Holzbautrend bei Universitäten setzt sich fort

Ein Artikel von Raphael Zeman | 08.06.2020 - 14:34
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Insgesamt werden 40 % der Dachfläche begrünt, Photovoltaikpaneele produzieren indes Energie. © DIALOG

Die „Truth and Reconciliation Commission“ (TRC) Kanada dokumentiert die Auswirkungen des „Canadian Indian residential school system“ auf indigene Schüler und Studenten sowie deren Familien. Dieses Schulsystem war darauf ausgelegt, die Kultur der Ureinwohner Kanadas mit jener der Einwanderer zu ersetzen. Aufgrund von Missbrauch kam es in diesen Schulen, in denen ausschließlich indigene Kinder unterrichtet wurden, zu zahlreichen Todesfällen. Das neue Gebäude des Centennial College ist als Bekenntnis zum Programm von TRC zu verstehen und soll zur Aussöhnung beitragen. Mit der Errichtung in Holz reiht man sich nahtlos in eine wachsende Liste von universitären Holzbauten, wie dem „Senezh Management LAB“ und dem Forschungs- und Entwicklungszentrum der University of Guelph, ein.

Indigene Kultur findet sich in Optik und Typologie wieder

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Die Fassade des Sechsgeschossers ist dem Erscheinungsbild der „Wigwam“ nachempfunden. © DIALOG

Der sechsgeschossige Holzbau, den das multidisziplinäre Team von DIALOG in Zusammenarbeit mit dem indigenen Büro Smoke Architecture plant, wird den Eingang zum Campus darstellen und soll sowohl bei der Verbesserung des Wegenetzes als auch des öffentlichen Freiraums mitwirken. Bewusst in die Landschaft eingegliedert, liegt der Eingang des Gebäudes der Typologie indigener Bauweisen entsprechend im Osten. Die Nord- und Westfassade sind zudem eine Anlehnung an das „Wigwam“, eine traditionelle Behausung nordamerikanischer Indianerstämme. Das Konzept will eine Geschichte von Saat, Wachstum, Kulmination und Balance erzählen, indianische Kunst einfließen lassen und dabei die hohen Ansprüche an Nachhaltigkeit der Universität verfolgen. Ein zentraler, multifunktionaler Raum, „Indigenous Commons“ genannt, soll als Treffpunkt und Ort der Vernetzung dienen.

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© DIALOG

Rund 3600 m3 regionales, FSC-zertifiziertes Holz will man in dem Gebäude verbauen. Davon werden in etwa 90 % Fichte sowie 10 % Tanne und Kiefer sein – die Holzkonstruktion besteht sowohl aus Brettsperr- als auch Brettschichtholz und bindet rund 3200 t CO2. Natürliche Ventilation, Tageslichtnutzung und Ausblicke in den Freiraum sind Teil des Konzepts. Der Energieverbrauch soll möglichst gering gehalten werden, zudem liefern Photovoltaikpaneele Strom.

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© DIALOG

Bei der Landschaftsgestaltung greift man auf heimische Pflanzen zurück und auch das Dach wird zu 40 % begrünt. Die Pläne für den Neubau am Centennial College beinhalten flexible, innovative Unterrichtsräume, Laboratorien, Büros und Treffpunkte. Die Fertigstellung wird im Herbst 2023 angestrebt – dann könnte das Gebäude Kanadas erster CO2-neutraler Universitätsbau in Holz werden.

Quelle: DIALOG