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Strohdämmung ist nichts Neues – als Einblasdämmung allerdings schon;  © Kasseckert

Der Gipfel der Nachhaltigkeit

Ein Artikel von Redaktion | 19.01.2018 - 08:12


Die innovative Nutzung nachwachsender Rohstoffe zur Wärmedämmung gewinnt weiterhin an Relevanz im vollökologischen Hausbau. Was bisher der Zellulose vorbehalten war, ist jetzt auch mit Stroh möglich: Einblasfähiges Stroh mit einer Europäischen Technischen Bewertung (ETB) könnte künftig eine wichtige Rolle am hart umkämpften Dämmstoffmarkt spielen.

Als Nebenprodukt des Getreideanbaus glänzt Stroh mit einer hervorragenden CO2-Bilanz und weist gleichzeitig einen guten Wärmedämmwert auf, um als ernst zu nehmende Alternative zu herkömmlichen Dämmstoffen aufzutreten. Noch spielt es in der Bauwirtschaft aber eine eher untergeordnete Rolle. Der Niederösterreicher Leopold Kasseckert hat zusammen mit Marcel Burgstaller von istraw den ökologisch geprägten Ansatz der innovativen Nutzung nachwachsender Rohstoffe weiterentwickelt. In Kasten bei Böheimkirchen agiert der Unternehmer und findige Tüftler als Tischler und Zimmerer zugleich, was die Entwicklung – eine Strohdämmung zum Einblasen – noch interessanter erscheinen lässt.

ISO-Stroh“ besteht zu 100% aus gehäckseltem Weizenstroh mit einer maximalen Faserlänge von 30 mm und einer maximalen Faserbreite von 5 mm. Der Feinanteil (Partikel ≤ 1 mm) liegt lediglich bei 5 bis 15%, die Nennrohdichte bei rund 105 kg/Kubikmeter. In dieser Form kann das Stroh mit handelsüblichen Maschinen in geschlossene Bauteilhohlräume ein- oder auf horizontale beziehungsweise mäßig geneigte Flächen zwischen Tragelementen offen aufgeblasen und weiterverarbeitet werden. Ein zusätzlicher Flamm- und Schimmelschutz ist hierbei nicht notwendig. Als natürlicher Brandhemmer fungiert der hohe Silikatanteil im Weizenstroh. Stroh brennt nicht selbsttätig. Nach Entzug der Zündquelle erlischt das Feuer und bildet dabei eine hoch brandisolierende Ruß- und Ascheschicht.

Strohdämmung mit Brandschutzklasse E

Marcel Burgstaller beschäftigt sich bereits seit vielen Jahren mit Strohbau und begleitet die Entwicklung des neuartigen Dämmsystems seit der ersten Stunde: „Das Erstaunliche an der ISO-Stroh-Einblasdämmung ist, dass auch ohne die Beigabe von Zusatzstoffen ein Dämmwert von 0, 043 W/m2K und die Brandschutzklasse E erreicht werden. Das bestätigt auch das deutsche Fraunhofer-Institut.“ Aber nicht nur deshalb glauben er und Erfinder Kasseckert an eine schnelle Etablierung des Produkts auf dem wachsenden Markt für Strohdämmstoffe, denn das Interesse am Stroh nimmt generell stark zu: Allein in Deutschland, Schweden, Dänemark und Frankreich sind in den letzten Jahren an die 10.000 Strohballenhäuser errichtet worden.

Vollökologisch vom Bau bis zur Entsorgung

Wie bereits erwähnt, erfolgt die Verarbeitung von ISO-Stroh mit konventionellen Einblasgeräten. Es verdichtet sich allein durch den Einblasdruck und muss nicht nachträglich mit Zusatzstoffen versetzt werden. Das führt zu einem großen Vorteil im Vergleich zu anderen Dämmstoffen: Die Strohdämmung ist zu 100% kompostierbar und kann nach ihrem primären Einsatz problemlos energetisch verwertet werden. Bei der Anwendung in Holzriegelelementen muss das Material auch nicht vom Holz getrennt werden. Werden die Dämmelemente wieder abgebaut, können diese – sofern keine anderen Fremdstoffe enthalten sind – ohne großen Aufwand entsorgt werden.

„Ökologische Baustoffe, wie die Strohdämmung, kommen vor allem bei den unter 40-jährigen Häuslbauern sehr gut an, die oft mehr Wert auf nachhaltige Bauprodukte legen“, so Kasseckerts Erfahrungen, die er auf den einschlägigen Fachmessen gesammelt hat. Es spricht auch nichts gegen den Einsatz von ISO-Stroh im Mehrfamilienhausbau: „Rein technisch sind auch fünfgeschossige strohgedämmte Gebäude einwandfrei realisierbar. Die erfolgreiche Anwendung ist lediglich von der jeweiligen Bauordnung abhängig.Manche machen sich allerdings wegen einer eventuellen Geruchsbelästigung des Strohs Sorgen. Diese Befürchtungen können wir aber vollends entkräften, da eine Geruchsentwicklung von Stroh nur dann zum Tragen kommt, wenn es nass wird. ISO-Stroh wird aber vor der Verarbeitung zusätzlich technisch getrocknet und bleibt das auch, sofern allgemeingültige Baugrundsätze von den Verarbeitern und Handwerkern eingehalten werden. Und sollte es tatsächlich zu einem Feuchteeintrag in einer Holzriegelwand kommen, ist der Geruch bestimmt nicht das größte Problem der Hausbesitzer“, so der niederösterreichische Strohprofi. „Zudem hat Stroh die Fähigkeit, erstaunlich schnell wieder auszutrocknen.“