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Gewährleistungsfrist für unbewegliche Sachen beträgt drei Jahre

Ein Artikel von Redaktion | 19.04.2017 - 10:41

In einem Gerichtsfall wäre die Gewährleistungsfrist für eine Dacheindeckung beinahe verdoppelt bzw. noch darüber hinaus vervielfacht worden, weil ein Passus in den allgemeinen Geschäftsbedingungen missverständlich ausfiel. Erst in letzter Instanz wurde die Rechtsmeinung geändert. Wäre die Klage erfolgreich gewesen, hätte dies maßgebliche Auswirkungen auf die Baubranche gehabt und zu einer jahrzehntelangen Gewährleistung bei versteckten Mängeln geführt.

Tatsächlich drehte sich die Rechtssache unter anderem um folgenden Passus in den allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Dachdeckers, der gewährleistete: „… eine dem jeweiligen Stand der Technik entsprechende Fehlerfreiheit des Werkes in Werkstoff und Verarbeitung, jedoch jeweils nur im Rahmen der von den Herstellern (…) angegebenen Produkteigenschaften bzw. jener Eigenschaften, die bei sachgerechter und zweckbedingter Anwendung an die Produkte gestellt werden während der Dauer der gesetzlichen Fristen.“

Der Schaden: nach sechs Jahren ein kaputtes Dach

Der Dachdecker verarbeitete 2007 niederländische Faserzementwellplatten, die unerfreulicherweise sechs Jahre nach der Verarbeitung Risse aufwiesen – „entweder aufgrund eines Produktionsfehlers oder wegen fehlender Eignung für die klimatischen Verhältnisse vor Ort“, so der Sachverständige. Üblicherweise wäre die Gewährleistungsfrist nach sechs Jahren längst verstrichen und es könnte nur über Schadenersatz die Forderung nach einem neuen Dach von der Hausbesitzerin gestellt werden. Doch dazu müsste dem Dachdecker ein Verschulden, sprich schlampiges Verhalten, vorzuwerfen sein. Doch wo sollte dieses gewesen sein? Die Dachelemente waren laut Dachdeckerbetrieb nicht erkennbar mangelhaft. Auch eine entsprechende Zertifizierung lag laut Sachverständigem vor. Außerdem galten sie als marktüblich und waren nach wie vor in Verbreitung. Zudem konnte dem Verlangen der Klägerin nichts abgewonnen werden, dass ein Dachdecker sein in Österreich zugelassenes Produkt einer Laborprüfung unterziehen müsse. 

Fälschliche gerichtliche Feststellung

Schadenersatz war daher also nicht möglich, was das Erstgericht ebenfalls so sah und in weiterer Folge auch nicht mehr von den anderen Gerichten thematisiert wurde. Dennoch gab das Gericht der Klage statt, indem es meinte, es handle sich um einen versteckten Mangel und dieser würde die Gewährleistung verlängern. Das war eine fälschliche Feststellung, die allen Lehrbüchern und höchstgerichtlichen Entscheidungen widerspricht. Unzweifelhaft verlängert ein versteckter Mangel eben nicht die Gewährleistungsfrist. Dies hielt auch dann das Berufungsgericht fest, befand aber, dass mit der oben angeführten Passage in den Geschäftsbedingungen eine bestimmte Eigenschaft zugesagt wurde und damit die Gewährleistung tatsächlich bis zum Zeitpunkt der Erkennbarkeit des Mangels verlängert worden war. Mit den allgemeinen Geschäftsbedingungen sei nämlich zugesagt worden, dass das Material fehlerfrei wäre. 

Gewährleistungsfrist bleibt bei drei Jahren, aber …

Vor dem Obersten Gerichtshof argumentierte der Rechtsvertreter des Dachdeckers, dass hier nur allgemein die Gewährleistung wiedergegeben wurde, indem im Text der Vertragsbedingungen auf die „gesetzlichen Fristen“ verwiesen wurde. Und auch der OGH wiederholte, dass versteckte Mängel die Gewährleistungsfrist nicht verlängern würden: Nach drei Jahren sei sie verstrichen, auch wenn der Mangel weiter verborgen bleibe. Eine Ausnahme besteht allerdings, wenn eine bestimmte Eigenschaft zugesagt wurde, beispielsweise wenn versprochen wird, dass das Dach jahrzehntelang hält, dann hat der Handwerker selbst die Gewährleistungsfrist vervielfacht. Ob eine solche Eigenschaft nun zugesagt wurde oder nicht, indem der Dachdeckerbetrieb allgemein auf die Fehlerfreiheit des Werkes in Werkstoff und Verarbeitung hinwies, ließ der Oberste Gerichtshof offen, denn es wurde ja auf die gesetzlichen Fristen hingewiesen, meinte er. Dennoch waren die Höchstrichter vorsichtig und verwiesen die Rechtssache an die erste Instanz. Der Grund: Es stand im Raum, dass der Außendienstmitarbeiter des Dachdeckerbetriebes nach Erinnerung der Klägerin bei Anbotslegung behauptet haben soll, dass das Dach eine 40-jährige Haltbarkeit habe. Somit könnte auch eine verlängerte Gewährleistung damit verbunden sein. Ob nun tatsächlich eine solche Behauptung getätigt wurde, wollte der OGH geklärt wissen und schickte die Rechtsangelegenheit zur Beantwortung dieser Frage zurück an den Start.

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