Abbestellung von Auftragsarbeit möglich?

Ein Artikel von Bernd Haintz | 25.01.2023 - 12:32
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Dr. Bernd Haintz © Wirtschaftskammer Steiermark

Paradebeispiel für ein „leichtfertiges“ Abgehen vom Vertrag ist wohl, dass man nach Abschluss desselben einen günstigeren Kostenvoranschlag von dritter Seite in Händen hält und nun darauf zurückgreifen will, um somit den ersten Vertrag zu missachten. Dieser Schritt macht dennoch entgeltpflichtig, denn auch für Verbraucher gibt es aus rechtlicher Sicht keinen Anspruch auf den günstigsten Preis, aufgrund dessen man eine ursprüngliche, teurere Vereinbarung folgenlos missachten kann. Dies selbst, wenn mit der Leistung noch nicht begonnen wurde. Unabhängig davon, in welcher Phase der Vertragserfüllung nun das Werk abbestellt wird, gilt immer das Prinzip, dass der Werklohn abzüglich eventueller Ersparnisse durch den Holzbau-Meister fällig wird. Wurde beispielsweise ein Holzbau fertiggestellt und erfolgt dann der Rücktritt, ist der Werklohn in gesamter Höhe fällig, da ja keine „abzugsfähigen Ersparnisse“ vorliegen.

Anders gelagert der Fall, dass vor Baubeginn zum Beispiel ein Holzhaus abbestellt wurde. Dann sind alle zeitlichen und materiellen Aufwendungen dem Betrieb abzugelten, die in Vorbereitung der Bauausführung entstanden sind. Ist Material bereits bestellt worden, dann ist dies nur dann in Rechnung zu stellen, wenn es sich hierbei um maßgefertigte, nicht anderweitig verwendbare Bauteile handelt. In Abzug zu bringen ist also – wenn nicht anderweitig durch Ersatzaufträge einsetzbar – Arbeitsmaterial und Arbeitslöhne. Sehr wohl können entgangener Gewinn, Fixkosten, Zentralregie sowie Geschäftsgemeinkosten verlangt werden. Im vorliegenden Urteil ging es nun um Planungsleistungen in der Höhe von 140.000 €. Nach einem Vertragsrücktritt forderte der Architekt einen Anteil seines noch ausständigen Entgelts, also quasi die Stornogebühr. Warum der Rücktritt erfolgte, geht aus dem Urteil nicht hervor. Der klagende Architekt behauptet unwidersprochen, dass auf seiner Seite keine Leistungsstörung, kein Projektverzug oder Ähnliches vorliegt.

Was sich im Konsumentenschutzgesetz anders darstellt als im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch, ist, dass der Unternehmer darlegen muss, was er sich nicht ersparen konnte und daher in Rechnung stellt. Dies beinhaltet auch eine Begründung, warum nicht durch anderweitigen Einsatz des Personals oder sonstiger Verwendung von bereits bestelltem Material die Kosten angefallen sind. Bei Rechtsgeschäften zwischen Unternehmern liegt die Beweislast, was beim Auftragnehmer aus welchem Grund hätte erspart werden können, ausschließlich beim abbestellenden Kunden. Eine sehr intensive und wohl schwierige Beweisaufgabe des Bauherrn, der ja kaum einen Einblick in die innerbetrieblichen Gegebenheiten hat. Daher auch die gesetzliche Besserstellung des Verbrauchers.

Forderung wurde nicht fällig

Auf dieses Vorrecht pochte auch der Kunde im konkreten Gerichtsfall und verlangte mehrmals eine Begründung, warum der Architekt sich infolge des Unterbleibens der Arbeit weder etwas erspart noch durch anderweitige Verwendung etwas erworben hat. Grund für diese gesetzliche Bestimmung, halten hier die Höchstrichter fest, ist das Informationsdefizit des Verbrauchers, der „kaum Einblick in die Branche und den Geschäftsgang seines Vertragspartners hat“. Da aber vor dem OGH nicht dargelegt werden konnte, dass der Architekt seinem Auftraggeber diese Informationen zukommen hat lassen, war seine Forderung nicht fällig. Er verlor somit den Prozess.