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Dass hinter jedem Projekt individueller Planungsaufwand und intensive Kommunikation mit dem Auftraggeber stecken, sieht man den Bauten an. Hier im Bild drei Longierhallen, errichtet für die Landwirtschaftliche Fachschule Stiegerhof.  © Holzbau Gasser

Zu Besuch im Rosental

Ein Artikel von Redaktion | 14.12.2018 - 10:24


Im Gründungsjahr von Holzbau Gasser gab es in Ludmannsdorf keinen Strom und die Straßen nach Klagenfurt waren schlecht ausgebaut. Mit dem Rad ging es damals für den Betriebsgründer und Zimmerer Franz Gasser senior mit seiner Mannschaft von Baustelle zu Baustelle. Im Rucksack hatten die Männer Säge, Axt, Hammer und Nägel verstaut. Das Holz wurde meist von den Bauherren gestellt. Übernachtet haben die Handwerker in diversen Ställen. Und nur an den Wochenenden kehrten sie heim zu den Familien in Ludmannsdorf. Das war in den 1950er-Jahren. Fabian Gasser weiß von alledem aus Erzählungen seines mittlerweile 92-jährigen Großvaters.

Zum 60-jährigen Firmenjubiläum hat er, der die dritte Generation des Familienbetriebes darstellt, die Geschichte des Unternehmens aufgearbeitet. Seit den Anfängen ist viel Holz durch die Ludmannsdorfer Sägen gelaufen. Wir treffen den 36-jährigen Zimmerer mit abgeschlossenem Architekturstudium gemeinsam mit seinem Vater, der den gleichen Vornamen wie Großvater Franz trägt, am Betriebsstandort im Rosental. Der derzeitige Firmenchef erinnert sich lebhaft an seine Kindheit und den Beginn der Firmengeschichte: „Meine Kindheitserinnerungen riechen alle nach Holz, denn von klein auf war ich mit dem Werkstoff umgeben.“

Jüngster Zimmermeister Österreichs

Von Beginn an war klar, dass Franz Gasser den väterlichen Betrieb einmal übernehmen wird. Nach der Fachschule für Holzbau in Hallein stieg er unter seinem Onkel Rupert, einem „gestrengen Lehrmeister“, in den elterlichen Betrieb ein. Rupert war seit Bestehen des Betriebs 1953, zu dem 1955 eine Möbel- und Bautischlerei hinzukam, eine wichtige Triebfeder. 1979 wurde Franz Gasser nach der Meisterschule Nimmerrichter in Wien zum jüngsten Zimmermeister Österreichs, bis er 1991 zum Chef des Familienbetriebs wird. Das war auch das Jahr, in dem Holzbau Gasser die erste Abbundanlage anschaffte. „Von der älteren Generation – vom Vater und Onkel – wurde diese Entscheidung zu Beginn nicht gutgeheißen, obwohl sich beide dem technischen Fortschritt nicht verschlossen. Die Jungen konnten sich mit der neuen Anlage eher anfreunden“, erinnert sich Gasser. „Natürlich war die Anschaffung ein massiver Eingriff in die Produktivität des Unternehmens. Mit der Investition ging ich zusätzlich ein finanzielles Risiko ein. Zum dritten braucht jede Innovation gut ausgebildete und loyale Mitarbeiter.“

Eine der ersten Abbundanlagen weltweit

Zu Beginn wurde die Maschine nicht ausgelastet, aber nach und nach kam sie immer häufiger zum Einsatz. „Im Nachhinein betrachtet, war dieser Schritt der einzig richtige.“ Das sahen letztendlich auch der Seniorchef und sein Bruder Rupert so. „Er machte vieles anders“, kommentiert der 92-jährige Franz Gasser die Betriebsübernahme seines Sohnes und versteht: „Wie sich die Gesellschaft und Wirtschaft rundum verändern, so muss sich ein Familienunternehmen anpassen und ständig weiterentwickeln.“ Das Besondere an der Anschaffung der Hundegger-Abbundanlage 1991: Sie war nicht nur eine der ersten in Kärnten, sondern auch eine der 30 ersten weltweit. Der Wille, dem technischen Fortschritt aufgeschlossen gegenüberzutreten, prägt die Unternehmensphilosophie fortwährend.

Zwei Drittel der Betriebe existieren nicht mehr


„Entweder du gehst mit der Zeit oder du gehst mit der Zeit“, sagt Franz Gasser mit einem Schmunzeln, das den Ernst seiner Aussage nicht zur Gänze zu verdecken vermag. Nachdruck verleiht die Tatsache, dass „von den 15 wesentlichen Kärntner Holzbaubetrieben, die bei Gründung von Holzbau Gasser die Betriebslandschaft prägten, heute nur noch ein Drittel existiert.“ Gasser sieht Veränderungsbedarf. „Wir leben mit der Herausforderung, als Mittelständischer zwischen der Liberalisierung des Berufsstandes und der Industrie nicht aufgerieben zu werden.“ Seiner Meinung nach müssten die Kriterien für den Antritt zur Selbstständigkeit erhöht werden. „Die Qualität des Holzbaus ist mit einem freien Berufszugang sicherlich nicht zu steigern. Das kann uns allen schaden“, tut er seine Kritik offen kund. „Wir sollen immer höheren Anforderungen bei gleichzeitig steigenden Auflagen nachkommen“, hält er einen weiteren Kritikpunkt fest.

Slowenischer Markt zugänglich

Engagiert und zukunftsorientiert konzentriert sich Gasser aber lieber auf die positiven Dinge seines Zimmereralltags. 2018 ist ein gutes Jahr. Bedeutend ist für den Kärntner Betrieb der slowenische Markt. Eigentlich. „Bis 2008 machte dieser rund 15% des Gesamtumsatzes aus. Dann hat er ausgelassen.“ Aber: „Zurzeit sind wir dabei, diesen Markt wieder aufzubauen.“ Die nicht vorhandene Sprachbarriere kommt dem Betrieb dabei zugute. „Die Planer können uns problemlos Slowenisch ansprechen, das ist natürlich ein großer Vorteil.“ Bei den Herausforderungen des Zimmereralltags hilft der Zusammenhalt zwischen den Familienmitgliedern. „Auch wenn wir nicht immer einer Meinung sind“, kommentiert Fabian Gasser, der einmal in die Fußstapfen seines Vaters treten wird. „Aber zum Schluss kommen wir immer zu einer Lösung“, ergänzt der Chef. Das ist der Moment, in dem eine weitere  Kraft im kärntnerischen Holzbaubetrieb das Büro betritt: Dr. Ingrid Gasser. Ehefrau, Mutter, Geschäftsfrau und Kulturmäzenin. Von ihr kam unter anderem die Idee zur sogenannten Kulturwerkstatt Gasser. Seit 1994 bietet Raum zur Symbiose von Kunst und Handwerk. Jahr für Jahr lädt Holzbau Gasser unter Federführung der Firmenchefin einen Künstler ein, eine Idee „zu Holz werden zu lassen“. Künstler, wie Cornelius Kolig, Hans Staudacher oder Paul Flora, kamen dieser Einladung bereits nach. Die Werke wurden allesamt in der Werkstatt von Holzbau Gasser gefertigt. Der Skulpturenpark, vom Büro aus sichtbar und der Öffentlichkeit zugänglich, ist Zeugnis dieser fruchtbaren Zusammenarbeit.

Qualität der Ausbildung maßgebend

Neben der Liebe zur Kultur ist die Wertschätzung für eine profunde Ausbildung im Betrieb hoch. Diese genießt einen sehr hohen Status. „Wesentlicher Bestandteil an der Qualität der Holzbauten hat die Qualität der Ausbildung“, sind sich Vater und Sohn einig. „Die Kriterien müssten österreichweit einheitlich sein.“

Der Hauch von Veränderung

Deshalb ist auch der Ausbildungsgrad seines Sohnes Fabian sehr hoch. Mit abgeschlossener Zimmermeisterprüfung, absolviertem Architekturstudium und lehrreichen Jahren in verschiedenen Architekturbüros sowie als Universitätsassistent bei Prof. Wolfgang Winter an der Technischen Universität Wien ist der Mittdreißiger nun seit einem Jahr als Planer im elterlichen Betrieb angekommen. Wie sieht er das Unternehmen, das er einmal übernehmen wird? Er wäre kein Gasser, wenn ihm nicht ein Hauch von Veränderung vorschweben würde. Heute zählt der Betrieb rund 40 Mitarbeiter. Der Fokus liegt auf klassischen Holzbauarbeiten, wie (Sicht-)Dachstühlen, der Errichtung von Wirtschaftsgebäuden sowie dem Zu- und Anbau in Leichtbauweise. Seeeinbauten oder Brücken finden sich genauso im Portfolio. „Der Vorfertigungsgrad im Unternehmen hat noch Luft nach oben“, tut Fabian Gasser kund. „Mit vorgefertigten Stiegenhäusern gehen wir beispielsweise einen Schritt in diese Richtung.“ Ansonsten könne er sich auf einen sehr gut aufgestellten Betrieb freuen. Und Franz Gasser senior kommentiert: „Ich freue mich darauf, die dritte Generation in Aktion zu sehen.“