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Drei Häuser im Wald – benannt nach den Kindern der Bauherrschaft. © Gernot Gleiss

Drei Hütten stehn im Walde …

Ein Artikel von Redaktion | 12.03.2019 - 09:31


Drei hölzerne Ferienhäuser in einem Waldstück auf der Turracher Höhe
vereinen alpinen Chic und behagliche Wohnlichkeit und haben so gar nichts mit „alpinoider Verhüttelung“ zu tun.

Spätestens, wenn im Winter wieder Tausende Sportbegeisterte die Skigebiete Österreichs stürmen, ist es für die örtliche Bevölkerung Fluch und Segen zugleich.  Die einen freuen sich über den Tourismus und ein lautes Klingeln in den heimischen Kassen. Die anderen sehen das monatelange Pisten-Halligalli und die damit verbundenen Einschnitte in das Landschaftsbild der Region. Die Turracher Höhe ist ein Skigebiet  inmitten der Gurktaler Alpen, das auf diversen Onlineseiten als das schneesicherste in Kärnten und der Steiermark angepriesen wird. Klein, aber fein. 42 km abwechslungsreiche Pisten und 14 Seilbahnen sowie Skilifte sollen großes Skivergnügen bieten. Die jüngere Generation will man mit Snowpark und XXL Funslope anlocken. Auf der Turrach kann man sich natürlich auch in 4-Sterne-Hotelriesen mit beheiztem Seebad einbuchen, wenn man nach der körperlichen Aktivität gerne mal die Seele baumeln lassen will.

Waldwellness ohne viel Schnickschnack

Aber genau dort ist man auch richtig, wenn man abseits des Massentourismus wohnen und einen grünen Fußabdruck hinterlassen will. Am Ortsrand, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, stehen seit Kurzem drei Ferienhäuser am Hang in einem Wald aus Zirben und Lärchen. Quer davor eine Holzscheune als Gemeinschaftsraum samt Garage. Dass die typischen Auswüchse einer Fremdenverkehrsregion in greifbarer Nähe liegen, spielt spätestens beim Betreten der unbefestigten Fußwege, die zu den einzelnen Häusern hangaufwärts führen, keine Rolle mehr. Die einzige Wellness, die man seinen Gästen hier bietet, ist schlichtweg die Erfahrung, auf 1700 m Seehöhe inmitten des Waldes zu wohnen. „Für die Errichtung der behutsam auf dem Grundstück platzierten Feriendomizile, die nur eine minimale Grundfläche beanspruchen, mussten lediglich drei Bäume weichen“, erzählen Winkler + Ruck Architekten. Mit den drei Häusern habe man sich einfach dazwischengesellt.

„Troadkasten“ stand Pate

Das Planerteam rund um Roland Winkler und Klaudia Ruck aus Klagenfurt wurde von den Bauherren, Robert und Petra Hollmann, ins Boot geholt. Der frühere Schauspieler Hollmann ist seit Jahren erfolgreich im Hotelgewerbe tätig. Sein neuestes Projekt wurde nach seinen drei Kindern benannt: Luki, Toni und Franzi. Drei Hüttentypen mit jeweils eigenem Charakter. Die Bauweise der Häuser wurzelt in der alpinen Bautradition. Der „Troadkasten“ oder Getreidekasten stand dafür Pate. Er war in früheren Jahrhunderten ein in massiver Blockbauweise errichtetes Gebäude zur Aufbewahrung von Getreide, aber auch anderer wertvoller Güter des jeweiligen Bauernhofes. „Der alpine und urtümliche Lifestyle liegt heutzutage wieder voll im Trend“, weiß Holzbau-Meister Peter Schober. Gemeinsam mit seinem 30-köpfigen Team von Pongauer Holzbau, Altenmarkt in Pongau, errichtet er im Jahr rund 20 Blockhäuser. Das Holzbauunternehmen zeichnet für die drei Massivholzhäuser verantwortlich. „Sie sind echte Profis auf diesem Gebiet. Die Scheune wurde von Holzbau Tschabitscher aus Steinfeld in Holzständerbauweise mit vertikaler Holzlattenfassade ausgeführt“, fügt Architekt Winkler hinzu. Sie dient als Stall für Autos, Ski, Skischuhe und Werkzeug und bietet zudem eine Stube an, in der gemeinschaftlich gekocht werden kann.

Eine kraftvolle, überzeugende Architektur zieht sich beim Projekt vom Fundament bis zum Dachfirst. Die Sockel- und Erschließungsbereiche der vertikal organisierten Einheiten sind aus dunkel eingefärbtem Sichtbeton mit vertikaler Bretterschalung gegossen. Darüber ging es mit dicken Holzbalken weiter. „Die Blockbauweise kommt ganz ohne technische Hilfsmittel bei den Verbindungen aus. Das sogenannte Tiroler Schloss als formschlüssige Verbindung hält die Konstruktion tragend zusammen“, erklärt Schober. Einer Fusion aus Holz und Beton ist der Holzbau-Meister nicht abgeneigt. „Das muss der Bauherr für sich entscheiden. Wir bauen oft Jagdhütten oder Wochenendhäuser im alpinen Gelände, wo Keller oder Betonfundamente gewünscht sind.“ Diese Gebäudeteile sind laut Architekt Roland Winkler eine Fortsetzung des steinigen alpinen Geländes. „Diese Erschließungseinheiten beinhalten das Stiegenhaus sowie die Sanitäranlagen. Die gemütlichen Teile, wie die Stube mit der Küche und die darüber angeordneten Schlafräume, wurden in Holz ausgeführt.“ Jedes der drei turmförmigen Gebäude ist individuell geplant und offenbart kleine Feinheiten, die entdeckt werden wollen.

Wie ein Lego-Bausatz aufgebaut

Die 20 cm dicken Blockwände mit in die Konstruktion eingebaute Dämmung kommen natürlich ganz ohne Verkleidung aus. Die abgebundenen Stämme wurden mit einer Zinkung versehen, die Räume nach Baumlänge bemessen. Die Zimmer sind dadurch eher klein und wirken sehr heimelig. „Man muss sich das so vorstellen, dass unser Baumaterial ähnlich eines Lego-Bausatzes daherkommt. Reihenweise wird dann Balken für Balken aufeinandergestapelt.“ Das heimische Kiefernholz kam aus einem Lungauer Sägewerk. Die Ferienhäuser ziert zum Schutz vor der extremen Witterung ein Giebeldach mit 30° Neigung und wurde – ebenfalls von Pongauer Holzbau – mit Lärchenschindeln eingedeckt.

Immer die Letzten auf der Baustelle

Das alpine Gelände und die Rücksichtnahme auf die Natur haben den ausführenden Unternehmen relativ viel abverlangt. Alle Betriebe hätten Großartiges geleistet, freut sich Winkler. Auch Schober betont die gute Teamarbeit vor Ort. „Eine ordentliche Baustelleneinrichtung war aufgrund der begrenzten Fläche nicht möglich und so durften wir uns mit der STRABAG einen Kran teilen. Zeitweise mussten meine Burschen ordentlich anpacken und Material sowie Werkzeug per Hand hin und her transportieren. Dadurch dauerte natürlich alles länger. Wir waren oft bis in die Abendstunden unterwegs und immer die letzten auf der Baustelle“, denkt der Holzbau-Meister dennoch gerne zurück. Für ihn und sein Team habe sich die Schinderei ausgezahlt. „Ich wusste, dass wir hier an einem Alpha-Projekt mitarbeiten. Es hat uns alle gefordert, bringt aber viel positives Feedback und einiges an Promotion“, freut sich Schober. Er gibt das Lob an den Bauherrn und Architekten zurück: „Da steckt schon eine große Leidenschaft für den Holzbau dahinter. Diese Begeisterung hat uns alle angesteckt und jeden Tag neu motiviert.“

Ausgezeichnetes Projekt

Dieses Engagement hat auch die Jury des Zentralverbandes der österreichischen Architekten überzeugt, die Robert Hollmann den Bauherrenpreis 2018 für seine „sanften Riesen auf der Turracher Höhe“ verliehen hat. Gemeinsam mit einem Klagenfurter Architekturbüro wurden hier laut Hollmann „Vergnügungsstätten“ realisiert, die so gar nichts mit „alpinoider Verhüttelung“ zu tun haben.

Projektdaten

Standort: Turracher Höhe
Fertigstellung: 2017
Bauherrschaft: Familie Hollmann
Architektur: WINKLER + RUCK Architekten
Holzbau drei Ferienhäuser: Pongauer Holzbau / Jägerzaun GmbH
Holzbau Gemeinschaftshaus: Holzbau Tschabitscher
Tragwerksplanung: Klaus Gelbmann
Bauphysik: Kastner ZT-GmbH