Haintz_neu_08.jpg

© Foto Fischer

Trotz Bestellung von Baukoordinator und Bauaufsicht:

Ein Artikel von Redaktion | 30.10.2017 - 11:38


Der Bauherr hätte sich eigentlich sicher fühlen können. Er hat vor Errichtung eines „Almdorfes“ entsprechend dem Bauarbeitenkoordinationsgesetz gehandelt und für Fragen der Arbeitssicherheit einen Baumeister als Bausstellenkoordinator bestellt. Zusätzlich wurde eine weitere Baufirma mit der Bauaufsicht beauftragt. Nach einem Absturz mit schweren Verletzungen wurde er dennoch vom Unfallopfer auf Schadenersatz geklagt und konnte den Prozess nur teilweise für sich entscheiden.

Der Geschäftsführer und Alleingesellschafter eines Bohrungsunternehmens klagte unter anderem Schmerzensgeld vom Bauherrn ein, nachdem er auf der Baustelle in einen unzureichend gesicherten Lichtschacht gestürzt war und sich dabei schwer verletzte. Er sollte Bohrungen durchführen. Auf dem Weg zu einem Stromanschluss, den er erfragte, nahm der Bohrungsunternehmer jedoch eine Abkürzung, die ihn über einen unzureichend gesicherten Lichtschacht führte. Als er auf die aufgelegten Schaltafeln trat, verrutschten diese und es kam zu einem vier Meter tiefen Absturz. Bei der Errichtung dieser Absturzsicherung wurde so ziemlich alles falsch gemacht. Schalungsplatten an sich sind dafür unzulässig. Sie waren entgegen der einschlägigen Norm nicht gegen Verrutschen gesichert und es fehlten auch die Wehren, die das Betreten hätten unmöglich machen müssen. Zwar wurden diese Schaltafeln vom Unfallopfer mehrmals betreten, ein Mal gaben sie jedoch nach.

Es kam nun zur Forderung von Schmerzensgeld und Schadenersatz in der Höhe von 33.000 € plus noch unbekannter Folgeschäden. Begründung: Es sei dem Bauherrn zuzurechnen, wenn die Baustelle unzureichend gesichert ist. Der Beklagte meinte allerdings, er habe einen Baustellenkoordinator bestellt, welcher Koordinations-, Organisations-, Überwachungs- und Informationspflichten im Bereich der Sicherheit auf der Baustelle zu verantworten gehabt hätte und somit er selbst für allfällige Versäumnisse dieser Person nicht einzustehen habe. Darüber hinaus treffe den Kläger das Alleinverschulden, weil es für jedermann erkennbar gewesen sei, dass die Schaltafeln – auch aufgrund ihrer starken Neigung – nicht zum Begehen geeignet gewesen wären. Außerdem wäre es wohl zu viel verlangt, müsste für alle nur erdenklichen leichtsinnigen Aktionen vorgesorgt werden. Quasi als Unterstützung nahm der Bauherr den Baukoordinator als Nebenintervenienten mit ins Prozessboot, um gemeinsam die Klage abzuwehren.

Für Unternehmer haftet der Bauherr

Das Höchstgericht hielt fest, dass wenn ein Baustellenkoordinator bestellt ist, die Zuständigkeit und damit auch Haftung für die Sicherung der Baustelle auf diesen übergehen. Die Haftung gegenüber den auf der Baustelle eingesetzten Arbeitnehmern trifft dann laut BauKG unmittelbar den Baustellenkoordinator. Aber es war in allen Instanzen klar, dass der Kläger gar kein Arbeitnehmer ist, sondern selbstständiger Unternehmer. Pech für den beklagten Bauherrn war, dass die Höchstrichter nun festhielten, dass ein Baustellenkoordinator eben nur für Arbeitnehmer zuständig sei, nicht aber für Unfälle von Unternehmern. Für Letztere muss immer der Bauherr haften.
Es mag im Ergebnis seltsam klingen, dass es auch bei ein und derselben Gefahrenquelle darauf ankommt, wer hier verunglückt. Doch ist dies aus dem Gesetz ableitbar. Denn das ABGB spricht von einer allgemeinen Fürsorgepflicht des Auftraggebers für seine Auftragnehmer, also den Professionisten vor Ort. Und genau das kam hier zum Tragen – indem die Gefahrenstelle nicht ausreichend abgesichert war. 

Allerdings bekam der Kläger nur die Hälfte des Schadens zugesprochen. Ihm wurde „Sorglosigkeit“ vorgeworfen, weil er über die Platten ging. Er hätte hier die Gefahr auch erkennen können. Nicht beantwortet wurde im Prozess, inwieweit ein Regress des Beklagten beim Baukoordinator oder bei der Bauaufsicht möglich sei. Dies hängt damit zusammen, ob der Auftrag dahin gehend lautete, alle auf der Baustelle befindlichen Personen – also nicht nur die Arbeiter – sicherheitstechnisch zu schützen.

_bh