Während es vergangenes Jahr vonseiten der beiden Hauptorganisatoren Prof. Uwe Germerott und Ingrid Höhensteiger noch hieß, mit gut 1550 Teilnehmenden sei das Kongresshaus in Garmisch-Partenkirchen an seine Kapazitätsgrenzen gelangt, musste diese Zahl heuer doch noch ein bisschen nach oben korrigiert werden.
In etwa 50 Personen mehr – aus 25 Ländern stammend – nahmen für das 22. Internationale Holzbau-Forum den Weg in den oberbayerischen Ort am Fuße der Zugspitze auf sich. Das sei aber nun endlich der Zenit – "mehr geht nicht", meint Germerott. Und bis ein neues, bereits geplantes, Kongresszentrum in Garmisch entsteht, welches mehr Kapazitäten für Teilnehmer wie auch Aussteller (aktuell: 126 Unternehmen) bieten wird, könnten noch einige Jahre vergehen. Währenddessen streckt das Team des "Forum Holzbau" seine Fühler in anderen Ländern aus: Weitere Kongresse in Polen, im Baltikum sowie in Nordamerika sind bereits in Vorbereitung.
Ein Fixpunkt in der Dauerschleife
Es ist ein gut gelungener Mix aus vielen kleinen Details, die den Kongress in Garmisch für das Fachpublikum so wertvoll machen: Ganz pragmatisch gesehen ist der Zeitpunkt Anfang Dezember wirklich glücklich gewählt – kurz vor Weihnachten schalten viele Betriebe, auch auftragsbedingt, einen Gang zurück und schicken ihre Mitarbeiter auf Fortbildung. Und diese bekommt man am Forum so serviert, dass sie nicht nur hoch informativ und breit gefächert ist, sondern auch Spaß macht. Hochkarätige Referenten mit topaktuellen Themen, große Säle mit bequemen Sitzen, gute Akustik und einwandfreie Technik inklusive Simultanübersetzungen in mehrere Sprachen – all das in Kombination mit exquisiter Verköstigung und mit dem über alle Sparten des Holzbaus hinweg möglichem Networking machen Garmisch zu dem, was es seit vielen Jahren ist: Ein jährlicher Fixpunkt im Terminkalender.
Lost in translation: Greens grüne Botschaft
Trotz aller organisatorischer Perfektion: Einen Wermutstropfen hatte die Veranstaltung heuer doch: "Headliner" Michael Green, der charismatische Architekt und Holzbau-Vordenker aus den USA, musste aus persönlichen Gründen absagen. Wer einmal seinen Vortrag im Rahmen der "Ted-Talks" gesehen hat, kennt seine rhetorische Größe. Der Ersatzmann, Architekt Jordan van Dijk aus selbigem Büro, transportierte zwar die gleichen Inhalte – ihm war aber offensichtlich die hohe Latte bewusst, welche Hörerschaften an die Auftritte Michael Greens üblicherweise legen. Im Endeffekt war sie ihm wahrscheinlich zu sehr bewusst und er konnte die Euphorie seines Chefs für das Bauen mit Holz leider nicht mit den Zuhörern teilen – was blieb, waren Greens Worte vom Englischen ins Deutsche emotionslos übersetzt.
Warum Holzbau? Zwei unterschiedliche Ansätze …
Was an der einen Stelle fehlte, wurde aber an anderer Stelle wieder wettgemacht. So konnte man für das Internationale Holzbau-Forum beispielsweise mit Andrew Waugh und Paul Epp zwei in der Branche bekannte Holzbauprofis gewinnen, die im vergangenen Jahr mit einer ganzen Reihe nachahmungswürdiger Projekte auf sich aufmerksam machten. Architekt Andrew Waugh, der mit dem Objekt "Dalston Lane" den volumsmäßig größten Holzbau der Welt in London geplant hat (kurz vor Fertigstellung), kündigte in Garmisch an, künftig nur noch in Holz bauen zu wollen. Der unbestreitbare Klimawandel habe in ihm diese Überzeugung wachgerufen.
Paul Fast vom Planungsbüro Fast + Epp hingegen argumentierte etwas nüchterner dahingehend, warum das 18-geschossige UBC Brock Commons-Studentenwohnheim in Vancouver in Holz umgesetzt wurde: "Hier ging es rein und allein um die Kosten. Wir wollten allen zeigen, dass es möglich ist, ökonomisch in Holz zu bauen", so Fast. Ein benachbartes, erst kürzlich fertiggestelltes, Gebäude in mineralischer Bauweise lieferte die Messlatte: Dieses wurde zu Kosten von rund 1490 €/m2 realisiert. Ganz nach dem von Paul Fast proklamierten Prinzip "Keep it simple" konnte schließlich auch für den Holzbau des neuen Studentenwohnheims diese Kostengrenze eingehalten werden. "Andernfalls hätte man Beton bevorzugt", so der Tragwerksplaner.
Ob nun Kosten, Ökologie, technische Vielfalt oder neue architektonische Konzepte: Der Kongress in Garmisch-Partenkirchen hat 2016 eine Fülle von Herangehensweisen offenbart, wie Holzbauten künftig Landschaftsbilder und Stadtpanoramas prägen können und werden. Jahr für Jahr entscheiden sich mehr Professionisten für das Bauen mit nachwachsenden Rohstoffen – das Holzbau-Forum bot heuer, wie gewohnt, einen umfassenden Überblick mit entsprechendem Tiefgang dort, wo er nötig ist.