Ob aus einem Rendezvous zwischen altem und neuem Holz eine dauerhafte Liebesbeziehung wird, hängt vom Feingefühl ab, das man bei der Planung an den Tag legt. Bei einem historischen Kellerstöckl in der Südsteiermark steht eine solche Partnerschaft in voller Blüte.
Eingebettet in die südsteirische Hügellandschaft an der Grenze zu Slowenien, liegt der beschauliche Ort Altenbach. Er zählt nicht mehr als 200 Einwohner. In dem Weinanbaugebiet befindet sich ein besonderes Refugium für naturliebhabende Ruhesuchende, die in der Einsamkeit nicht auf Luxus verzichten möchten. Sie finden im „Stadl Altenbach“ einen Quell der Entspannung. Dieser entführt die Urlauber in frühere Zeiten mit den Annehmlichkeiten der Gegenwart. Aber der Reihe nach …
Vom Gemüsebeet zum Ferienchalet
Einst vor 100 Jahren als Kleinbauernhof errichtet, lebte in dem historischen Kellerhaus eine sechsköpfige Familie, die von den Erzeugnissen der Landwirtschaft aus einem Gemüsegarten und aus Viehhaltung ihren Lebensunterhalt bestritt. Anschließend stand es viele Jahre leer, bis Dietmar Silly, seines Zeichens gelernter Weinkellermeister, das Häuschen als Juwel und potenzielles Ferienhaus erkannte. „Der Holzkern und der Steinkeller waren noch gut in Schuss“, erzählt er. Silly, dessen Familie seit langer Zeit im Weinbaugeschäft tätig ist, widmet sich schon seit seinem 30. Lebensjahr dem Erwerb und Neubau von Immobilien der besonderen Art – unter anderem im Luxussegment. Die zahlungskräftige Klientel sollte bei diesem Objekt eine Begeisterung für den Charme des Alten mitbringen, dem auf liebevolle und aufwändige Weise neues Leben eingehaucht wurde. Bei der Restaurierung und dem Zubau in Holzbauweise arbeitete Silly mit dem Architekturbüro Ernst Giselbrecht + Partner aus Graz zusammen.
Wechselspiel zwischen Alt und Neu
Es hängt ganz klar vom Blickwinkel ab, von dem aus man den restaurierten Holzriegelbau mit Steinfundament betrachtet: Auf der einen Seite erkennt man seine Ursprünglichkeit, auf der anderen mischt die moderne Holzbauarchitektur gekonnt mit. Der Bauherr bewahrt gerne Liegenschaften, wie diese, vor dem Verschwinden und haucht ihnen neues Leben ein. Seine Einstellung ist eine grundehrliche: Die alten Bestände – wie der Lärchenboden und die Tramdecke – wurden entfernt, behutsam restauriert und an Ort und Stelle zurückversetzt. Das Dach trägt jetzt wieder Schindeln wie einst. Aus Erzählungen und alten Fotografien weiß Silly, wie es früher aussah.
Die alten und neuen Bauteile sollen jeweils als solche wahrgenommen werden. Genau hier kommt das Feingefühl der Architekten ins Spiel: Der alte Trakt wurde deshalb als Schlaf- und Sanitärbereich auserkoren, da „der Mensch in die Höhle zurück will“, wie der Bauherr es ausdrückt. „Die Balken strahlen Gemütlichkeit aus. Es handelt sich um eine Rückzugsoase, in der man gerne schläft und sich pflegt.” Im Wohnbereich hingegen kommen die neuen Elemente ins Spiel. Dort soll es ein wenig aktiver zugehen. Hier lädt auch eine mit Glas gestaltete Vorderfront ein, sich direkt in der Natur zu wähnen. Der gläserne Anbau vereint mit Küche und Wohnzimmer ein 65 m2 großes Ferienhaus für zwei Personen. Die Außenwand des alten Stadels bildet die Zimmerwand des Wohnbereiches. Optisch fällt der Blick auf die besondere Bruchsteinwand hinter der Küchenzeile. Die Steine sind, genauso wie jene im Saunabereich, so alt wie das Mauerfundament selbst. Sie stammen von einem Haus in der Nähe, das weggerissen wurde. „Auf das Steinmauerwerk wurde die Dachkonstruktion aufgesetzt. Der dazwischen liegende, kleine Holzriegelbau ist gut gedämmt“, erklärt Silly die Konstruktion. Das Herzstück im neuen Teil ist ein Holzofen inmitten der Küche. Er ist Zeuge von der einstigen Erbauung des Stadels und trägt nun ein neues Gewand. Auf echte Wellnessannehmlichkeiten muss der Gast nicht verzichten: Eine Panoramasauna und ein Naturteich mit Tauchbecken machen aus dem historischen Gebäude eine Oase für die Sinne. Die Terrasse lädt besonders in lauen Sommernächten zum Verweilen ein.
Alte Seele mit Maserung
Dass dieses Gebäude ursprünglich dem Erdboden gleichgemacht werden sollte, lässt den neuen Besitzer schaudern. „Man darf eines nicht vergessen: Häuser, wie diese, stammen aus einer Zeit, in der beim Handwerk noch darauf geachtet wurde, zu welcher Zeit das Holz geschlägert wurde. Solche Häuser existieren seit 100 Jahren und werden es noch weitere 100 Jahre tun.“ Geradezu philosophisch spricht Silly von seinem Ferienhaus. „Das Haus hat eine alte Seele. Man muss es verstehen. Denn es kann sein, dass man die Maserung des Holzwurmes sieht und der Fußboden beim Gehen quietscht. Das ist vielleicht nicht jedermanns Sache, aber wer es versteht, wird dieses Lebens- und Wohngefühl zu schätzen wissen.“
Projektdaten
Standort: Altenbach
Bauherr: Pures Leben
Architektur: Ernst Giselbrecht
Fertigstellung: 2015