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© Architekturfotografie Gempeler, Bern

Viertelkreisbogen für urbane Vielfalt

Ein Artikel von Redaktion | 25.05.2016 - 16:46


Allein die konkave Form ist recht ausdrucksvoll. Zudem sorgt die Fassade für hohen Wiedererkennungswert. Kurzum: Der Neubau in Holzbauweise im Zentrum von Köniz fällt auf.

Das Wohn- und Geschäftshaus am Neuhausplatz ist eines der neun Wohnbauprojekte der Schweizer Gemeinde im Kanton Bern, die wohlweislich sehr verantwortungsbewusst im Umgang mit Ressourcen agiert. Deshalb erfüllen, soweit möglich, alle Neubauten den Minergie-Standard. Als Maß für diese Bewertung dient der Energiebedarf je Quadratmeter beheizter Wohnfläche.

Zwischen zwei Welten

Köniz ist Stadt und Land zugleich. Der Ort steckt zwischen urbaner Vielfalt und ländlichem Ursprung. Köniz ist auch ein Wirtschaftsstandort mit einem moderaten Bevölkerungswachstum. 41.000 Menschen leben derzeit dort. „Nachhaltig in die Zukunft“ möchte die Gemeinde gehen, ist auf der Website zu lesen. Damit wird der Grundgedanke des Könizer Leitbildes umschrieben. Um die Wertigkeit dieses Gedankens zu demonstrieren, wurde symbolisch ein Baum auf einer Anhöhe neben einem Schaukasten mit dem Leitbild darin gepflanzt. Nur natürlich, dass die Gemeinde den ökologischen Wohnungsbau stark befürwortet.

Einheitlich, aber nicht uniform

Auch darauf gründet der Neubau des Wohn- und Geschäftshauses in zentraler Lage. Der Fünfgeschosser öffnet einen Viertelkreisbogen zum öffentlichen Neuhausplatz hin. Im Sockel- und Erdgeschoss, welche in Stahlbeton ausgeführt sind, befinden sich knapp 820 m2 Gewerbeflächen. Der Holzbau beginnt ab der ersten Decke und besteht aus vier Vollgeschossen. 33 Mietwohnungen liegen darin. Radial angeordnete, beplankte Holzrahmenbauwände bewerkstelligen die vertikale Lastabtragung. Darüber hinaus sind die übereinander liegenden Grundrisse in den vier Wohngeschossen einheitlich gehalten, was aber keineswegs Uniformität nach sich zieht. Holz-Beton-Verbunddecken trennen die einzelnen Geschosse und bilden auch den Abschluss am oberen Gebäudeende. Durch den Schwung, den die Gebäudeform in sich trägt, und die damit einhergehenden wechselnden Perspektiven aus dem Rauminneren ergeben sich individuelle Lebensräume. Maßgeblich sind die Wohnungen von der Durchdringung des gesamten Baukörpers geprägt, woraus sich Ausblicke auf den öffentlichen Platz und in den Garten vom selben Raum aus ergeben.

Rhythmus von Holzlamellen mit Schimmereffekt

Vertikale Holzlamellen, die sich über alle vier Wohnebenen erstrecken, prägen das äußere Erscheinungsbild der Konstruktion. Die deckende Holzlasur mit veredelten Aluminiumpigmenten sorgt zudem für Schimmereffekte. Zwischen den Lamellen befinden sich die Loggien, die den Ausblick in den Stadtraum eröffnen. Gartenseitig finden sich den Wohn- und Essbereich verlängernde Balkone, die dem Ruheraum zugewandt sind. Ungewöhnlich weit auskragend, verleihen sie der gartenseitigen Fassade einen außergewöhnlichen Ausdruck.

Zusammenarbeit über Fachbereiche hinweg

Die Architekten betonen, dass es durch den verantwortungsvollen Einbezug aller Beteiligten und deren Sichtweisen sowie Kompetenzen gelungen sei, ein innovatives, identitätsstiftendes, gesellschaftsförderndes, ökologisches und langfristig werthaltiges Werk zu planen und zu erstellen. Anstrengungen, die bereits belohnt wurden. Das Wohn- und Geschäftshaus hat am Prix Lignum 2015 – einer Preisverleihung, die alle drei Jahre in fünf Großregionen der Schweiz für zukunftsweisende Holzbauprojekte vergeben wird – die „Anerkennung Region Mitte“ erhalten. 

Projektdaten

Standort: Köniz/Schweiz
Fertigstellung: 2015
Architektur: Büro B Architekten AG
Holzbau-Engineering: Timbatec
Holzbau: Zimmerei Kühni
Holzmenge: 126 m3 BSH, 586 m3 Bauholz