„Deponieverordnung bedroht Klimaschutz und Baukonjunktur“

Ein Artikel von Raphael Zeman | 12.10.2020 - 11:08

„Die Gleichstellung mit Asbest ist absolut nicht gerechtfertigt. Eine Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aus 2002 ergab, dass Mineralwolle nicht als kanzerogen bzw. gefährlich klassifizierbar ist – aktuelle humanmedizinische Studien bestätigen dies“, erläutert David Suchanek, Rechtsanwalt bei Niederhuber & Partner. „Der aus wissenschaftlicher Sicht nicht gerechtfertigten Gleichstellung von Mineralwolle und Asbest wird in der Novellierung des Abfallverzeichnisses durch eigene neue Schlüsselnummern Rechnung getragen“, führt Suchanek aus.

Forderung, drei Auflagen zurückzunehmen

UdoKlamminger_sw_FMI.jpg

Udo Klamminger, Vorstandsvorsitzender FMI © FMI

Mittlerweile gibt es eigene Schlüsselnummern für „Glas-, Steinwolle und gemischte Fraktion“ sowie „alt“ und „neu“, jedoch würden die Auflagen für Mineralwolle nach der geplanten Novelle der Deponieverordnung (DVO) jene für Asbest sogar übertreffen, kritisiert Udo Klamminger, Vorstandsvorsitzender der Fachvereinigung Mineralwolleindustrie (FMI). Deshalb fordert die FMI, die zusätzlichen Auflagen in § 10c der DVO-Novelle „Künstliche Mineralwollabfälle“ zurückzunehmen. Dies betrifft einerseits die Vorbehandlung. Die Novelle sieht vor, dass Mineralwollabfälle verpackt und gepresst bzw. verkleinert und mit Zement gebunden angeliefert werden, was wiederum zu einer Verteuerung führe. Als zweiten Kritikpunkt nennt die FMI die gesonderte Ablagerung und fordert, einen losen Einbau am gesamten Deponiekörper zu ermöglichen. Zu guter Letzt sei die Kleinmengenregelung, die vor allem auch private Hausbauer betreffe, unverhältnismäßig. Hier wünscht man sich eine Ausnahme auch über das Inkrafttreten des Deponieverbots 2027 hinaus.

Recycling auch für FMI übergeordnetes Ziel

DavidSuchanek_sw_FMI.jpg

David Suchanek, Rechtsanwalt bei Niederhuber & Partner © FMI

„Die FMI ist ebenso wie das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) der Überzeugung, dass ein Deponieverbot das übergeordnete Ziel sein muss“, so Klamminger. Bis zum Inkrafttreten dessen benötige es allerdings eine Übergangsphase – denn auch die Entwicklung der für das Recycling notwendigen Technologien brauche Zeit. Das Abfallverzeichnis sei zwar ein Schritt in die richtige Richtung, die Klassifizierung „Mineralwolle alt“ aber problematisch. Denn bei Bestandsbauten sei die Nachverfolgung oftmals unmöglich und im Zweifel werde immer auf „Mineralwolle alt“ entschieden. „Damit die Deponien diesem Entsorgungsdruck standhalten können, ist eine praxistaugliche Regelung für Mineralwolle „alt“ auf der Deponie erforderlich“, unterstreicht Suchanek die Anliegen der FMI. Zusätzlich verweist er auf einen Expertenkreis beim Österreichischen Wasser- und Abfallwirtschaftsverband, der sich mit dem Thema beschäftige und bittet das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, auf die Erkenntnisse dieses Arbeitskreises zu achten.

Sanierungsquote für Klimaschutzziele essenziell

Die befürchteten negativen Auswirkungen der DVO-Novelle würden nach Einschätzungen der FMI öffentliche und private Immobilienbesitzer gleichermaßen betreffen. „Darüber hinaus gefährden die explodierenden Entsorgungskosten Arbeitsplätze bei Herstellern, Entsorgern und am Bau tätigen Unternehmen sowie das Erreichen nationaler und internationaler Klimaziele“, betont Klamminger und verweist auf die rückläufige Sanierungsquote. Diese lag 2009 noch bei 1,8 %, 2018 nur mehr bei 0,5 %. Für die energetische Ertüchtigung des Wohnungsbestands bis 2040 müsse die Quote allerdings kurzfristig auf 2,6 % und ab 2025 auf 3,2 % erhöht werden – nebenbei könne man dadurch Arbeitsplätze im sechsstelligen Bereich schaffen.

„Die Klimaziele erfordern eine erhöhte Sanierungsrate. Bei 40 bis 50 Jahre alten Gebäuden hat man hier den größten Hebel – die Entsorgungshürden wiederum erschweren dies und bremsen das auch für die Wirtschaft so wichtige Wiederanspringen der Baukonjunktur“, schließt Klamminger.