Holzbasislager auf 1450 m Seehöhe

Ein Artikel von Birgit Gruber | 22.03.2022 - 08:55
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Im Herzen der Schweizer Alpen bietet das Dorf Andermatt im Kanton Uri Bergfreunden zu jeder Jahreszeit ein breites Spektrum an Freizeitaktivitäten. Ursprüngliche Holzhäuser, Gebäude im Rokokostil und ein Dorfkirchlein aus dem 11. Jahrhundert machen Andermatt am Fuße des Gotthards zu einem der letzten ursprünglichen Alpendörfer in der Schweiz. Auch Johann Wolfgang von Goethe verbrachte dort gerne seine Urlaube und fühlte sich nach eigenen Angaben sehr wohl. Der weltbekannte Dichter soll seinerzeit über Andermatt gesagt haben „Mir ist‘s unter allen Gegenden, die ich kenne, die liebste und interessanteste“. Für Rubner Holzbau Brixen ist der Ferienort darüber hinaus noch mehr. „Andermatt gilt für uns als wesentlicher Markenbotschafter“, verrät Geschäftsführer Peter Rosatti. Gemeinsam mit dem auftraggebenden Immobilienentwickler Source Procurement arbeitete man in der Vergangenheit schon an mehreren Neubauten für den Tourismus. Das aktuellste Projekt ist das Apartmenthotel „The Base“. Wesentliche Beziehungsfaktoren haben laut Rosatti zu einer langjährigen Partnerschaft geführt. Das nächste gemeinsame Holzbauvorhaben befindet sich bereits in der Pipeline. „Wir stehen für die Umsetzung individueller Lösungen und haben auf alle Anliegen die richtigen Antworten. Verlässlichkeit und der Preis sind natürlich auch wichtige Punkte. Nur so können Kundenverhältnisse über Jahre reifen“, erklärt Rosatti. Das wisse man gerade in der deutschsprachigen Schweiz sehr zu schätzen. 

Holzbau bevorzugte Variante

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Andermatt ist eine der beliebtesten Urlaubsdestinationen der Schweiz. Nun ist diese Region mit „The Base“ um eine bauliche Holzbaubesonderheit reicher. © a2plus – A++

„Wir haben uns dem Geschäftsmodell der Mehrgeschosser in Holzbauweise vor circa fünf Jahren intensiv angenommen. Diese nehmen mittlerweile 25 % der Aufträge ein, Tendenz steigend. Südtirol wäre ein interessanter Markt. Die touristische Szene ist dort aber noch nicht so gereift. Das Modell findet vorwiegend in der Schweiz Akzeptanz. Der Holzbau ist dort die bevorzugte Bauvariante, da man sich ganz stark der Nachhaltigkeit verpflichtet fühlt. Wir sehen mittlerweile auch in Oberitalien eine hohe Aufmerksamkeit in diese Richtung. Preislich ist der Holzbau absolut konkurrenzfähig und hat einen großen Vorteil: seine Schnelligkeit. Gerade im Tourismus spielen Bauzeiten von oft nur wenigen Monaten eine wichtige Rolle“, gibt Rosatti einen Einblick ins Marktgeschehen.

Wenig Zeit und noch weniger Platz

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Schnelligkeit am Bau war auch bei „The Base“ gefragt. In nur vier Monaten Bauzeit für die tragende Struktur des Gebäudes wurden in Summe rund 750 m² vorgefertigte Fassadenelemente (teilweise mit vorgesetzten Latten) und circa 300 m² Dachelemente (mit werkseitig integrierten Dachflächenfenstern) verbaut. Für die weiteren Konstruktionen wurden 15 m³ Brettschichtholz und 200 m³ Brettsperrholz verarbeitet. Das Hotel sollte innerhalb der Sommersaison realisiert werden. „In der Region ist es durchaus möglich, dass es bis Mai immer noch und ab Oktober schon wieder schneit. Dazu kamen die beengten Platzverhältnisse vor Ort“, erinnert sich Rosatti zurück. Der Baukran musste auf dem Nachbargrundstück aufgestellt werden und die werkseitig vorgefertigten Wand-, Decken- und Dachelemente wurden direkt vom Lkw-Auflieger abgehoben und montiert. „Auf diese Weise war es uns möglich, die Tragstruktur zwischen den Monaten Juni und September auszuführen und den gesamten vereinbarten Leistungsumfang bis Dezember 2020 fertigzustellen“, freut sich der Rubner Brixen-Geschäftsführer.

Der Mensch im Mittelpunkt

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„Die ökologische Nachhaltigkeit und die zentrale Stellung des Menschen waren die Grundlage für unsere Designphilosophie“. © a2plus – A++

Der architektonische Entwurf stammt von A++ Human Sustainable Architecture und nutzt die 500 m² Grundfläche optimal aus. 220 m² davon nimmt der Beherbergungsbetrieb in Anspruch. Die Standard-, Superior- oder Deluxe-Zimmer sind zwischen 45 und 90 m² groß, um den unterschiedlichen Bedürfnissen von Paaren, Familien und Reisegruppen gerecht zu werden. Sie verfügen über ein oder zwei Schlafzimmer sowie Bad, Küche und Wohnzimmer und bieten insgesamt 49 Betten. Das größte Apartment ist in das Giebeldach integriert. In der Residenz gibt es auch mehrere Dienstleistungen: Rezeption mit Entspannungsraum, Aufenthaltsraum, Privatparkplatz und Skiraum beim Eingang. „Das Gebäude besteht ab der Erdgeschosszone zur Gänze aus einer Holzkonstruktion, da diese eine hohe Energieeffizienz und eine ausgezeichnete Schalldämmung gewährleistet. Die ökologische Nachhaltigkeit und die zentrale Stellung des Menschen waren die Grundlage für unsere Designphilosophie“, so die Architekten. Das in Betonbauweise errichtete Kellergeschoss dient als Tiefgarage des Hotels und gleichzeitig als Grundplatte für den viereinhalb Etagen in die Höhe ragenden Neubau. Dank der leichten Holzbauweise konnte man die innenliegende Parkplatzfläche so frei und offen wie möglich, mit nur wenigen Stützen, ausführen. „Bei diesem Gebäude in Andermatt konnte der Ingenieurholzbau seine Stärken voll ausspielen. Die Auftraggeber haben diese erkannt und sowohl die kurze Bauzeit durch die werkseitige Vormontage als auch das vergleichsweise geringe Gewicht des Naturbaumaterials effizient für ihre Zwecke genutzt“, fasst Rosatti zusammen.

Tragende Außenwände und aussteifende Innenwände

Als Außenwände kamen laut Rubner Holzbau Universalpaneele in Holzriegelbauweise zum Einsatz. Die daran angebrachten Sichtlatten für die Fassadenstruktur wurden bereits werkseitig vormontiert. Die Elemente verfügen darüber hinaus über eine 28 cm starke Wärmedämmung sowie 18 mm starke Gipsfaserplatten als Brandschutzmaßnahme. Die in den Wandelementen integrierten Rollokästen über den Fensteröffnungen wurden ebenfalls gleich im Brixener Werk verbaut. Sie gewährleisten die erforderliche Brandschutzklasse EI30. Die Innenwände des Hotelgebäudes haben sowohl eine tragende als auch aussteifende Funktion. Sämtliche Wohnungstrennwände, das Stiegenhaus und der Aufzugsschacht wurden in Brettsperrholz ausgeführt. Die Elemente verfügen über fünf Schichten, die Elementstärken variieren dabei zwischen 12 und 16 cm. „Daraus resultiert allerdings auch die Notwendigkeit, für alle Bauteile eine Brandschutz-Kapselung (R60) mit 18 mm starken Gipsfaserplatten herzustellen“, erklärt Rosatti.

Viel Liebe zum Detail

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Die Standard-, Superior- oder Deluxe-Zimmer sind zwischen 45 und 90 m² groß. Sie verfügen über ein oder zwei Schlafzimmer sowie Bad, Küche und Wohnzimmer und bieten insgesamt 49 Betten. Das größte Apartment ist in das Giebeldach integriert. © a2plus – A++

A++ Architecture zählt als international anerkannte Marke zur Arch Group, eine Organisation, die aus verschiedenen Unternehmen besteht. Das weltweit tätige Büro mit Hauptsitz in Lugano wird von den Architekten Carlo Colombo und Paolo Colombo geleitet und zeichnet sich durch einen multidisziplinären Ansatz aus, der es ihnen ermöglicht, von der Architektur über die Innenarchitektur bis hin zum Produktdesign zu arbeiten. Die Liebe zum Detail steht dabei immer im Vordergrund und macht auch die Seele von „The Base“ aus. Die Innenräume zeichnen sich durch ein minimalistisches und elegantes Design aus, bei dem wieder einmal Holz die Hauptrolle spielt. Es wurde sowohl für Möbel als auch für Boden- und Deckenverkleidungen verwendet. „Dieses warme Material, kombiniert mit neutralen Farben in Weiß-, Grau- und Schwarztönen, trägt dazu bei, eine intime und einladende Atmosphäre zu schaffen. Sie steht in Harmonie mit der Berglandschaft von Andermatt. Die raumhohen Fenster lassen ein Maximum an Tageslicht in die Innenräume und bieten den Gästen – zusammen mit den großen Terrassen – einen eindrucksvollen Blick auf das Alpenpanorama“, resümieren die Architekten.

Projektdaten

Standort: Andermatt
Bauherr: Source Procurement SA
Fertigstellung: 2020
Architektur: A++ Human Sustainable Architecture
Holzbau: Rubner Holzbau
Holzmengen: Fassadenelemente: ca. 750 m², Dachelemente: ca. 300 m², Brettschichtholz: ca. 15 m³, Brettsperrholz: ca. 200 m³