Wir haben Herbert Jöbstl, den Geschäftsführer von Stora Enso Wood Products in Zentraleuropa, im Architekturzentrum Wien zum Interview getroffen. Er erzählt, warum Österreich bei großvolumigen Bauten hinter anderen Ländern herhinkt, inwiefern zusätzliche BSP*-Produktionsstandorte den heimischen Umsatz schmälern und warum der Werkstoff von den Zimmerern durchaus als Chance gesehen werden soll.
? Vier Neungeschosser in Mailand, fünf in Trondheim, gar eine Wood City für 17.000 Bewohner in Helsinki. Das ist nur eine winzige Auswahl der ausländischen Projekte von Stora Enso. Warum passiert derartig Großvolumiges noch viel zu selten in Österreich?
! Der größte Unterschied liegt darin, dass es im Ausland Investoren gibt, die von Anfang an bestimmen, dass es ein Holzbau sein muss. In Österreich kommt dies vereinzelt auch vor. Derzeit scheitert es aber sowohl an gesetzlichen Bestimmungen als auch einzelnen Entscheidungsträgern. Zudem hilft der Umstand auch nicht, dass in Österreich, anders als in vielen Ländern, Sprinkleranlagen in Wohnungs- und Bürobau nicht erwünscht sind.
? Ihr Unternehmen präsentierte vor Kurzem ein 85 Seiten starkes Handbuch mit CLT Konstruktionssystemen für bis zu zwölfgeschossige Gebäude. Was soll der Katalog bewirken?
! CLT ist relativ jung. Natürlich gibt es heute schon Architekten, die laufend mit dem Baustoff arbeiten. Die Krux liegt aber darin, dass Gebäude zuerst in Beton geplant werden und erst später schwenken die Verantwortlichen auf die Holzbauweise um. Das verursacht unnötige Planungskosten und verschlingt Zeit. Diese Ineffizienz wollen wir mit unserem Katalog beseitigen, indem wir für jeden zugängliche Modelle, Berechnungen und Brandschutzlösungen aufbereitet haben.
? Derzeit entstehen allerorts neue BSP-Werke – in Schweden, Großbritannien und auch Australien, wie man hört. Märkte, die für Sie in den vergangenen Jahren eine große Rolle spielten. Wie wird sich das auf den österreichischen Markt auswirken?
! Brettsperrholz ist in Österreich groß geworden, ohne Zweifel. Der Markt wächst im Moment sehr stark, deshalb braucht es gesteigerte Kapazitäten. Diese Entwicklung hat meiner Meinung nach eher positive Auswirkungen auf den Holzbau im Allgemeinen. Wenn eine Vor-Ort-Produktion entsteht, passiert oft ein Marktpush, der wiederum allen zugute kommt. Ich gehe davon aus, dass der Markt weiterwächst und genug Potenzial vorhanden ist. Ich mache mir keine Sorgen.
? Wodurch unterscheidet sich die österreichische BSP-Qualität von der ausländischer Produkte? Inwiefern macht sich der große österreichische Erfahrungsschatz bemerkbar?
! Es gibt internationale Normen, die eingehalten werden müssen. Wahrscheinlich haben wir in Österreich einen Effizienzvorsprung. Es ist nicht schwierig, eine Anlage aufzustellen und CLT zu produzieren. Die Feinheiten machen den Unterschied, wie zum Beispiel die Sichtqualität. Wir arbeiten laufend an Verbesserungen, das werden wir auch weiterhin tun.
? Auch Stora Enso will höher hinaus. Derzeit läuft eine Machbarkeitsstudie für ein neues Werk in Gruvön in Schweden. Welche Strategie steckt hinter der möglichen Neuerrichtung?
! An den Produktionsstandorten Ybbs und Bad St. Leonhard wollen wir 2017 150.000 m3 herstellen. Damit befinden wir uns am Auslastungslimit. Der Standort Schweden wurde auch deshalb gewählt, weil die Logistikkosten nach Skandinavien ziemlich hoch sind. Mit Ende des ersten Quartals nächsten Jahres ist mit einem Ergebnis der Machbarkeitsstudie zu rechnen.
? Gibt es bei der BSP-Produktion Lösungsansätze hinsichtlich der Verschnittproblematik?
! An der Rohstoffeffizienz müssen wir kräftig arbeiten, wenn wir Märkte längerfristig bedienen wollen. Dahingehend gibt es Ideen, die aber im Moment noch nicht spruchreif sind.
? Wie stehen Sie zum gesamtökologischen Bau?
! Stora Enso ist ja nicht nur CLT-Produzent. Wir beschäftigen uns intensiv mit "Biomaterials". Alles, was heute aus fossilen Materialien erzeugt wird, lässt sich morgen aus Holz herstellen, davon bin ich überzeugt. Damit kann man den Kunststoff ersetzen. Also, ja, ich bin Befürworter des gesamtökologischen Baus.
? Wo sehen Sie den österreichischen Zimmerer in zehn Jahren? Wird er zum Monteur degradiert oder besteht die Gefahr, dass er zum Franchisenehmer der großen Holzindustrien wird?
! Als wir vor zehn Jahren das erste CLT-Werk planten, führten wir zuerst eine Studie unter österreichischen Zimmerern durch. Genau diese Befürchtung, dass der Handwerker zum Monteur verkomme, wurde da geäußert. Bis jetzt ist das nicht passiert. Brettsperrholz bringt den Holzbau allgemein weiter und das ist auch positiv für die Zimmerer. CLT wird den Holzrahmenbau nicht verdrängen, in zehn Jahren nicht und auch später nicht. Vielleicht brauchen Holzbau-Meister bis dahin noch mehr technisches Know-how, um bei größeren Projekten einzusteigen. Da ist CLT einfach am schlagkräftigsten und wird zur zusätzlichen Möglichkeit, auch für Zimmerer.
*Die Abkürzungen BSP und CLT stehen für den Werkstoff Brettsperrholz und werden im Text synonym verwendet.