wienwood 25: Holzbau prägt Wiens Zukunft

Ein Artikel von Birgit Gruber | 19.09.2025 - 11:30

Zum 20-jährigen Jubiläum der Auszeichnung würdigte die hochkarätige Jury herausragende Holzbauten, die zwischen Juni 2021 und Juni 2025 in Wien fertiggestellt wurden. Insgesamt gingen 36 Projekte ins Rennen, vier davon wurden als Preisträger ausgezeichnet, hinzu kamen ein Sonderpreis und drei Anerkennungen. Die mit insgesamt 15.000 € dotierte Auszeichnung wurde von proHolz Austria in Kooperation mit der Stadt Wien und mit Unterstützung der Wiener Städtischen Versicherung vergeben. Ziel des Preises ist es, das Bewusstsein für die gestalterischen, technologischen und ökologischen Qualitäten des Baustoffs Holz zu stärken und gleichzeitig Bauherren, Architekten, ausführende Firmen sowie Entscheidungsträger auszuzeichnen.

Holz als klimafreundlicher Baustoff

In Zeiten der Klimakrise gewinnt Holz als nachwachsendes, CO₂-bindendes Material zunehmend an Bedeutung. Holzbauten wirken langfristig als Kohlenstoffspeicher und ersetzen emissionsintensive Materialien wie Beton oder Stahl. Damit tragen sie wie ein „zweiter Wald“ in der Stadt zur Entlastung des Klimas bei. Richard Stralz, Obmann von proHolz Austria, betonte: „Die prämierten Projekte des wienwood 25 demonstrieren eindrucksvoll, wie vielseitig und hochwertig Holz heute bei unterschiedlichsten Bauaufgaben in der Stadt eingesetzt wird. Der klimapositive Baustoff Holz bietet auch künftig enormes Potenzial für urbane Räume – insbesondere im systematischen, großvolumigen Bauen sowie bei Aufstockungen und Nachverdichtungen.“

Jury beeindruckt von Vielfalt und Qualität

Die Fachjury – bestehend aus Arno Ritter (aut. architektur und tirol, Vorsitz), Markus Lackner (Tragwerksplaner), Sylvia Polleres (Holzforschung Austria) und Astrid Staufer (Architektin, TU Wien) – sichtete die Einreichungen im Rahmen einer zweitägigen Tour durch die Stadt. „Die prämierten Bauten zeigen, dass der Einsatz von Holz im urbanen Kontext immer selbstverständlicher wird – nicht nur als Fassadenmaterial, sondern auch als konstruktiver Baustoff,“ erklärte Juryvorsitzender Arno Ritter. „Besonders positiv fiel uns auf, dass die öffentliche Hand aktiv den Holzbau in unterschiedlichen Bereichen ermöglicht und mit sehr hoher Qualität umsetzt.“

Die Juroren hoben hervor, dass Holz nicht nur in kleinteiligen Projekten überzeugt, sondern auch bei großen Wohnkomplexen oder sogar einem Klinikneubau. Zudem werde Holz zunehmend in Kombination mit Lehm oder alternativen Materialien eingesetzt, was den Innovationscharakter verstärke. Die prämierten Projekte des wienwood 25 sind automatisch für den Österreichischen Staatspreis Holzbau nominiert, der 2026 erstmals vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft sowie proHolz Austria verliehen wird. Im Anschluss finden Sie die prämierten Projekte:

Villa Minimale

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© proHolz Austria / Bruno Klomfar

Standort: Kleingartenverein Michaelerwiese, 1170 Wien
Bauherr:
privat
Architektur:
Clemens Kirsch Architektur
Tragwerksplanung: Zotter Litschauer 
Holzbau: Pichler & Biringer
Fertigstellung: 2023

Dieses Kleingartenhaus am Rande des Wienerwalds bietet auf einer Grundfläche von 35 m2 einen überraschend großzügigen Wohnraum für eine vierköpfige Familie. Der Name des Hauses Villa Minimale ist dabei Programm, da der Architekt die strengen Regeln, denen der Bau Wiener Kleingartenhäuser unterliegt, nicht als Einschränkung, sondern als Entwurfschance gesehen hat. Unter einem mehrfach gefalteten Pultdach gruppieren sich vier gleich große Holzboxen windmühlenartig um ein zentrales, zweigeschossiges Atrium. Im Zentrum des Wohnraums steht der Esstisch. Im oberen Geschoss führt der Weg um das kreisrunde Atrium, das zum Kommunizieren von oben nach unten und umgekehrt einlädt, zu den drei Schlafkojen, in denen jeweils nicht mehr als eine Matratze Platz hat. Dach und Wände des Gartenhauses sind aus Brettsperrholzlatten, die innen mit weiß lasierten Sperrholzplatten aus Seekiefer bekleidet sind. Außen schützt eine hinterlüftete Fassade aus unterschiedlich breiten Lärchenholzlatten die Holzkonstruktion. Inspiriert von Palladios Villa Rotonda und dem freien Grundriss von Rudolph M. Schindler steht das Kleingartenhaus für ein architektonisches Denkmodell, das in Zukunft auch auf kleinstem Raum Großzügigkeit und wohnliche Atmosphäre verspricht.

Rudolf-Steiner-Schule Wien-Mauer

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© proHolz Austria / Bruno Klomfar

Standort: Endresstraße 113, 1230 Wien
Bauherr: Rudolf Steiner Schulverein
Architektur: Dietrich Untertrifaller Architekten, Andi Breuss
Tragwerksplanung: Holzbau KPZT
Holzbau: Handler Bau
Fertigstellung: 2024

Der Schulbetrieb der Rudolf Steiner-Schule im Wiener Stadtteil Mauer ist auf zwei einander gegenüberliegende historische Baukörper aufgeteilt, von denen einer, ein ehemaliges Herrenhaus, nun teilweise rückgebaut und durch einen Erweiterungsbau ergänzt wurde. Ganz im Sinne der Waldorfpädagogik kamen dabei überwiegend natürliche Baustoffe wie Lehm und Holz zum Einsatz, die insbesondere im Inneren ihre räumliche Wirkung entfalten: Die Innenwände wurden mit Lehmputz oder Lehmbauplatten ausgeführt, wobei für den Lehmputz die vor Ort ausgehobene Erde verwendet werden konnte. Das Volumen des Neubaus wird mit dem Altbau durch ein neues, alles überspannendes Dach formal vereint. Die neu geschaffenen Klassen- und Horträume befinden sich im ersten Obergeschoss und sind über offene Laubengänge direkt mit dem Garten verbunden. Besonders bemerkenswert ist das Tragwerk der halb in die Erde eingegrabenen Turnhalle. Auf der Sporthalle sind Klassenräume angeordnet, deren Zwischenwand die Hallenträger in ihrer Mitte belastet. Durch eine statische Kopplung der verleimten Rippenplattendecke über der Turnhalle mit der ebenfalls verleimten und über 16 m spannenden Hohlkastendecke über den Klassenräumen werden die beiden Deckensysteme durch die Mittelwand im Obergeschoss zug- und druckfest miteinander verbunden – eine innovative, nicht alltägliche Lösung.

Trainingsschwimmhalle Großfeldsiedlung

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illiz architektur ©  proHolz Austria / Bruno Klomfar

Standort: Oswald-Redlich-Straße 44, 1210 Wien
Bauherr: Stadt Wien – Bäder
Architektur: ARGE illiz Wien/Zürich
Tragwerksplanung: Plantec Dr. Christian Rehbichler
Holzbau: Holzbau Ratten
Fertigstellung: 2024

Im Zuge der Bäderstrategie 2030 werden in Wien mehrere baugleiche Bäder aus den frühen 1980er Jahren saniert und erweitert – darunter auch das Bad in der Großfeldsiedlung im 21. Bezirk. Die Stadt wünschte sich ein prototypisches Konzept in ökologischer Bauweise, mit dem auch andere Schwimmbäder erweitert werden können. Schon von außen hebt sich der Neubau mit seiner Fassade aus senkrechten Holzlatten, einem Rankgerüst, dem vollflächig verglasten Obergeschoss und der auskragenden hölzernen Dachscheibe deutlich vom Bestand ab. Zwei Brücken verbinden das alte mit dem neuen Bad. Die neue Schwimmhalle besticht als lichtdurchfluteter, fast 6 m hoher Raum. Die unglaublich angenehme Atmosphäre wird bestimmt von einem schlanken Holztragwerk und den geschosshohen Verglasungen, vor denen einige alte Bäume stehen. Das Holztragwerk wurde aus Brettschichtholzstützen, weitspannenden Brettschichtholzträgern und einem Dach aus Brettsperrholz errichtet, was einen stimmigen Gesamteindruck vermittelt. Mit dem gleichen Konzept wie in der Großfeldsiedlung wird derzeit auch das Schwimmbad in Wien-Simmering erweitert. Diese Art der Transformation von bestehenden Schwimmbädern in Holzbauweise kann aus Sicht der Jury in der Stadt Wien weiter Schule machen.

Woody – M

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© proHolz Austria / Bruno Klomfar

Standort: Tivoligasse 11/Geschwister-Spitzer-Weg 2, 1120 Wien
Bauherr: Palmers Immobilien
Architektur: Freimüller Söllinger Architektur
Tragwerksplanung: RWT plus
Holzbau: Handler Bau/Holz Meissnitzer
Fertigstellung: 2022

Mitten im dichten 12. Wiener Gemeindebezirk steht eine Wohnanlage aus Holz mit insgesamt 85 frei finanzierten Mietwohnungen auf einem durchgehenden mineralischen Sockel, in dem ein großer Supermarkt, Lagerflächen und eine Tiefgarage Platz finden. Die städtebauliche Setzung ist überzeugend. Die vier quer zur umgebenden zeilenartigen Bebauung stehenden Wohnbauten versperren den Nachbarn nicht die Sicht, sondern eröffnen neue Blickachsen. Die fünf- und sechsgeschossigen Wohnhäuser sind in Brettsperrholzbauweise errichtet, die mit aussteifenden vorgestellten Balkonen sowie Laubengängen aus Betonfertigteilen verbunden sind. Die Wohnungen verfügen über holzsichtige Decken und eine angenehme Raumhöhe von 2,7 m. Um Material zu sparen, variiert die Deckenstärke je nach statischer Anforderung. Die Fassadengestaltung greift innovative Brandschutzlösungen auf: Anstelle klassischer auskragender Bleche als Geschosstrennung sorgen vorstehende Fensterschürzen für die erforderliche Brandschutzmaßnahme. Es ist ein pragmatischer Wohnbau, der aufzeigt, welche Qualitäten eine Nachverdichtung mit Holz mit sich bringen kann. Mit seiner unbehandelten Lärchenfassade erzeugt der Holzbau im innerstädtischen Kontext wie ein Diamant eine ganz neue Art der Anziehungskraft.

Sonderpreis: SchloR – Schöner Leben

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proHolz Austria / Bruno Klomfar

Standort: Rappachgasse 26, 1110 Wien
Bauherr: SchloR
Architektur: GABU Heindl Architektur
Tragwerksplanung: Gretl Salzer Tragwerksplanung
Holzbau Betriebswohnbau: LOPAS Holzbau
Holzbau TRAP Center for contemporary circus and the art of movement: Hödl Ingenieurholzbau
Fertigstellung: 2025

SchloR ist ein kollektives Betriebs- und Wohngemeinschaftsprojekt. Nach dem Prinzip des deutschen Mietshäuser Syndikats erwarb eine Gruppe dieses Grundstück, erneuerte die bestehende Zirkushalle, stockte das Werkstättengebäude auf und errichtete einen Wohntrakt in Holz-Lehm-Bauweise. Das Projekt SchloR wird nicht mit einem Sonderpreis ausgezeichnet, weil es Holz auf konstruktiv besonders innovative Weise verbaut. Im Gegenteil: Hier geht es um eine andere Art des Denkens, die die Zukunft des Wohnens und Bauens dezidiert selbst in die Hand nimmt. Ein großer Vorteil des Holzes, nämlich sein Potenzial für den Selbstbau, wird intelligent in die prozessualen Bahnen eines Kollektivs gelenkt, in denen sich Mitbestimmung und professionelle Gestaltung die Hand reichen. Gewürdigt werden also der Mut und das Engagement einer Gruppe, die in einem lebendigen Forschungslabor die Rahmenbedingungen unseres aktuellen Lebens und Wirkens hinterfragt. Mit fairen, kollaborativen und integrativen Methoden wird die handwerkliche Schönheit des Holzes wiederentdeckt und zukunftsfähig gemacht.

Quelle: proHolz Austria