Technische ÖNORMen geben die Regeln der Technik wieder und werden auch ohne Vereinbarung als Maßstäbe herangezogen. Im konkreten Fall warf der Sachverständige einen Blick in das einschlägige Regelwerk, nämlich die Werkvertragsnorm, und fand in einem Punkt eine Nichtbeachtung des Bodenlegers, der dennoch den Prozess gewann.
Der beklagte Bodenleger verlegte im Haus des Klägers im Jahr 2005 einen Parkettboden auf einen bereits bestehenden Blindboden. Vor Verlegung des Holzbodens wurde der Blindboden mit einer nur für trockene Böden geeigneten Dämmmatte beschichtet. Nach der – hier nicht vereinbarten – ÖNORM B2218 (Verlegung von Holzfußböden – Werkvertragsnorm) ist der Werkunternehmer allerdings verpflichtet, vorab die Feuchtigkeit des Blindbodens zu messen und schriftlich zu dokumentieren. Diese Prüfung nahm der beklagte Handwerker aber nicht vor. Ob nun der Blindboden im Jahr 2005 feucht war, konnte vor Gericht nicht festgestellt werden. Jedenfalls war der Unterboden im Jahr 2013 verfault. Die Dämmmatte verhinderte ein Durchdiffundieren von Feuchtigkeit. Als Ursache der Fäulnis kommen Feuchtigkeit in der Rohdecke infolge mangelhafter Feuchtigkeitsabdichtung, Feuchtigkeitseintritt im Zuge des Umbaus oder der Einbau einer feuchten Unterkonstruktion in Betracht. Also konnten mehrere Gründe vorliegen, warum der Boden nun acht Jahre nach Verlegung unbrauchbar war. Bevor dieser Prozess zum Obersten Gerichtshof als letzter Instanz gelangte, meinten die Unterinstanzen, dass der Zusammenhang zwischen dem Fehlverhalten des Bodenlegers und dem Schaden selbst nicht einwandfrei bewiesen werden konnte.
Des Handwerkers Schuld war nicht zu beweisen
Das Höchstgericht schloss sich diesen Urteilen an. Inhalt der Entscheidung war, nachdem die Gewährleistungsfrist (drei Jahre) schon lange vorbei war, inwieweit Voraussetzungen für Schadenersatzes vorlagen. Eine der Voraussetzung hierfür ist die sogenannte Kausalität, also der Zusammenhang zwischen vorwerfbaren Fehlverhalten, z.B. Schlampigkeit, und Schadenseintritt. Der Kläger wollte aber allein mit dem Hinweis auf die Verletzung einer nicht vereinbarten ÖNORM argumentieren. Dies sollte dafür ausreichend sein, dass der Schaden dem Bodenleger zurechenbar wäre. Nein, meinten die Höchstrichter, denn in dieser Bestimmung der ÖNORM seien lediglich übliche Sorgfaltsanforderungen enthalten, eine gesetzliche Bestimmung über die vorgeschriebene Überprüfung bestehe allerdings nicht. Dies bedeutete, dass der Beweis zu erbringen war, dass genau durch die Nachlässigkeit des Handwerkers der spätere Schaden entstanden ist.
Alternative Kausalität ebenfalls nicht nachweisbar
Es wurde wiederholt, dass die Feuchtigkeit des Blindbodens nur eine von mehreren möglichen Schadensursachen war. Auch berief sich der Kläger noch auf die sogenannte alternative Kausalität, dass also alle möglichen Ursachen für sich den Schaden hervorgerufen haben könnten. Dem stand jedoch ebenfalls die Feststellung des Sachverständigen gegenüber, der besagte, dass die unterlassene Feuchtigkeitsmessung des Blindbodens nur eine mögliche Ursache des Schadens war.
OGH entschiedet nicht nach Wahrscheinlichkeiten
Der Oberste Gerichtshof hielt fest, dass bloß in den Bereich des Möglichen fallende Ereignisse keinen hinreichenden Zusammenhang begründen, um geteilte Haftung mit anderen Schädigern anzunehmen. Es war dem geschädigten Hausbesitzer nicht gelungen zu beweisen, dass der Bodenleger ursächlich für den verfaulten Boden war. „Wahrscheinlichkeitsrechnungen“ stellte der OGH also nicht an und obwohl der Bodenleger entgegen der ÖNORM gehandelt habe, indem er das Vorgewerk nicht überprüft hatte, sei nicht erwiesen, dass genau dadurch der Schaden eintrat.