Holzbauunternehmen, die einen Jahresumsatz von über 30 Millionen Euro schreiben, sind in Österreich spärlich gesät. Meist ist dann der wirtschaftliche Erfolg ein Produkt vieler Einzelfaktoren. Aber welche sind das und wie kommt man so weit nach oben?
Sie selbst nennen es das „Bermuda-Dreieck“, jene „Big Player“ der steirischen Zimmereibranche, aus denen sich die unternehmerische Holzbaulandschaft nordöstlich von Graz zusammensetzt: Lieb Holzbau in St. Ruprecht a.d. Raab, Strobl Bau in Weiz und Kulmer Holz-Leimbau in Pischelsdorf. Der Begriff ist nicht ganz unpassend, wenn man bedenkt, dass sich eben jene Drei einen Großteil der Aufträge im Geschosswohnbau in und um die steirische Hauptstadt angeln. Und Graz geht mit Großaufträgen im Holzbau nicht gerade sparsum um. Volumsmäßig wurde in den letzten Jahren wohl in keiner anderen österreichischen Stadt so viel in Holz gebaut. Wie man es als Unternehmen aber schafft, sich überhaupt im elitären Kreis der größten Holzbaubetriebe Österreichs anzusiedeln und von urbanen Großprojekten zu profitieren, weiß Bernhard Neubauer, den holzbau austria zum Vier-Augen-Gespräch gebeten hat.
Einer profitiert von Anderen
Neubauer ist Geschäftsführer von Lieb Holzbau. Er siedelt seine Firma im Mittelfeld der Top 10 Holzbaubetriebe Österreichs an – nicht weit hinter Wiehag Timber Construction in Altheim, Graf Holztechnik in Horn und Rubner Holzbau in Ober-Grafendorf. Das Unternehmen ist Teil der 1100 Mitarbeiter beschäftigenden Lieb Bau Weiz-Gruppe, deren Grundstein 1931 von Josef Lieb gelegt wurde. Damals noch als reiner Baumeisterbetrieb geführt, profitierte Lieb Bau vor allem in den 1960er-Jahren vom europäischen Wirtschafts- und Bauboom. Damals fasste auch die erste eigene Zimmereiwerkstatt Wurzeln. So richtig durchstarten konnte man holzbautechnisch aber erst ab 1991, als die Produktion in St. Ruprecht eröffnete. Weitere Standorte folgten in Trofaiach und Hartberg. Heute deckt Lieb Bau nahezu alle Sparten des Hochbaus ab. Man verfügt auch über ein Fertighausunternehmen und eine Produktionsstätte für Stiegenbau sowie eine Bautischlerei. Diese Diversifikation ist für Neubauer ein ausschlaggebender Grund für den Erfolg der gesamten Gruppe: „Wir haben das Glück, dass wir inhomogene Firmen vieler verschiedener Sparten unter einem Dach vereinen. Denn so kann jedes einzelne Gewerk von den anderen profitieren und mitwachsen.“ Synergien sind es also, die vor allem den Geschäftsbereich Holzbau, der mittlerweile aus rund 190 Mitarbeitern besteht und jährlich 32 Mio. € Umsatz erwirtschaftet, gedeihen ließen.
Ballast abwerfen, Fokus definieren
Synergien verschaffen Aufträge. Diese aber auch richtig umzusetzen, ist ein anderes Thema. Um dem deutlich steigenden Bedarf an Geschosswohnbauten in Holzbauweise nachzukommen, mussten daher in der Produktion entsprechende Weichen gestellt werden. „Wir haben früher auch selbst Leimholz hergestellt. So gern wir das gemacht haben, hat es sich aber als nicht profitabel herausgestellt. Heute sind wir ein reiner Montagebetrieb, der alle Materialien und Produkte zukauft.“ Im Werk Hartberg werden die Häuser vorgefertigt. Das Verhältnis zwischen Holzrahmenbau und Massivholzbau stagniert bei 5:1. Denn im Vergleich seien Holzrahmenbauten um 5-10% kostengünstiger herzustellen als Massivholzgebäude, so Neubauer. Während Brettsperrholz zwar in allen Gebäuden für die Deckenkonstruktion zum Einsatz kommt, spielt es für Wandkonstruktionen eine untergeordnete Rolle und wird nur auf Wunsch verbaut. Das steigert die Wettbewerbsfähigkeit der Firma, die wie alle anderen am Markt um jeden Auftrag kämpfen muss.
Innovationen nutzen, Trends erkennen
Lieb Holzbau bietet grundsätzlich jede Form der Zimmermannsarbeit an – vom Dachstuhl über den Kompletthausbau bis hin zum Stiegenbau. Letztgenannte Sparte hat sich in den vergangenen zehn Jahren so gut entwickelt, dass Neubauer sogar von einer österreichischen Marktführerschaft Liebs im Stiegenbau spricht. „Unseren Fokus richten wir aber nach wie vor auf den klassischen Geschosswohnbau. Den hat unsere Branche heute perfekt im Griff und damit können wir dem mineralischen Bau am meisten Konkurrenz machen. Wir errichten in diesem Bereich rund 150 Wohneinheiten pro Jahr. Das ist sowohl finanziell als auch technisch sehr interessant. Das vergangene Jahrzehnt war der Startschuss des urbanen Holzbaus. Wir haben gegenüber den konventionellen Bauweisen den Vorteil, dass wir unsere Techniken noch verfeinern können. Innovationen, wie beispielsweise Buchenleimholz, sollten von den Zimmereibetrieben unmittelbar annektiert und angeboten werden. So kann Holz Einsatzgebieten zugeordnet werden, die noch vor wenigen Jahren undenkbar waren. Wir sollten allerdings nicht zulassen, dass es das alleinige Ziel des Holzbaus wird, immer höher zu bauen. Denn die Betonlobby wartet nur darauf, uns die Zwei- und Dreigeschosser wieder wegzuschnappen – und hier wird gutes Geld verdient.“
Nullsummenspiel Mammutprojekte
Aber nicht jede Gelegenheit ist eine gute Gelegenheit, hat Holzbau-Meister Neubauer in seinen 30 Jahren bei Lieb gelernt: „In Zukunft werden wir für Rennen um Mammutprojekte, wie jenes auf den Reininghausgründen in Graz, nicht mehr an vorderster Front antreten. Dort wird zwar im großen Stil genau das gemacht, was auch wir am besten können – mehrgeschossiger Holzwohnbau –, aber solche Baustellen sind unterm Strich für die ausführenden Unternehmen allenfalls Nullsummenspiele. Hier werden Preise vereinbart, an denen kein Zimmereibetrieb etwas verdienen kann – egal, wie hochmodern die eigene Produktionslinie aufgestellt ist. Und ich bin auch fest davon überzeugt, dass jene Unternehmen, die den Zuschlag damals bekommen haben, heute nicht mehr sonderlich glücklich darüber sind.“ Diese ständigen und nicht enden wollenden Preiskämpfe innerhalb der Branche seien generell einer viel zu hohen Produktionskapazität des österreichischen Holzbaus geschuldet, glaubt Neubauer. Im Verhältnis zu den Kapazitäten gebe es zu wenig Arbeit. Eine Selbstregulierung erkennt der Lieb-Chef vorerst nicht. Selbstverständlich will jedes Unternehmen über das Jahr ausgelastet sein. „Schließlich werden aber jene mit dem längeren Atem überleben.“ Lieb Holzbau will sich natürlich dazuzählen dürfen.
Organisation ist unverzichtbar
Einen letzten Tipp hat „Autodidakt-Betriebswirt“ Neubauer noch für all jene, die ihrem Holzbaubetrieb mehr Schub zum Erfolg verleihen wollen: „Egal, wie groß ein Unternehmen ist: Eine klare Struktur und lückenlose Organisation sind die Säulen, ohne die jedes Vorhaben auf lange Sicht dem Untergang geweiht ist. Aufgaben müssen eindeutig verteilt sein und es muss zumindest eine Person im Betrieb geben, die sich um deren Verteilung kümmert.“ Bei Lieb Holzbau wird jedes Bauprojekt einem Projektteam aus vier bis sechs Personen zugeordnet. Verantwortungsbereiche sind auf diese Weise unmissverständlich geregelt. Das kommt auch bei den Bauherren gut an, die sich mit ihren Anliegen jederzeit direkt an die richtigen Ansprechpersonen wenden können.
Lieb Holzbau
Standorte: St. Ruprecht a. d. Raab, Hartberg, Trofaiach
Geschäftsführer: Bernhard Neubauer
Mitarbeiter: 190
Jahresumsatz: J32 Mio. €
Holzumsatz: 15.000 m3/Jahr (exkl. Stiegenbau)
Bauvolumen: 150 Wohneinheiten/Jahr im konstruktiven Holzbau, 40 Fertighäuser