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Aktivhäuser ermöglichen ein gesünderes und komfortableres Leben, ohne die Umwelt negativ zu beeinflussen.  © Studio22

Aktiv am Hang

Ein Artikel von Redaktion | 27.07.2016 - 09:44


Wieder einmal im Bregenzerwald – in einer der märchenhaftesten Gegenden Österreichs – entstand ein Haus, das konventionellen Wohngebäuden um Längen voraus ist. Nicht mit Technologie schaffte man hier außergewöhnlich hohe Wohnqualität, sondern mit der Kombination aus Tradition, Erfahrung, Fachkenntnis und feinster Planungs- sowie Ausführungsarbeit. Es ist das „Haus am Berg“.

„Es ist die Vision von Häusern, die ihren Bewohnern ein gesünderes und komfortableres Leben ermöglichen, ohne dabei negativen Einfluss auf die Umwelt zu nehmen“, so wird mit einem Satz beschrieben, was hinter einem sogenannten „Active House“ steckt. Dabei handelt es sich um ein Gebäudekonzept beziehungsweise einen Qualitätsstempel für Wohnhäuser – basierend auf den drei Säulen Umwelt, Energie und Komfort. „Aktivhäuser“ sollen in Bezug auf Baumaterial, Bauprozess und Betrieb nur minimalen Einfluss auf die Umwelt und die auf der Erde begrenzten Ressourcen nehmen. Ein Höchstmaß an Energieeffizienz wird mit dem Einsatz intelligenter regenerativer Energiequellen erreicht. Gute Raumluftqualität, thermische Behaglichkeit und das über einen Gebäudequerschnitt maximale Zunutzemachen der positiven Effekte des Tageslichts erzeugen für den Menschen eine rundum gemütliche und lebenswerte Wohnatmosphäre.

Nichts Geringeres hat sich Bauherr Elmar Fink aus dem Bregenzerwald für sein Eigenheim gewünscht. Er hat dazu beim Co-Schöpfer des Sunlighthouse, welches als Experiment in puncto energieeffizienten und wohnbehaglichen Bauens Maßstäbe setzte, Rat eingeholt: Der Vorarlberger Architekt Juri Troy konzipierte für Fink mit dem „Haus am Berg“ ein „Active House“ par excellence.

Finks Anspruch war, ein Gebäude nach dem Vorbild des traditionellen Wälderhauses auf dem steilen Gelände des Sulzbergs zu schaffen, welches nicht nur der Familie des Bauherrn als komfortable Privatwohnung, sondern auch Reisenden als Ferienunterkunft dienen sollte und dabei möglichst geringe CO2-Emissionen verursacht. Das Material und dessen Herkunft hatten oberste Priorität. Nur nachhaltig geschlägertes Holz, entnommen aus österreichischen Wäldern und verarbeitet von regionalen Unternehmen, sollte verwendet werden.

Für einen anspruchsvollen Bauherrn und seine Gäste

Architekt Troy konzipierte das Haus mit einem Steildach, dessen von einer Winkelachse unterbrochener Giebel sich an der tiefer gelegenen Hügellandschaft des Bregenzerwaldes orientiert. Die sechseckige Kubatur fügt sich perfekt in den Hang und ermöglicht an zwei Seiten Zugänge zum Haus: hinten bzw. oben zur maisonettartigen, rund 250 m2 großen Wohnung der Besitzer; vorne bzw. unten zu den 150 m2 umfassenden Ferienwohnungen auf der zweiten Etage und den Garagenflächen.

So wurde der Privatsphäre der jeweiligen Parteien Genüge getan. Der Kontakt zueinander lässt sich wiederum über ein zentrales Stiegenhaus herstellen. Fichtenschindeln, die durch großzügige horizontale Fensterbänder gegliedert sind, umschließen das Haus vollumfänglich.

Holistischer Ansatz von Energieeffizienz

Maßgebliche Eigenschaft eines „Aktivhauses“ ist, den Energiebedarf bei der Errichtung und im Betrieb minimal zu halten. Schon allein deshalb musste das „Haus am Berg“ in Holz gebaut werden. Nur mit diesem Baustoff vermag man, graue Energie und CO2-Emissionen auf Niedrigstniveau zu halten. Elmar Fink war es sogar wichtig, auf kurze Transportwege des Materials zu achten. Wo es ging, griff man auf das Holz aus einem wenige Kilometer entfernten Waldstück des Schwiegervaters zurück.

Für die aus Brettsperrholz gefertigten Wände, Decken und Dachflächen entschied man sich für PEFC-zertifiziertes Kreuzlagenholz von KLH, Katsch a. d. Mur. Brettsperrholz sei aufgrund der ausgefeilten Geometrie sowie aus statischer und brandschutztechnischer Sicht das naheliegendste Bauprodukt für das Haus gewesen, ist sich Fink sicher. Die Ausführung übernahm die Alpina Bau und Holzelemente GmbH, Hard, bei der Elmar Fink als Produktions-, Bau- und Zimmereileiter tätig ist. Er selbst ist eigentlich Tischlermeister, sammelte über die Jahre aber die meisten seiner Erfahrungen im Zimmereibetrieb. „Alpina fertigt Häuser auf Wunsch komplett – wir produzieren auch die Fenster, die Innenraumausstattung und das Mobiliar selbst. Da lag es nahe, diese Kompetenzen auch für den Bau des eigenen Hauses zu nutzen“, erzählt Fink. Auch im Innenbereich seines Hauses überwiegen Holzoberflächen. Das Brettsperrholz wurde auf Sicht belassen. Architekt Troy hat große Teile des Interieurs entworfen – ebenfalls aus Holz.

Licht im ganz großen Stil

Dem Tageslicht wird innerhalb des Energiekonzepts von Juri Troys Planung die wahrscheinlich wichtigste Rolle zuteil: Eine PV-Anlage am Dach erzeugt mehr Energie, als zum Betrieb des holzfasergedämmten Gebäudes benötigt wird, und Solarkollektoren decken den Großteil des Warmwasserbedarfs – somit erreicht das „Haus am Berg“ Plusenergie-Standard.

Zahlreiche Dachfenster in Kombination mit großflächigen Wandfenstern sorgen für helle Räume bis in die Tiefe. Selbst an bewölkten Tagen ist es nicht nötig, künstliche Beleuchtung zuzuschalten. Mithilfe der Software „VELUX Daylight Visualizer“ konnte die Tageslichtplanung schon im Entwurfsstadium vollständig evaluiert werden. Das Sulzberger Haus erreicht einen sehr guten Tageslichtquotienten von 5, 6 %. Zur Orientierung: Laut DIN 5034-4 wird ein Quotient von mindestens 0, 95 % in der Raummitte empfohlen – das Gebäude überbietet diesen Richtwert also um ein Vielfaches.


Sommerlicher Überhitzung beugen elektrisch bedienbare Markisetten vor, welche auch vollautomatisch über einen Solarsensor gesteuert werden können. Bei der Belüftung setzte man auf ein „Lowtech-Lüftungskonzept“ mit automatisierten Fenstern. Dabei öffnen sich die mit einem CO2-Fühler verbundenen Fenster automatisch, sollte die CO2-Konzentration einen Wert von 1000 ppm überschreiten.

„Im Sommer öffnen wir die Fenster abends per Knopfdruck. Nach rund 20 Minuten Querlüftung ist das Haus angenehm kühl“, berichtet Fink, der sich nicht mehr vorstellen kann, jemals wieder anders zu wohnen. „Die intensive Auseinandersetzung mit dem Energiekonzept, der Tageslichtplanung und nicht zuletzt mit der Ausführung in Holzbauweise hat sich voll und ganz bezahlt gemacht. Seit Weihnachten 2014 wohnen wir nun in dem neuen Haus und fühlen uns pudelwohl.“ Das ist es vielleicht, was „Active House“ von manchen anderen Gebäudelabels unterscheidet: der Faktor Mensch, dessen Wohlbefinden und Bedürfnisse stehen hier im Mittelpunkt. Alles Weitere ergibt sich aus intelligenter Planung.

Projektdaten

Standort: Sulzberg
Fertigstellung: 2014
Bauherr: Elmar Fink
Architektur: Juri Troy Architects
Holzbau/GU: Alpina Bau und Holzelemente GmbH
verbaute Holzmenge: rund 300 m3
Nutzfläche: ca. 400 m2