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Dr. Haintz’ Gerichtsbericht: Das Baugrundrisiko

Ein Artikel von Redaktion | 08.02.2018 - 10:55


Baugrundrisiko ist Bauherrenrisiko? Diese Faustregel muss nicht immer gelten, wie das vorliegende Erkenntnis zeigt. Eine Bauherrin gewinnt den Prozess, obwohl ihr Baugrund untauglich war. Sie bekam den gesamten Schaden ersetzt.

Die besagte Bauherrin beauftragte die Errichtung eines Gebäudes – auch die Statik war Teil des Auftrags. Ein Architekt übernahm die Einreichplanung, die Statik wurde für das Bauunternehmen von einem externen Ziviltechniker berechnet. Dabei gingen alle – obwohl davor niemand eine Baugrunduntersuchungen vorgenommen hatte und der beklagte Auftragnehmer über diesen Umstand informiert war – davon aus, dass „keine schlechten Bodenverhältnisse“ vorlagen. Auf Basis dieser Annahme berechnete der Statiker die zulässige Fundamentbelastung. Die angenommenen Baugrundbedingungen entsprachen jedoch nicht den tatsächlichen. Die sehr locker gelagerten Bodenschichten führten nach Fertigstellung des Gebäudes zu Setzungen, welche die Gebrauchstauglichkeit des Gebäudes beeinträchtigten und zu einem Schaden von 56.000 € führten. 

Schon in den Vorinstanzen wurde klargestellt: Den Regeln der Technik entsprechend, hätte bereits vor Baubeginn bzw. der Berechnung der Statik das fehlende Bodengutachten bei der Bauherrin urgiert werden müssen. Dem ausführenden Unternehmen hätten aufgrund seiner Fachkenntnisse jedenfalls Zweifel an der Zuverlässigkeit des Bodens kommen müssen, zumal das Gebäude in einer alpinen Region gebaut wurde und hier eben die Bodenverhältnisse kleinflächig variieren können. Die Warnpflicht des Unternehmers besteht grundsätzlich auch, wie in diesem Fall, gegenüber einem Sachkundigen oder sachverständig beratenen Besteller. In der ersten Instanz wurde nur die Hälfte des Schadens zugesprochen, da ein Mitverschulden auf Auftraggeberseite gesehen wurde. Es hieß zuerst noch, die Bauherrin hätte die erforderlichen geologischen Unterlagen beistellen müssen. 

Unternehmer wird zur Kasse gebeten

Das Höchstgericht urteilte schließlich, dass der gesamte Schaden vom Auftragnehmer zu tragen sei. Er hatte weder exakt ausgearbeitete Ausführungspläne übergeben bekommen, noch wurde ihm zu erkennen gegeben, dass die Bauherrin an der fachlichen Ansicht der Beklagten hinsichtlich der Erfordernisse im Zusammenhang mit der Baugründung nicht interessiert wäre. 

Dies bedeutet also, dass es dem beauftragten Unternehmen überlassen wurde, wie es die Standfestigkeit des Gebäudes herbeiführte und dies so auf sein volles Risiko zu erfolgen hatte. Schon die Berufsinstanz meinte, dass der Auftraggeber nicht von einer Zusage der Bauherrin bezüglich einer wie auch immer gearteten Beschaffenheit des Baugrundes habe ausgehen können. Außerdem wurde der Argumentation nicht gefolgt, dass der planende Architekt hier seine Sorgfaltspflicht verletzt hätte.

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