„Die Vielzahl an qualitativ hochwertigen Einreichungen dokumentiert die dynamische Entwicklung und gestalterische Vielfalt, die den Holzbau in Vorarlberg prägen“, betonte Christine Dünser, Projektleiterin des Holzbaupreises und organisatorisch für den Ablauf verantwortlich.
Rund 500 Fachbesucher – darunter Vertreter aus Politik, Architektur, Bauwirtschaft, Handwerk sowie private und öffentliche Bauherrschaften – nahmen an der Preisverleihung Anfang Juli in Schwarzenberg teil. Landeshauptmann Markus Wallner würdigte in seiner Ansprache den Holzbau als integralen Bestandteil der Bau- und Klimapolitik Vorarlbergs: „Der Holzbau ist ein Schlüsselinstrument für nachhaltige Raum- und Energieplanung in unserem Land.“
Neue Bewertungsmaßstäbe und Auszeichnungen im Fokus
Den Höhepunkt der Veranstaltung bildete die feierliche Verleihung der Preise, Anerkennungen und Sonderauszeichnungen. In einem bewusst neu gestalteten Bewertungsprozess verzichtete die Jury (Conrad Brinkmeier, Nicole Kerstin Berganski, Søren Linhart und Monika Joos-Keller) erstmals auf die traditionelle Kategorisierung nach Gebäudetypologien. Stattdessen wurden alle Einreichungen projektbezogen und gleichwertig beurteilt – ein klarer Schritt hin zu einem qualitätsorientierten Bewertungsansatz. Im Zentrum der Juryentscheidung standen dabei die architektonische Aussagekraft, die handwerkliche Präzision sowie der innovative, materialgerechte Einsatz von Holz. Dieses neue Verfahren stärkte die inhaltliche Tiefe der Auszeichnung und förderte die vergleichende Betrachtung unterschiedlichster Bauaufgaben auf hohem gestalterischem Niveau.
Vorarlberger Holzbaupreis als Sprungbrett zum Staatspreis
Ein besonders erfreulicher Aspekt der diesjährigen Verleihung: Die ausgezeichneten Projekte qualifizieren sich automatisch für den erstmals ausgeschriebenen österreichischen Staatspreis Holzbau 2026. Damit wird die architektonische und handwerkliche Exzellenz des Vorarlberger Holzbaus nicht nur im regionalen Kontext gewürdigt, sondern erhält auch nationale Sichtbarkeit auf Bundesebene. Aus rund 140 Einreichungen wurden 23 Projekte für ihre herausragenden Leistungen ausgezeichnet, darunter sieben Hauptpreise, vier Sonderpreis und zwölf Anerkennungen. Die Jury überzeugten vor allem die architektonische Klarheit, die konstruktive Präzision sowie der verantwortungsvolle und zukunftsweisende Umgang mit dem Werkstoff Holz.
Zentrales Thema des Abends war das für Vorarlberg charakteristische Netzwerk aus Zimmereibetrieben, Architekten, Planern und Bauherren, das den Holzbau in der Region prägt. Die enge Verflechtung von Handwerk, Architektur und regionaler Identität bildet die Grundlage für die hohe Baukultur, die den Vorarlberger Holzbau weit über Landesgrenzen hinaus bekannt gemacht hat. „Die intensive Auseinandersetzung mit dem Vorarlberger Holzbau hinterlässt nicht nur bleibende Eindrücke, sondern auch die Hoffnung, dass sich diese eindrucksvolle Baukultur offen, lebendig und mit gestalterischer Neugier weiter entfaltet“, lautete das abschließende Statement der Jury.
Im Anschluss finden Sie die sieben Hauptpreise und vier Sonderpreise.
Preis: Museum Bezau
Der neue Erweiterungsbau ergänzt den historischen Strickbau um ein zeitgemäß interpretiertes Hinterhaus. Gemeinsam bilden Alt- und Neubau eine funktionale und gestalterische Einheit. Auf drei Ebenen entstehen zusätzliche Ausstellungsflächen, realisiert in enger Abstimmung zwischen Architektur und Handwerk. Eine differen - zierte Fassadengestaltung reflektiert die öffentliche Nutzung und verleiht dem Ensemble eine klare zeitgenössische Prägung. Im Inneren prägen ineinandergreifende Raumsequenzen, natürlich belichtete Übergänge und Materialien wie weiß gekalktes Holztäfer, massive Fichtendielen und Möbel aus Esche die räumliche Qualität. So entsteht eine zurückhaltende aber äußerst stimmungs - volle Bühne für die museale Nutzung.
Bauherrschaft: Museumsverein Bezau
Architektur: Innauer-Matt Architekten
Holzbau: Kaspar Greber Holz- und Wohnbau; Zimmerei Oliver Beer
Tragwerksplanung: merz kley partner
Preis: Senferei Lustenau
Der Neubau der Senferei Lustenau ist ein überzeugendes Beispiel für die Gestaltung von Gewerbebauten. Außen präsentiert er sich als dezent gestaffelter Baukörper, während sich im Inneren ein fließendes Raumkontinuum entfaltet, das Produktion, Lagerung und Verkauf intelligent miteinander verbindet. Die klare Raumanordnung und gezielte Wegeführung entlang der Arbeitsprozesse und -stationen eröffnen Besucherinnen und Besuchern spannende Einblicke. Das Gebäude zeigt einen gelungenen Umgang mit dem Holzskelettbau und setzt auf einfache, sichtbare Konstruktionsdetails. So ist ein räumlich vielschichtiger Ort entstanden, der Arbeits- und Verkaufsflächen atmosphärisch miteinander verbindet.
Bauherrschaft: Lustenauer Senf Bösch
Architektur: Julia Kick Architekten
Holzbau: Dobler Holzbau; Gebrüder Keckeis
Tragwerksplanung: Martin Fetz
Preis: Rathaus Hohenems
Der Neubau „Rathaus Hohenems“ liefert Antworten auf aktuelle Herausforderungen. Der Einsatz von Holz in der mehrgeschossigen Bauweise leistet einen wichtigen Beitrag zur Nachhaltigkeit und verleiht öffentlichen Gebäuden eine atmosphärische, haptische Qualität. Zukunftsweisend ist das Projekt durch seine flexible Raumaufteilung und die Möglichkeit späterer Umnutzungen – ein zentrales Thema zeitgemäßer Stadtentwicklung. Die Fassade wirkt wie ein filterndes Element und öffnet das Gebäude durch eine Lamellenstruktur auf einladende und transparente Weise zum Stadtraum.
Bauherrschaft: Stadt Hohenems
Architektur: Berktold Weber Architekten
Holzbau: i+R Holzbau; Holzbau Feuerstein
Tragwerksplanung: gbd
Preis: Stallgebäude Blank
Dieses Stallgebäude beweist eindrucksvoll, dass auch funktionale Nutzbauten eine gestalterische Qualität besitzen können. Die hohe Hallenkonstruktion mit großvolumigen Heulagern folgt einer klaren architektonischen Logik: Jede Bauteildimension ist präzise auf ihre Beanspruchung abgestimmt. Der zentrale Heukran erfordert eine asymmetrische Dachkonstruktion innerhalb des symmetrischen Satteldachs. Auch StützenAufdopplungen übernehmen eine Doppelrolle – sie gewährleisten die Knickaussteifung im mittleren Bereich und dienen am oberen Ende der Gabellagerung der hohen Dachträger. Ein durchdachtes Bauwerk.
Bauherrschaft: Anonym
Architektur: Landwirtschaftskammer Vorarlberg, Abteilung Planung
Holzbau: Sohm HolzBautechnik
Tragwerksplanung: Hämmerle-Huster
Preis und Sonderpreis Holz aus der Region: Schulen Hittisau
Das Projekt zur Neugestaltung der gemeinsamen Schulen Hittisau, Riefensberg und Sibratsgfäll setzt ein starkes Zeichen für nachhaltige Bauweise und regionale Identität. Durch die geschickte Transformation des ehemaligen Schulkomplexes in eine moderne Campusstruktur aus drei neuen großvolumigen Holzbauten und einem sanierten Bestand entsteht eine harmonische Verbindung zwischen Architektur und dörflichem Kontext. Das verbaute Holz stammt überwiegend aus den Wäldern der Auftraggeber in der Umgebung, was den ökologischen Fußabdruck minimiert. Der Campus vereint ästhetische, funktionale und ökologische Aspekte in beeindruckender Weise und setzt damit Maßstäbe im Bildungsbau.
Bauherrschaft: Schulerhalterverband Hittisau
Architektur: Architekt Matthias Bär
Holzbau: i+R Holzbau; Zimmerer Nenning; Zimmerei Gerhard Bilgeri Tragwerksplanung: merz kley partner
Preis: Haus im Obstgarten
Wie möchte man heute mit der Familie – drei Kinder inklusive – wohnen und arbeiten? Dieses Haus gibt eine überzeugende Antwort. Es organisiert sich über ein intelligentes Raumgefüge mit differenzierten Höhenebenen, einem fein justierten Grundriss und gezielt gesetzten Sichtbeziehungen. So entsteht eine räumliche Dichte, die sowohl Nähe als auch Rückzug ermöglicht. Städtebaulich steht das Gebäude frei, leicht zum Ort gedreht, und schafft spannungsvolle Außenräume. Es nimmt Kontakt zur Umgebung auf, ohne sich aufzudrängen. Der Verzicht auf Einfriedungen ist ein klares Statement: Offenheit statt Abgrenzung. Die Arbeitswelt ist selbstverständlich integriert – nicht als abgeschotteter Bereich, sondern als Teil des lebendigen Alltags. So entsteht ein Haus, das private und berufliche Anforderungen gleichermaßen ernst nimmt und souverän verbindet.
Bauherrschaft: Anonym
Architektur: Gregor Benz
Holzbau: Zimmerei Heiseler
Tragwerksplanung: merz kley partner
Preis außer Landes und Sonderpreis Holz & Lehm: Windkraft Simonsfeld
Der neue Baukörper der Firmenzentrale ergänzt harmonisch den Bestand und umschließt ein gemeinsames Atrium. Der Holzbau ist kompakt im Volumen und klar im Ausdruck einer nachhaltigen Bauweise. Konzipiert als flexible Struktur, eine Skelettkonstruktion mit Brettsperrholzdecken, erlaubt dem Gebäude zukünftige Anpassungen ohne große Eingriffe. Herzstück ist ein massiver Stampflehmkern. Dieser ist nicht nur funktionales Erschließungselement, sondern auch thermisch aktivierte Speichermasse für ein angenehmes Raumklima und daher ein aktiver Beitrag zum Klimaschutz.
Bauherrschaft: Windkraft Simonsfeld
Architektur: Juri Troy Architects
Holzbau: Strobl Bau – Holzbau
Tragwerksplanung: KPPK
Sonderpreis Transformation der Wohnform: MFH H
Das Bestandsgebäude, ein Einfamilienhaus, wurde saniert, erweitert und durch einen dreigeschossigen Neubau ergänzt. Beide Baukörper werden durch ein Außentreppenhaus miteinander verbunden und erhalten als Ensemble eine neue Holzfassade. Das Weiternutzen, Um- und Weiterbauen von Einfamilienhäusern ist ein relevantes Thema im flächen- und ressourcenschonenden Umgang mit Bestandstransformationen und der Bereitstellung von dringend benötigtem Wohnraum. Der Sonderpreis ‚Transformation der Wohnform‘ macht auf das Themenfeld aufmerksam und würdigt den Ansatz einer nachhaltig verdichteten Bebauung.
Bauherrschaft: Anonym
Architektur: Architekt Hansjörg Thum
Holzbau: albert bereuter bauleitung ausführung; Dobler Holzbau
Tragwerksplanung: gbd
Sonderpreis Zukunft und Ausbildung: Saminabrücke Frastanz
Brücken verbinden nicht nur zwei Seiten, sondern auch Ästhetik und Technik. Holzbrücken gelten als Meisterwerke des Ingenieurholzbaus. Sie müssen nicht nur stabil und langlebig sein, sondern auch hohen gestalterischen Ansprüchen genügen. Die Saminabrücke in Frastanz zeigt eindrucksvoll, wie Präzision und Handwerkskunst zusammenkommen. In enger Zusammenarbeit der Beteiligten – einer Höheren Technischen Schule und der Holzbaufirma – entstand eine durchdachte Konstruktion, die unterschiedliche Tragwerksfunktionen – Fachwerk, Aussteifung und Dach – sichtbar und erlebbar macht. So wird Holzbau für alle spürbar.
Bauherrschaft: Marktgemeinde Frastanz
Architektur: HTL Rankweil – Lehrer Arnold Schmid mit Schülern
Holzbau: Dobler Holzbau und Schüler der HTL Rankweil
Tragwerksplanung: Dr. Brugger & Partner
Sonderpreis innovativer Materialeinsatz: Manufaktur Clarissakork
Clarissakork beeindruckt durch eine innovative Materialwahl, klare Gestaltung und ein starkes ökologisches Konzept. Die Außenwände sind in Holzständerbauweise errichtet und mit gestampftem Hanfkalk ausgefacht – eine Kombination, die nicht nur bauphysikalisch überzeugt, sondern auch in puncto Nachhaltigkeit Maßstäbe setzt. Die Fassade aus Kork ergänzt das Materialkonzept stimmig: Sie wirkt wärmedämmend, ist wetterbeständig und verleiht dem Gebäude eine besondere haptische und visuelle Qualität. Gestalterisch überzeugt das Projekt durch eine reduzierte, präzise Ausformulierung, die die natürlichen Materialien in den Mittelpunkt stellt. Das Zusammenspiel von Holz, Hanfkalk und Kork schafft eine ruhige, sinnliche Atmosphäre – ehrlich, zeitgemäß und zukunftsorientiert. Clarissakork steht beispielhaft für eine Architektur, die Ökologie, Innovation und Gestaltung auf hohem Niveau miteinander verbindet.
Bauherrschaft: Clarissakork
Architektur: BISCHOF | ZÜNDEL Architektur-Baumeister
Holzbau: Kaspar Greber Holz- und Wohnbau
Tragwerksplanung: ZTE Leitner
Sonderpeis Weiterbauen und Wiederverwenden: Erweiterungsbau Georg Bechter Licht
Der Erweiterungsbau überzeugt durch eine konsequente und erlebbare Umsetzung des ressourcenschonenden Bauens. Das Projekt setzt auf das Weiterbauen mit wiederverwendeten Bauteilen und nachhaltigen Materialien. Im Fokus steht dabei vor allem der Einsatz von regionalem Holz, kompostierbaren Strohballen im Wandaufbau, rückgebauten Fassadenbekleidungen sowie sichtbaren Installationen. Gleichzeitig bleibt der Rückbau jederzeit möglich, um die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft zu wahren – ein zentrales Konzept, das hier den nachhaltigen Holzbau beispielhaft und überzeugend umsetzt.
Bauherrschaft: Georg Bechter
Architektur: Georg Bechter Architektur + Design
Holzbau: Zimmerei Gerhard Bilgeri
Tragwerksplanung: ZTE Leitner
Quelle: Vorarlberger holzbau_kunst