Junges Format mit Erfolg

Ein Artikel von Kathrin Lanz | 28.03.2023 - 09:35

Der bereits vor 22 Jahren erbaute Ingenieurholzbau führte als würdiger Veranstaltungsort die Langlebigkeit und Strahlkraft von Holzbauarchitektur schon vor Beginn der Vorträge eindrücklich vor Augen. „Schön, dass ihr da seid, denn euch braucht es, um den Holzbau noch weiter voranzubringen“, hieß es in den einleitenden Worten von holzbau austria-Obmann Gerhard Kast in Richtung des Auditoriums. Zum Start der Vortragsreihe verabsäumte es Dr. Matthias Ammann, Teil der holzbau-austria Geschäftsführung, nicht, den zahlreich erschienenen holzbau austria-Leistungspartnern zu danken. 

„So schnell, dass wir mit den Ohren wackeln“

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Christoph Dünser, HK Architekten © Kathrin Lanz

Architekt Christoph Dünser von HK Architekten startete mit seinem Referat. Mit sehr viel Bildmaterial und Vorarlberger Holzbau-Selbsverständlichkeit erläuterte er die Entstehungsgeschichte des SWG Schraubenwerks. Mit rund 42 m-Spannweiten und komplexen Knotendetails wusste er seine Zuhörerschaft zu beeindrucken. Dünsers Auftrag verstand sich aber nicht nur darin, lediglich schöne Bilder herzuzeigen. Er scheute nicht davor zurück, heikle Themen anzusprechen: „Ein Zukunftsthema des Holzbaus wird sicherlich der Schutz der Bauteile sein“, verwies Dünser. „Ein Zimmerer kann 100 m Holzbau so schnell hinstellen, dass wir mit den Ohren wackeln.“ Folgegewerke würden dem Holzbau dementsprechend oft hinterherhinken, was die freie Bewitterung der Holzbauteile zur Folge haben könne. Dies müsse unbedingt in der Planung bedacht werden, warnte Dünser.

Vom Holz, übers Stroh bis zum Lehm

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Markus Pendlmayr, einzueins architektur © Kathrin Lanz

Architekt Markus Pendlmayr von einszueins architektur führte die Vortragsreihe fort. Das Wiener Büro beschäftigt sich seit 2015 intensiv damit, „Holz verstärkt in den Rohbau zu bekommen.“ Anhand des Baugruppenprojekts „Auenweide“, ganz in der Nähe des Bahnhofes Wördern und 30 km von Wien entfernt, kommunizierte Pendlmayr die Vorzüge von Holz. Dort gibt es acht um die Grundstücksmitte angeordnete Privathäuser mit Wohnungsgrößen von 35 bis 115 m². Strohgedämmt und mit Lehmputz versehen, übten sich die Architekten in logischer Materialverwendung. Die in Brettsperrholzweise ausgeführten Einheiten verfügen über acht unterschiedliche Grundrisse, die die Bewohner mitgestalteten. Co-Working-Space, eine Gästewohnung und das Gemeinschaftshaus waren von Beginn an fixe Bestandteile des Konzepts. Und nicht nur planerisch, sondern auch handwerklich betätigten sich die Eigentümer, indem sie den Lehmputz oder die Strohdämmung unter professioneller Anleitung an- und einbrachten. „Dadurch und durch die Nutzung der Gemeinschaftsräume definiert sich bei diesem Projekt die Leistbarkeit“, ergänzte Pendlmayr.

Wiederholung zur Effizienzsteigerung

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Melanie Karbasch, Architekt Melanie Karbasch © Kathrin Lanz

Ebenfalls um Leistbarkeit ging es bei zwei unweit voneinerander und beinahe gleichzeitig geplanten sowie errichteten Wohnbauten in Klagenfurt. Auf dem 3000 m2 großen Grundstück an der Ebenthalerstraße baute man drei identische dreigeschossige Baukörper mit Flachdach. Auf dem 900 m2 großen Grundstück an der Kleistgasse zwei identische zweigeschossige Doppelhäuser mit Satteldach. „Der Holzbau predigt es seit Jahren: Die Wiederholung ist eine profunde Maßnahme zur Steigerung der Effizienz“, erklärt Architektin Melanie Karbasch, die die beiden Projekte planerisch verantwortete. Da von Beginn an feststand, dass alle Gebäude in Holzbauweise ausgeführt werden sollten, saß auch der Holzbau-Meister von Beginn an mit im Boot – in diesem Fall war dies Walter Meiberger.  Die Wiederholung von Gebäudetypen und gewählter Konstruktion führten zu wirtschaftlichen Lösungen in Planung, Errichtung und Betrieb, hieß es vonseiten Karbasch. Und auch diese Architektin kommt, wie schon Kollege Dünser, auf die Geschwindigkeit der Errichtung zu sprechen: „Die Anrainer haben sich irgendwann mal beschwert, dass der Bau so schnell vorranging.“ So entgingen ihnen offenbar interessante Details des Baufortschritts. Zwei Monate vor Fertigstellung waren alle Wohnungen vergeben.

Ein weiteres Projekt, das Karbasch vorstellte, ist in der Machart besonders. Beim sogenannten „Wolf im Schafspelz“ handelt es sich um ein Einfamilienhaus, das in eine bestehende Werkshalle gesetzt wurde. „Nur durch Perforationen ist nun von außen erkennbar, dass innerhalb der Halle etwas passiert ist“, erklärte Karbasch. Ungefähr mittig der Maschinenhalle wurde eine Brandwand errichtet. Diese bildet einen räumlichen und funktionalen Abschluss zum verbleibenden Teil der Halle, der weiterhin wirtschaftlich genutzt wird. 

Vier Baukörper, 103 Wohnungen

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Regina Freimüller-Söllinger, Freimüller-Söllinger Architektur © Kathrin Lanz

Ein Projekt anderer Größenordnung stellte Regina Freimüller-Söllinger vor. In der Tivoligasse des 12. Wiener Gemeindebezirks stehen seit Dezember vergangenen Jahres vier Baukörper in Brettsperrholzbauweise. „Ein Pionierprojekt für Wien“, konstatierte die Architektin. 103 Wohnungen finden auf einem Stahlbetonsockel Platz. In Größe und Machart stellt die Tivoligasse mit Sicherheit ein Vorzeigeprojekt im großvolumigen Holzwohnbau dar. Christian Wolsegger von Systemlieferant Theurl erklärte im Anschluss die Herausforderungen logistischer Natur. Die von Osttirol kommenden BSP-Decken und -Wände mussten via Einbahnstraße angeliefert werden. „Da es keine Lagermöglichkeiten gab, musste jedes Produkt sofort verbaut werden“, erzählte Wolsegger. Dass es sich um eine außergewöhnliche Baustelle handelte, machte sich auch durch Passantenreaktionen bemerkbar. „Es gab einen Baustellentourismus, mit dem ich so nicht gerechnet hätte“, wunderte sich Freimüller-Söllinger.

Neues verdrängt Altes nicht

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Philipp Buxbaum, smartvoll Architekten © Kathrin Lanz

Abschließend präsentierte Philipp Buxbaum von smartvoll Architekten das Gemeindezentrum Großweikersdorf. Den Anspruch der Bauherrschaft umzusetzen, drei verschiedene Funktionen in ein Gebäude zu packen, gelang durch Segmentierung der Baukörper. Rathaus, Vereinshaus und Ärztezentrum haben damit als Nebeneffekt durch die versetzten Flächen separate Eingänge. „Damit haben wir ein sehr offenes Gebäude geschaffen“, erläuterte Buxbaum und ergänzte: „Das Neue ist nicht gekommen, um das Alte zu verdrängen.“ Die angrenzende alte Brandmauer blieb deshalb als authentischer Nachbar bestehen. Viel Grün macht die öffentlich zugänglichen Freiraum rundum einladend.

Viele Architekten und Planer, die sich künftig vermehrt mit dem Thema Holzbau beschäftigen wollen, holten sich Anregungen und Informationen aus erster Hand. Dementsprechend groß war auch die Bereitschaft des Publikums, Fragen zu stellen. Beim abschließenden gemeinsamen Buffet klang der Veranstaltungstag aus.