Beide prägen das Ortsbild markant – am Rande des Flughafengeländes in Fischamend und im nördlichen Stadtgebiet von St. Pölten. Beide entstanden innerhalb des vergangenen Jahres und stammen aus der Ideenwerkstatt der oberösterreichischen holzbauaffinen Poppe*Prehal Architekten. Über zwei Gewerbebauten in Mammutdimension, welche die Stärken des Holzbaus mit voller Wucht nach außen tragen – und das Tag für Tag.
Gewerbebauten werden täglich von vielen Menschen wahrgenommen, genutzt und auch bewertet. Verstärkt ergreifen Unternehmen die Chance, mit ihren Firmensitzen ökologische Zeichen zu setzen. Und das kommt an. Die Holzbauweise werde in der Öffentlichkeit immer wieder besonders positiv empfunden, hört man von allen Seiten. Stimmt das?
Poppe*Prehal Architekten müssen es wissen, planen sie doch vorwiegend in Holz – „auch viele Gewerbebauten“. Wir erinnern uns beispielsweise an die mehrfach ausgezeichnete Halle von Schachinger Logistik in Hörsching von 2014. „Schon während der Bauzeit ist der Aha-Effekt riesengroß, wenn man die Gebäude in Holzbauweise betritt. Eine komplett andere, heimelige Atmosphäre umgibt die Menschen, die sich dort bewegen und tagtäglich arbeiten“, erzählt Dr. Helmut Poppe. „Auf die Gesundheit, die Zufriedenheit und das Wohlfühlen am Arbeitsplatz haben diese Gebäude einen enorm positiven Effekt. Sei es bei Bürogebäuden, Produktionsstätten oder Logistikhallen – neben positiven ökonomischen und ökologischen Auswirkungen stellt sich automatisch auch die Behaglichkeit ein.“
Innenleben nach außen tragen
Solche Spitzen der Behaglichkeit schufen Architekten aus Steyr jüngst abermals: Im Oktober vergangenen Jahres eröffnete in St. Pölten der Metro-Großmarkt Zero 1 und vor zwei Monaten wurde das neue iLogistikCenter von Cargo-Partner in Betrieb genommen. Beides Holzbauten, die mit einer Holzfassade ihr Innenleben wirksam an die Öffentlichkeit tragen. „Blau-gelb haben wir die klassischen Metro-Märkte im Kopf, bei Zero 1 ist bereits von Weitem die eindrucksvolle Fassade aus thermobehandelter Fichte mit Vorvergrauungsanstrich zu sehen”, betont Architekt Andreas Prehal den Unterschied zu herkömmlichen Märkten. „Denken Sie an den klassischen Hochregaldschungel, den Sie bis dato durchforsten mussten. In St. Pölten ging Metro komplett neue Wege. Viel Holz schafft eine besondere Wohlfühlatmosphäre“, erläutert er das neue Raumkonzept. Neben diesen Vorzügen hat das Gebäude BREEAM Outstanding-Standard erreicht. BREEAM steht für Building Research Esta-
blishment Environmental Assessment Method und ist das älteste sowie am weitesten verbreitete Zertifizierungssystem für nachhaltiges Bauen. Nur sehr wenige Gebäude weltweit erreichen diese Auszeichnung.
Das Konzept des Logistikgebäudes von Cargo-Partner ist ebenso außergewöhnlich und anspruchsvoll zugleich. Ein klares Raster, gestemmt von wenigen, gewaltigen Holzstützen, bildet das Skelett des iLogistikCenter. Grenzwertig für den Holzbau ist allein schon die durchgehende Raumhöhe von fast 20m. Unter Berücksichtigung des Schwind- und Quellverhaltens des lebendigen Baustoffs Holz musste dort, wo die Holzarchitektur auf das vollautomatische Shuttlelager trifft, eine Maßtoleranz der Durchbiegung von 0,5 mm auf 1 m eingehalten werden. Für einen reibungslosen Ablauf war dies Voraussetzung.
Lagerhallenklischee unerfüllt
24.500 Palettenstellplätze auf 7800m² – das entspricht einem mittelgroßen Fußballfeld. Grob gesehen, teilt sich das iLogistikCenter in zwei Drittel Hochregallager, ein Drittel Warenübergabe im Erdgeschoss und das automatische Shuttlelager in der Etage darüber. Zusätzlich finden Büros und Aufenthaltsbereiche für die Mitarbeiter Raum. Letztere können durchatmen – denn die Qualität der Arbeitsplätze entspricht nicht dem düsteren Lagerhallenklischee. Hell und freundlich mit Sichtbezug nach außen hat das Umfeld einen positiven Einfluss auf den Innenraum. Diese Atmosphäre wirke sich positiv auf die Menschen im Lager aus, bestätigt Cargo-Partner.
Dämmung aus Schaumglasschotter
Bei Metro Zero 1 ist Holz ebenso präsent. Die Deckenuntersichten des Marktes sind von Brettschichtholzträgern in Fichte geprägt. Die OSB-Platten im Wandbereich bestehen aus Kiefer. Die konstruktiv wirksamen Holzstützen sind in Form von Kreuzstützen ausgebildet. Das spart Material und ermöglicht Seitenmaße von lediglich 90 mal 90 cm. Die Dämmung zum Erdreich besteht aus leichtem Schaumglasschotter, einem zu 100% aus Altglas gewonnenen Recyclingmaterial. Auch die Gebäudehülle – inklusiver aller Andockstationen und Tore bei den Laderampen – ist optimal gedämmt und erfüllt somit alle Anforderungen eines Niedrigstenergiegebäudes. Eine Photovoltaikanlage am Dach (1.008 kWp) erzeugt die restliche benötigte Energie – über das Jahr sogar mehr, als für den Markt selbst gebraucht wird, wodurch Zero 1 zudem als Plus Energie Haus fungiert.
Geheimnis der Kostengleichheit
Und wie sieht es bei so hohen funktionalen wie ästhetischen Ansprüchen mit den Baukosten aus? Jene des Nullenergie-Großmarktes betrugen mit rund 12 Mio. € in etwa gleich viel wie für die Errichtung eines konventionellen Gebäudes. „Das Geheimnis hinter der Kostengleichheit ist ganz einfach eine Kostenverschiebung von aufwändiger Haustechnik – die wir hier weit möglichst vermieden haben – hin zu einer cleveren Gebäudehülle. Das bedeutet auch für die Zukunft, geringere Betriebs- und Wartungskosten“, erklärt Prehal einleuchtend. Sein Bürokollege Poppe, in dessen Verantwortung der Bau des Cargo-Partner-Gebäudes lag, zu diesem Thema: „Kostenbewusstsein heißt nicht, billige ‚Schuhschachteln‘ zu produzieren, minderwertig in Erscheinungsbild und Ausführung. Wir planen auch eine Lagerhalle mit Sorgfalt fürs Detail wie ein Bürogebäude oder ein Museum“, so Poppe – und weiter: „Mit dem Missverständnis, so ein ästhetisch- nachhaltiges Gebäude koste weitaus mehr als eine konventionelle 08/15-Halle, möchten wir entschieden aufräumen!“ Betrachtet man die Gesamtkosten über den Lebenszyklus des Gebäudes hinweg, würden sich nämlich relevante Verschiebungen ergeben, die sich mittel- und langfristig kostensparend auswirken. „Von bereits umgesetzten Projekten wissen wir, dass sich Mehrkosten beim Bau durch höhere Qualitäten innerhalb von sechs bis acht Jahren amortisieren. Wenn ich von höheren Qualitäten spreche, meine ich unter anderem die Gebäudehülle, luftdichtes Bauen oder effiziente Wärmedämmung“, sagt Poppe.
Korrekte Planung und Ausführung
Bei beiden hier vorgestellten Objekten verbanden die Architekten funktionale Flexibilität sowie moderne Technik mit Ökologie, Energieeffizienz und nicht zuletzt Ästhetik. Kein ganz simples Unterfangen, wie man aus Steyr hört. Was raten die beiden Architekten ihren Kollegen, die sich an solcherlei Vorhaben in Holzbauweise erstmalig heranwagen? „Essenziell dabei ist, dass alle Beteiligten am Bau entsprechend geschult sind, damit die Holzbaudetails fachlich richtig und korrekt geplant und umgesetzt werden. Dafür braucht es hohes Fachwissen! Klar muss gesagt werden, dass der Aufwand für die Planung eines Holzbaus höher ist als jener für konventionelle Bauten in Beton oder Ziegel.“
Dass sich die intensive Planungsphase lohnt, zeigen Reaktionen der Nutzer der Gebäude. Der Mehrwert dieser Arbeitsplätze ist unumstritten vorhanden. In St. Pölten, Fischamend und auf der ganzen Welt.
Projektdaten iLogistikCenter
Standort: Fischamend
Fertigstellung: Juli 2018
Bauzeit: 1 Jahr
Architektur: POPPE*PREHAL
Holzbau: Wiehag
Holzmenge: 4.200 m3
Tragwerksplanung: zieritz + partner ZT Gmbh
Nutzfläche: 12.250 m2
Projektdaten Metro Zero 1
Standort: St. Pölten
Fertigstellung: Oktober 2017
Bauzeit: 1 Jahr
Architektur: POPPE*PREHAL
Holzbau: MHB – Holz- und Bau GmbH im Mostviertel
Holzmenge: 2.850 m3
Tragwerksplanung: zieritz + partner ZT Gmbh
Nutzfläche: 8.500 m2