Corona – Gedanken aus rechtlicher Sicht

Ein Artikel von Dr. Bernd Haintz | 22.05.2020 - 12:19
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Dr. Bernd Haintz, Wirtschaftskammer Steiermark © holzbau austria

In den Fokus gerückt ist die sogenannte Fürsorgepflicht des Auftraggebers, die sowohl im ABGB als auch in der ÖNORM B 2110 geregelt ist. Sie besagt, dass dafür zu sorgen ist, dass der Auftragnehmer und seine Mitarbeiter nicht zu Schaden kommen. Dies nimmt natürlich auch den Generalunternehmer in Bezug auf alle seine Subunternehmer in die Pflicht. Im konkreten Fall bedeutet dies, dass im Erlass des Gesundheitsministers („Handlungsanleitung der Sozialpartner für den Umgang mit Baustellen aufgrund von COVID-19“) im Hinblick auf eine Anregung des Autors dieser Zeilen folgender Passus aufgenommen wurde: „Mit geeigneten organisatorischen Maßnahmen ist ein möglichst wirksames Trennen von Arbeits- und Aufenthaltsbereichen sowie von Beschäftigten zu erreichen, um die Anzahl der exponierten Arbeitnehmer so gering wie möglich zu halten.“

Haftung liegt bei Auftraggeber

Danach werden einzelne Maßnahmen aufgezählt, die dabei einzuhalten sind. Es wird in der angegebenen Quelle auch auf den Baustellenkoordinator verwiesen, der hier tätig zu sein hat, um die Infektionsrisiken zu minimieren. Wird übrigens kein solcher durch den Bauherrn bestellt, geht allgemein das diesbezügliche Risiko aufgrund dieses Versäumnisses auf Letzteren über. Wissen das eigentlich alle, vor allem private Auftraggeber?

Wegfall der Pönale

Einen bemerkenswerten Schritt setzte die Bundesregierung, als sie in bestehende Verträge eingriff und die Pönalvereinbarungen aufhob. Die Neuregelung zu den Konventionalstrafen (Pönale, Vertragsstrafe) lautet: „Soweit bei einem vor dem 1. April eingegangenen Vertragsverhältnis der Schuldner in Verzug gerät, weil er als Folge der COVID-19-Pandemie entweder in seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt ist oder die Leistung wegen der Beschränkungen des Erwerbslebens nicht erbringen kann, ist er nicht verpflichtet, eine vereinbarte Konventionalstrafe im Sinn des § 1336 ABGB zu zahlen.“ Der Gesetzgeber betrachtet es demnach als „in der gegenwärtigen Krisensituation unbillig, dem Schuldner, dem wegen des Verzugs kein Vorwurf zu machen ist, die Zahlung einer solchen Konventionalstrafe oder eines sonstigen Pönales anzulasten.“ Dies gilt sowohl für verschuldensabhängige als auch verschuldensunabhängige Vertragsstrafen. Damit bleibt dennoch dem Auftraggeber bei einem entstandenen Schaden allgemein der Schadenersatz nach ABGB, wobei hier ein Verschulden des Auftragnehmers (bedeutet „vorwerfbare Schlampigkeit“) bestehen muss und dabei auch die Höhe des tatsächlichen Schadens von Relevanz ist. Nur dieser muss ersetzt werden. Bei der Pönale, die immer im Vertrag vereinbart sein muss, ist ein pauschalierter Ersatz fällig, unabhängig vom tatsächlichen Ausmaß des Schadens.

Mit dieser neuen Regelung im Gesetz nimmt der Gesetzgeber auch teilweise das richterliche Mäßigungsrecht in einem Prozess vorweg. Dieses ist laut ABGB im Zusammenhang mit Pönalen nicht vertraglich ausschließbar. Es erlaubt dem Richter, die Strafe unter Beachtung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse des Auftragnehmers zu mindern, wenn nur ein geringes Verschulden vorliegt.