Die Holzforschung Austria kam vom 5. bis 6. April mit ihrer neuen Seminarreihe „Holzbau Aktuell“ dem Trend Materialverbund nach. Dabei machten Experten Stärken und Schwächen des Holz-Beton-Verbunds und anderen hybriden Bauteilen aus. Rund 100 Teilnehmer waren dabei, als Architekten, Bauingenieure und Wissenschaftler vor das Rednerpult im Salzburg Congress traten.
Den Anfang machte Hermann Kaufmann. Der Architekt ist in Vorarlberg als Sohn einer Zimmermannsfamilie aufgewachsen und weiß: „Hybrid ist im Holzbau ja nichts Neues. Seit jeher gibt es gemauerte Sockelgeschosse. Bis in die 1960er-Jahre war die Kombination von Holzbalkendecken und Wänden aus Mauerwerk in europäischen Städten Standard.“ Doch, was ist gemeint, wenn man heute von einem hybriden Bauwerk spricht? „In der Branche herrscht gerade etwas Verwirrung, was die Begrifflichkeiten betrifft“, brachte der Architekt seine Empfindung auf den Punkt. „Man muss zwischen hybriden Bauwerken, Bauweisen und Bauteilen unterscheiden.“ Ein Bauwerk ist somit noch nicht hybride, nur weil es hybride Bauteile verwendet. Im vielleicht bekanntesten Hybridbauteil Holz-Beton-Verbund (HBV) sieht Kaufmann etliche Vorteile – von der Möglichkeit größerer Spannweiten bis zum verbesserten Schwingungs- und Durchbiegungsverhalten. „Das heißt aber nicht, dass wir nur hybrid in die Höhe bauen können.“
Schwinden des Betons entscheidend
Auch der bekannte Bauingenieur Konrad Merz sieht im Holz-Beton-Verbund gerechtfertigte Einsatzgebiete. „Im Wohnbau setzen wir beispielsweise bei Deckenspannweiten von über fünf Metern HBV-Träger ein.“ Je nach Anforderung des Bauwerks bedient sich das Ingenieurbüro Merz Kley Partner verschiedener Kombinationsmöglickeiten von Verbundstoffen. „Schrauben brauchen wir vor allem bei Balkendecken. Daneben funktioniert der Verbund ebenfalls über Kerven oder eingeklebte Bleche. „Am Ende des Tages ist das Schwinden des Betons das entscheidende Kriterium. Deshalb ist dessen Nachbehandlung essenziell.“ Dabei warf Merz ein Bild von einer frisch eingegossenen Ortbetondecke an die Vortragswand, die vollständig mit Matten bedeckt und mit Wasser bespritzt war. Vor allem das Argument Wirtschaftlichkeit nennt Merz zusätzlich als Grund für den Einsatz von HBV.
Gründerzeithäuser als weites Sanierungsfeld
Dr. Wilhelm Luggin gab Tipps zur Sanierung von Gründerzeithäusern. Die typisch fünfgeschossigen Bauwerke weisen meist ein Keller- und Erdgeschoss in Massivbauweise auf. Darüber erstrecken sich Ziegelbauwände und Holztramdecken. Die oberste Geschossdecke ist oftmals eine Dippelbaumdecke. Die Häuser weisen in der Regel nur geringe Lastreserven auf. „Deshalb ist bei der Sanierung darauf zu achten, dass die Belastungen nicht größer werden, als der ursprüngliche Aufbau.“ Als gebräuchliche Verstärkungsmöglichkeiten einer Holztramdecke nennt Luggin beispielsweise eine Holz-Holz-Verbundkonstruktion mit einer Verstärkungsplatte aus Brettsperrholz oder die Ausbildung einer Holztram-Verbunddecke mit Stahlbeton. Derzeit gibt es in Wien noch rund 15.000 Gründerzeithäuser.
Hochleistungs-BSH-Träger in Arbeit
Einblick in seinen Forschungsbereich gewährte Dr. Dill-Langer von der Materialprüfanstalt (MPA) der Universität Stuttgart. Er beschäftigt sich damit, wie man aus Brettschichtholz (BSH) und Furnierschichtholz (FSH) Hochleistungs-Hybridträger machen kann. „Während für die allermeisten BSH-Bauteile die Basis-Festigkeitsklasse GL24 ausreicht, sind für anspruchsvollere Konstruktionen höhere Klassen notwendig.“ Rund 105 Träger testete der Wissenschaftler und kam zum Schluss: BSH-Hybridträger weisen auch bei nur geringem FSH-Anteil in Abhängigkeit von der Holzart des verwendeten Furniers hohe bis sehr hohe Biegetragfähigkeiten beziehungsweise hohe Biegefestigkeiten auf.
60 neue Bauteilvarianten im aufpolierten Dataholz-Katalog
Nach weiteren bauphysikalischen Forschungsergebnissen berichtete Bettina Plössnig-Weigel von der Holzforschung Austria noch über Neuerungen zur Plattform Dataholz. Seit 2004 online verfügbar, unterzog man das Online-Tool nun einem optischen und technischen Relaunch. Beispielsweise gibt es nun eine „Planungshilfe Flachdach“. Ebenfalls sind 60 neue Bauteilvarianten mit innenliegender Holzoberfläche dazu gekommen. „Hier gingen wir auf die Wünsche vieler Holzbauunternehmer ein.“
BIM beginnt im Wald
Den Abschluss der gelungenen Debütveranstaltung machte Univ.-Prof. Thomas Rohner von der Berner Fachhochschule mit einem schwungvollen Beitrag zum Thema Building Information Modeling (BIM). Rohner schaffte es, ein so häufig behandeltes Thema trotzdem mit interessanten Aspekten zu beschreiben. Vor allem ermutigte er auch Kleinunternehmer, BIM in Angriff zu nehmen: „Das ist nicht nur etwas für die Großen. Absolut nicht.“ Denn jeder brauche ein Netzwerk an Spezialisten, die alle die gleiche Sprache sprechen. Beim Bau des Bieler Campus begann die Kommunikation über BIM schon bei den Förstern des Berner Kantonforsts, dessen Holz für den Bau verwendet wurde. „Allerdings haben wir noch Zeit, uns langsam mit dem Thema zurecht zu finden“, beruhigte der Experte die Hörerschaft.