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Was hilft bei instabilen Holzpreisen? Teil 2: Warenkörbe und Indizes

Ein Artikel von Stefan Leitner, Reinhold Steinmaurer und Gregor Hohenecker | 21.12.2021 - 09:35

Als Arbeitshilfe werden in dieser und in der letzten Ausgabe des Magazins Tipps und notwendiges Wissen zusammengestellt, wie man bauwirtschaftlich darauf reagieren kann. In Teil 1 lag der Fokus auf dem Vertragswesen, also wie veränderliche Preise vereinbart werden können. In der dieser Ausgabe stehen Preisindizes und Warenkörbe, also die Grundlagen für die Vereinbarung veränderlicher Preise, im Mittelpunkt.

Eindeutige Preisumrechnung: Grundlage und Basis

Lt. ÖNORM B 2111 muss bei Verträgen mit veränderlichen Preisen eine Preisbasis vereinbart werden. Auf diesen Stichtag werden alle Preisumrechnungen bezogen. Die Umrechnung veränderlicher Preise bedarf einer Preisumrechnungsgrundlage. Grundlage der Preisumrechnung können Indizes (z.B. Baukostenindex), Preislisten, objektbezogene Warenkörbe und dergleichen sein. Es kann nur ein Wert pro Kalendermonat als Grundlage herangezogen werden.

Baukostenindex und Subindex „Zimmerer“

Das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW) stellt Baukostenveränderungswerte zur Verfügung. Diese bieten für diverse Baugewerbe bzw. -gewerke (Arbeitskategorien), branchenspezifische Indexwerte an. Der Holzbau wird in der Arbeitskategorie „Zimmerer“ abgebildet. Die Materialkosten sind im Anteil „Sonstiges“ enthalten (s. Abb. 1). Die Kostenveränderungswerte werden zwei Monate im Nachhinein veröffentlicht.

Index bildete den Markt nicht ab: neue Einmeldung

In der jüngeren Vergangenheit gaben die veröffentlichten Indizes der Arbeitskategorie Zimmerer, Anteil „Sonstiges“, die dynamische Kostenentwicklung der Materialpreise im Holzbau nicht wieder. Auch der häufig bei Holzbauarbeiten vereinbarte Baukostenindex für den Wohn- und Siedlungsbau entwickelte sich stark unter den tatsächlichen Kostenveränderungswerten des Holzbaus.

Bei den Preisen für Holz und Holzwerkstoffe gab es in den vergangenen fünf bis zehn Jahren eine außergewöhnlich stabile Marktlage. Mit den enormen Steigerungen der ersten beiden Quartale 2021 (s. Abb. 2) war nicht zu rechnen. Weil der veröffentlichte Index in der Arbeitskategorie Zimmerer, Anteil „Sonstiges“, Werte lieferte, die nicht der tatsächlichen Marktlage entsprachen, wurde die Einmeldung jetzt angepasst. Für August wurde ein sogenanntes Wechselblatt herausgegeben. Die neuen Indexwerte sind auf preisumrechnung.at abrufbar.

Wie umgehen mit nicht zutreffenden Indizes?

Viele Gewerke der Baubranche sind von nicht zutreffenden Preisgrundlagen bei Verträgen mit veränderlichen Preisen betroffen. Die Österreichische Bautechnik Vereinigung (ÖBV) gab deshalb einen Leitfaden  heraus, der Empfehlungen zum Umgang mit den aktuellen massiven Preiserhöhungen und Lieferengpässen gibt.  

Index-Wechsel bei Unzumutbarkeit

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oben: Stefan Leitner, Bildung und Technik, holzbau austria; mittig: Reinhold Steinmaurer, Normenexperte, holzbau austria; unten:  Gregor Hohenecker, Referent Bundesinnung Holzbau

Argumentation ÖBV-Leitfaden: „Auch wenn veränderliche Preise vereinbart wurden, kann es sein, dass eine der beiden Vertragsseiten in einem nicht zumutbaren Ausmaß benachteiligt wird. Als unzumutbar gilt z.B., wenn der vereinbarte Index um mehr als 8 % von einem anderen Index abweicht, der den beauftragten Leistungen besser entspricht (vgl. OGH-Urteil: OGH 8 ob 164/99x vom 24. 02. 2000).“ In diesem Fall wird empfohlen, die Berechnungsgrundlage monatlich, z.B. durch die Wahl des besser entsprechenden Index oder durch Veränderung der Gewichtung im Warenkorb, anzupassen. Auch bei vereinbarten Festpreisen empfiehlt der ÖBV ein Abgehen von der Preisbindung, wenn eine der beiden Vertragsseiten in unzumutbarem Ausmaß benachteiligt wird. Es werden dann aber nur die 8 % überschreitenden Indexänderungen berücksichtigt.

Voraussetzungen

Der Leitfaden des ÖBV ist jedenfalls von 01.01. bis  31.12.2021 anwendbar. Es wird davon ausgegangen, dass zwischen den Vertragspartnern die aktuellen Versionen der ÖNORMEN B 2110 bzw. 2118 und 2111 vereinbart wurden. Die konkreten Probleme müssen vom Auftragnehmer aufgezeigt werden. Vorschläge zur Minimierung der Auswirkungen von Kostensteigerungen und Lieferverzögerungen müssen gemacht werden (z.B. Terminplan anpassen oder Konstruktionswechsel).

Empfehlung

Dem Leitfaden des ÖBV folgend, empfehlen wir eine Anpassung der Preisgrundlage bei Holzbauaufträgen auf der Basis veränderlicher Preise zu prüfen. Der angepasste Baukostenindex der Arbeitskategorie  „Zimmerer“ wird bei vielen Holzbauaufträgen von den verfügbaren Indizes der tatsächlichen Kostensituation wohl am nächsten kommen. Wir empfehlen Auftraggebern diese neue Preisgrundlage für die Abrechnung und Abwicklung bestehender Holzbauaufträge zu prüfen.

Begründung

Ein 8 % übersteigender Nachteil, der Auftragnehmern durch eine nicht zutreffende Preisgrundlage entsteht, ist nicht zumutbar. Ohne eine „Reparatur“ der Preisgrundlage, z.B. einen Wechsel auf einen anderen, besser zutreffenden Index, ist mit zahlreichen langwierigen und kostenintensiven Rechtsstreitigkeiten zu rechnen. 

Quellen und weitere Infos:

Bundesministerium für Justiz, Mai 2021: https://www.wko.at/branchen/k/gewerbe-handwerk/RS_Ausschreibung_zu_Festpreisen_oder_zu_veraenderlichen_Prei.pdf

ÖBV-Leitfaden-Preisveränderungen und Lieferengpässe, Juni 2021: www.wko.at/branchen/b/gewerbe-handwerk/bau/leitfaden-preisveraenderungen.pdf

Bundesvergabegesetz 2018: www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20010295

OGH.Urteil: OGH 8 ob 164/99x vom 24.02.2000: www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20000224_OGH0002_0080OB00164_99X0000_000

Baukostenveränderungen: www.preisumrechnung.at

ÖNORM B 2111 (2007) – Umrechnung veränderlicher Preise von Bauleistungen:
shop.austrian-standards.at/action/de/public/details/260890/OENORM_B_2111_2007_05_01

ÖNORM B 2110 (2013) – Allgemeine Vertragsbestimmungen von Bauleistungen:
shop.austrian-standards.at/action/de/public/details/470259/OENORM_B_2110_2013_03_15

WKÖ: Vertragsmuster für die Vereinbarung von veränderlichen Preisen: www.wko.at/service/netzwerke/Preisgleitklausel-B2B-7.7.2021.pdf

ÖBV Leitfaden: https://www.bautechnik.pro/DE/Download/Preis