Nach dem Verursacherprinzip wird im Bauarbeitenkoordinationsgesetz (BauKG) der Bauherr in die Verantwortlichkeit für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer auf der Baustelle einbezogen. Das BauKG gilt für alle Baustellen, auf denen Hoch- und Tiefbauarbeiten durchgeführt und Arbeitnehmer beschäftigt werden (Hoch- und Tiefbautätigkeiten gemäß ÖNACE 2008, Abschnitt F – Bau). Damit sollen das in der Baubranche bestehende Unfallrisiko herabgesetzt und die Gesundheitsgefahren reduziert werden.
Bestellung Projektleiter
Der Bauherr kann zur Wahrnehmung seiner Pflichten einen Fachkundigen als Projektleiter einsetzen. Wenn es sich aber um eine Alibibestellung handelt, trägt bei Einschränkungen der Befugnis des Projektleiters der Bauherr weiter die Verantwortung. Die als Projektleiter nach BauKG eingesetzte bzw. benannte Person muss über die Fachkunde zur Abwicklung des Bauvorhabens verfügen.
Planungs- und Baustellenkoordinator
Zudem hat der Bauherr einen Planungskoordinator für die Vorbereitungsphase und einen Baustellenkoordinator für die Ausführungsphase zu bestellen, wenn auf einer Baustelle gleichzeitig oder aufeinanderfolgend (sich sicherheitstechnisch überschneidend) Arbeitnehmer mehrerer Arbeitgeber tätig sind. Als Koordinator darf nur eine Person bestellt werden, die über eine einschlägige Ausbildung und eine mindestens dreijährige einschlägige Berufserfahrung für die jeweilige Bauwerksplanung oder Bauwerksausführung verfügt. Der Planungskoordinator ist in der sog. Vorbereitungsphase eingesetzt (Entwurf, Planung und Vorbereitung des Bauprojekts). Seine Tätigkeit endet mit der letzten Vergabe. Der Baustellenkoordinator ist in der sog. Ausführungsphase eingesetzt (Zeitraum von der ersten Auftragsvergabe bis zum Abschluss der Bauarbeiten). Seine Tätigkeit endet mit der Übergabe des Bauwerks. Dieselbe Person kann Planungs- und Baustellenkoordinator sein. Der Bauherr kann die Aufgaben des Planungs- und Baustellenkoordinators selbst wahrnehmen, wenn er die vorstehenden Vo-
raussetzungen erfüllt. Bei Bestellung einer juristischen Person ist eine natürliche Person zu benennen.
Einbindung Planer
Damit der Planungskoordinator seine Pflichten erfüllen kann, hat der Bauherr/Projektleiter die Planer gemäß ÖNORM B 2107, wie folgt, einzubinden: Der Bauherr/Projektleiter verpflichtet die Planer, die Grundsätze der Gefahrenverhütung gemäß § 7 ASchG und die Hinweise des Planungskoordinators zu berücksichtigen sowie alle Unterlagen die als Ergebnis der Planung entstehen, dem Planungskoordinator zu übermitteln. Das bedeutet, dass Planer insbesondere bei der zeitlichen und räumlichen Einteilung der Arbeiten (Bauablaufplanung) und der Auswahl der Arbeitsstoffe, Arbeitsverfahren etc. die Prinzipien des Arbeitnehmerschutzes zu berücksichtigen haben. Die Planer werden dabei vom Planungskoordinator unterstützt. Ein ganz wesentlicher Gesichtspunkt ist der Vorrang des kollektiven Gefahrenschutzes vor individuellem Gefahrenschutz. Das bedeutet, dass beispielsweise bei der Dachumdeckung eines Wohnhauses eine für alle tätigen Unternehmen kollektive Absturzsicherung, z.B. ein Dachfanggerüst, beauftragt wird und nicht jedem beteiligten Unternehmen die Maßnahmen gegen Absturz für die eigenen Arbeiten übertragen werden.
Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan (SiGePlan)
Neben der Bestellung von Koordinatoren besteht auf großen und kleinen Baustellen mit besonderen Gefahren die Verpflichtung, einen SiGePlan zu erstellen. Große Baustellen sind solche mit mehr als 500 Personentagen oder mehr als 30 Arbeitstagen und mehr als 20 Arbeitnehmern gleichzeitig. Der SiGePlan ist die schriftliche Festlegung der baustellenspezifischen Maßnahmen zur Gefahrenverhütung bei der Herstellung des Bauwerks. Insbesondere sind alle wechselseitigen bzw. gemeinsamen Gefährdungen und besonderen Gefahren zu berücksichtigen. In der ÖNORM B 2107-2 wird klar geregelt, dass der Bauherr/Projektleiter die Inhalte des SiGePlans gemäß ÖNORM B 2110 in die Ausschreibungsunterlagen einzuarbeiten und in die Bauverträge aufzunehmen hat. Weiters sind auch die notwendigen Vorerhebungen für die Erarbeitung von SiGePlänen genannt, die vom Bauherrn zu organisieren sind.
Unterlage für spätere Arbeiten
Die Unterlage ist grundsätzlich für alle Bauwerke und Baustellen zu erstellen, für die das BauKG gilt – unabhängig von Art, Größe und Dauer der Bauarbeiten. Bei Umbau- und Sanierungsarbeiten nur für den Bereich dieser Arbeiten. Die Unterlage muss die zum Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer bei späteren Arbeiten, wie Nutzung, Wartung, Instandhaltung, Umbauarbeiten oder Abbruch, erforderlichen Angaben über die Merkmale des Bauwerks (wie Zugänge, Anschlagpunkte, Verankerungspunkte, Gas-, Wasser- und Stromleitungen) enthalten, die bei späteren Arbeiten zu berücksichtigen sind.
Vorankündigung
Der Bauherr hat für große Baustellen eine Vorankündigung zu erstellen. Die Vorankündigung ist spätestens zwei Wochen vor Beginn der Arbeiten an das zuständige Arbeitsinspektorat zu übermitteln. In Katastrophenfällen, bei unaufschiebbaren oder kurzfristig zu erledigenden Arbeiten ist die Vorankündigung spätestens am Tag des Arbeitsbeginnes zu übermitteln. Dafür steht eine webbasierte Baustellendatenbank unter www.buak.at zur Verfügung. Die Vorankündigung ist sichtbar auf der Baustelle auszuhängen und der Bauherr hat für die Aktualisierung zu sorgen. Diese Aufgabe kann der Bauherr/Projektleiter nach BauKG selbst wahrnehmen oder damit einen seiner Erfüllungsgehilfen, die örtliche Bauaufsicht oder den Baustellenkoordinator, beauftragen.
Hinweispflicht
Entsprechend der allgemeinen Rechtsgrundsätze und der geltenden Berufsausübungsregelungen, ist von einer Hinweispflicht über gesetzliche Forderungen an den Bauherrn (zumindest bei nicht fachkundigem Bauherrn) durch die Projektbeteiligten auszugehen. Weitere Hinweise finden sich in der ÖNORM B 2107, Teile 1 und 2.
Literaturtipps
- Steinmaurer/Wenusch: Bauarbeitenkoordinationsgesetz (BauKG), Teil I: Kommentar BauKG mit Rechtsprechung, Teil II: Praktische Umsetzung der neuen ÖNORM B 2107, Linde Verlag
- Petri/Steinmaurer: Handbuch Bauarbeitenkoordination, Wirtschaftsverlag