturhof Stanggass“ ist mit seinen vielfältigen Nutzungsbereichen sorgsam in die vorhandene Topographie eingefügt. Die Gebäude sind klug nach den Anforderungen ihrer öffentlichen und privaten Belange organisiert und in einem räumlich ausgewogenen Ensemble angeordnet. Den Architekten gelingt es, eine Anlage zu realisieren, die sich mit einem zeitgemäßen Bild sehr selbstverständlich in die oberbayerische Kulturlandschaft einfügt. Die hohe Qualität in der städtebaulichen Anordnung wird auch in der Konstruktion und Gestaltung der einzelnen Raumbereiche erreicht. Besonders überzeugt der große Veranstaltungsraum mit seinem großartigen Ausblick und der inneren Anmutung. Es wurde eine elegante Konstruktion gewählt, die der Logik eines modernen Holzbaus folgt und überzeugende innenräumliche Qualitäten aufweist. Es ist hochwertige Architektur entstanden, die vorbildlich zeigt, wie ein Projekt dieser Dimension vom städtebaulichen Ansatz bis ins Detail mit zeitgemäßem Holzbau realisiert werden kann.

3. Preis: Neubau Schulzentrum Odelzhausen Odelzhausen, Bayern

Architektur: SCHANKULA Architekten
Holzbau: Müllerblaustein
Tragwerksplanung: Planungsgesellschaft Dittrich 

Begründung der Fachjury: Die klar gegliederte Holzskelettbauweise des freistehenden, viergeschoßigen Holzbaus ist bereits von außen ablesbar. An den Längsseiten, vor den geschoßhoch verglasten Klassenzimmern befinden sich Fluchtbalkone, die von der auskragenden Zangenkonstruktion der Dachbinder abgehangen sind. Offenheit prägt die Mittelzone des Schulhauses. Die Flure entlang der Längsseiten der Klassenzimmer sind über alle Geschoße gehende Lufträume miteinander verbunden, wodurch das offene pädagogische Lernkonzept mit Lernnischen und zuschaltbaren Gruppenräumen gestärkt wird. In den Klassenzimmern ist die Primärkonstruktion mit einem Raster von 2,5 m sichtbar belassen. Durch die Holzbetonverbunddecken, die von den Außenwänden zu den Flurwänden spannen, können die Zwischenwände der Klassenzimmer nicht tragend ausgeführt werden und sind somit für spätere Änderungen flexibel gehalten. Die Schule in Odelzhausen zeigt, dass trotz der hohen brandschutztechnischen Anforderungen an eine Schule in Gebäudeklasse 5 auch sichtbar belassene Holzbauteile möglich sind, die dann die innere Atmosphäre prägen.

Kategorie Öffentlicher und privater Wohnungsbau

1. Preis: Mehrgenerationenhaus Kranzberg Kranzberg, Bayern

Architektur: ArGe büro dantele & Büro Kofink Schels
Holzbau: IHR Tischler 
Tragwerksplanung: Reiser Tragwerksplanung 

Begründung der Fachjury: Die städtebauliche Setzung am Rande von Kranzberg mit den daraus entwickelten Maßstäben und Außenräumen erzeugt außenräumliche Atmosphäre mir vielen inszenatorischen Optionen. Die Verwendung von Holz als Konstruktionsmaterial, als Haut und im Ausbau trägt die Idee des Entwurfs weiter. Detailqualität und Ausführung lassen ein Ganzes entstehen. Der Ort, das Haus und das Material erzeugen ein hohes Maß an Stimmigkeit. Vernünftig fügen sich die einzelnen Komponenten zusammen und machen das Mehrgenerationenhaus in Kranzberg zu etwas Besonderem.

2. Preis: Haus UP Tristach, Osttirol

Architektur: Hannes Unterluggauer
Holzbau: Holzbau Lusser
Tragwerksplanung: Holzbau Lusser 

Begründung der Fachjury: Das Problem: Ein schwierig zu bebauendes Grundstück, auf dem ein Doppelhaus für zwei Parteien kaum zu realisieren ist. Die vorbildliche Lösung: Zwei Einzelbauten, die als schlanke Holzkonstruktionen raumökonomisch ausgebildet sind - und sich zugleich zu einer ästhetischen Einheit verbinden. Im Inneren eines nur vier Meter breiten, aber 30 m langen Wohnhauses zeigt sich, wie aus räumlicher Beschränktheit Gewinn zu erzielen ist. Das differenziert organisierte Haus samt Einliegerwohnung überzeugt innen und außen durch räumliche Qualität.

3. Preis und 3. Preis beim Publikumspreis: Gefördertes Wohnquartier auf dem Schmucker-Areal Utting am Ammersee, Bayern

Architektur: WWA Architekten 
Holzbau: Zimmerei Höfle 
Tragwerksplanung: IBGeiger²

Begründung der Fachjury: Die Jury würdigt den Einsatz von Holz im Geschoßwohnungsbau im ländlichen Raum. Trotz des für die Umgebung großen Bauvolumens gelingt durch die versetzte Anordnung der Baukörper eine gelungene städtebauliche Setzung. Die unterschiedlich ausgerichteten Pultdächer lockern das langgestreckte Bauvolumen auf. Die Wohnungen im obersten Geschoß profitieren von den großzügigen Raumhöhen, die durch die Dachneigung entstehen. Darüber hinaus überzeugen die hohen Außenraumqualitäten.

Publikumspreis Öffentlicher Bau und Gewerbe

1. Preis: Jugendgästehaus Gerlosplatte Krimml, Land Salzburg

Architektur: Architekturbüro Lechner & Lechner
Holzbau: Ehrenreich Bau
Tragwerksplanung: Forsthuber 

Beschreibung: Zwischen dem Zillertal und dem Pinzgau thront ein Jugendgästehaus auf 1700 m Seehöhe mit 450 Betten, maßgeschneidert für die abenteuerlustige Jugend. Die Architektur dieses Jugendgästehauses offenbart sich in schlichter Originalität, fokussiert auf das Wesentliche: die Schaffung vielseitiger räumlicher Möglichkeiten für soziales Miteinander. Das siebengeschossige Jugendgästehaus präsentiert sich als Holzmassivbau aus Brettsperrholzelementen für Decken und Wände. Der imposante Holzriegel erstreckt sich über eine Breite von etwa 17 m, eine Länge von ca. 74 m und erreicht eine beeindruckende Höhe von bis zu 21,7 m. Es wurden dafür insgesamt 1840 m3 regionalen Holzes verarbeitet.

2. Preis: Rotes Kreuz - Freiwillige Rettung Innsbruck Ausweichquartier am alten Hafen Innrain, Innsbruck, Tirol

Architektur: Architektin Melanie Karbasch
Holzbau: Holzbau Maier
Tragwerksplanung: tragwerkspartner

Beschreibung: Das RK Innsbruck errichtet derzeit seine neue Zentrale am Sillufer (bestehender Standort). Für drei bis vier Jahre wird ein Provisorium benötigt, welches als dreigeschoßiger Holzbau am alten Hafen errichtet wurde. Im EG befinden sich Zugang und überdachte Stellplätze für Rettungsfahrzeuge. In den OG‘s sind Schlafplätze des Nachtdienstes, Büro- und Sozialräume sowie Lager und Flächen für den Gesundheits- und Sozialdienst. Das Gebäude ist als elementierter ‚Edelrohbau‘ ausgeführt, wird nach der Nutzung abgebaut und kann an anderer Stelle weiter genutzt werden. Die Ausführung wird auf das Minimum für einen temporären Betrieb reduziert. Die Bauwerkskosten liegen bei 735 € / m2 Nutzfläche. Alle Oberflächen im Holzbau und die technische Infrastruktur bleiben sichtbar, die Ausführung ist maximal wirtschaftlich. Die Inbetriebnahme ist zum 3. Quartal 2023 erfolgt.

3. Preis: Neubau Kinderhaus in Mammendorf Süd Mammendorf, Bayern

Architektur: PSA Architekten 
Holzbau: Zimmerei Holzbau Enßlin
Tragwerksplanung: Ingenieurbüro Horst D. Lichtenberg

Beschreibung: Das Grundstück liegt am südlichen Ortsrand von Mammendorf in der Mitte eines Neubaugebietes. Mit der zweigeschoßigen Bauweise und den geneigten Dächern wird der Typik der umgebenden Gebäude entsprochen. Als eine Addition einzelner Baukörper, die jeweils modular organisiert sind und ein jeweils ähnliches Erscheinungsbild haben, ist das neue Kinderhaus gestalterisch und in seiner Typologie eigenständig. Die Größe der einzelnen Module ist dabei auf die notwendigen Raumflächen für insgesamt vier Gruppen abgestimmt. Der Neubau ist in Holzhybridbauweise errichtet.

Publikumspreis Öffentlicher und privater Wohnungsbau

1. Preis: Umbau und Sanierung eines Bauernhofs in ein Mehrgenerationenhaus Trins, Tirol

Architektur: Martina Schlude Architekten
Holzbau: Holzbau Schafferer
Tragwerksplanung: Michael und Sylvain Flach

Beschreibung: Im konkreten Fall handelt es sich um den im Jahr 1627 gegründeten Mayerhof, der über zehn Jahre leer stand und ein imposantes Bauvolumen mit einer Gesamtfläche von über 650 m² aufweist. Der ausdrückliche Wunsch des Bauherrn war es, diesen Hof möglichst umfangreich in seinem Bestand zu erhalten und den baufälligen Bereich der Scheune bis auf die Südfassade durch eine energieeffiziente Neukonstruktion in Holzbauweise zu ersetzen. Um dabei die Kosten in Grenzen zu halten, galt es, möglichst viel Eigenleistung einzubringen und den Ausbau auf eine genügsame und minimal notwendige Fläche zu reduzieren. Deshalb wurden nur 480 m² als Wohnflächen, auf vier Wohnungen verteilt, ausgebaut. Die restlichen Flächen wurden als überdachte Außenbereiche für Balkone und Terrassen offengelassen. Neben einer sinnvollen Nutzung und Schutz verleihen sie dem Bauwerk Tiefe und Transparenz. Das entstandene Mehrgenerationenhaus ist eine Symbiose aus saniertem Altbau und einer modernen Holzkonstruktion. 

2. Preis: HLZ Massivholzhaus in Holzkirchen, Bayern

Architektur: David Hammer, dreigegeneinen
Hozbau: Zimmerei Gartmeier und NUR-Holz Rombach
Tragwerksplanung: Staudacher Ingenieure

Beschreibung: Das Wohnhaus in Holzkirchen kombiniert traditionelle Elemente mit moderner Gestaltung und nachhaltigen Baustoffen, um zeitgemäßen Wohnraum zu schaffen. Eine Lärchenfassade mit filigraner Lattung und dezenten Ornamenten bietet natürlichen Sicht- und Sonnenschutz sowie wechselnde Lichtspiele. Die Konstruktion besteht aus Leim- und metallfreien Massivholzelementen aus heimischen Wäldern. Im Innenbereich kommen geglätteter Estrich und Eiche als Bodenbeläge, Lehmputz an Wandflächen und Kaminofen zum Einsatz, um Kontraste zu schaffen und eine warme und natürliche Raumatmosphäre zu erzeugen. Die klare Architektursprache betont strenge Formen und Achsen, mit Fokus auf gezielte Licht- und Blickführung. Im zweigeschossigen Luftraum mit Essbereich im Herzen des Gebäudes ermöglicht die Galerie einen Ausblick auf die Alpen. 

Quelle: RosenheimKreis e.V.