Was hilft bei instabilen Holzpreisen? Teil 1: Verträge

Ein Artikel von Stefan Leitner, Reinhold Steinmaurer und Gregor Hohenecker | 08.11.2021 - 12:33
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Stefan Leitner, Bildung und Technik, holzbau austria © Alois Endl

Als Arbeitshilfe werden in dieser und der nächsten Ausgabe von holzbau austria Tipps und notwendiges Wissen zusammengestellt, wie man bauwirtschaftlich darauf reagieren kann. Diesmal liegt der Fokus auf dem Vertragswesen, also wie veränderliche Preise vereinbart werden können. In Teil 2 stehen Preisindizes und Warenkörbe im Mittelpunkt.

Empfehlung: veränderliche Preise vereinbaren

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© Reinhold Steinmaurer, Normenexperte, holzbau austria

Aufgrund der zumeist längeren Ausführungsfristen und des höheren Risikos werden bei größeren und öffentlichen Bauprojekten zwischen den Vertragspartnern auch im Holzbau häufig veränderliche Preise vereinbart. Wenn eine sogenannte Preisgleitung vereinbart wurde, können Veränderungen von Lohn- und Materialkosten in der Abrechnung berücksichtigt werden. Es ist daher insbesondere bei längerer Vertragsdauer und bei Unvorhersehbarkeit von Preisentwicklungen anzuraten, im Bauvertrag veränderliche Preise zu vereinbaren. Die Vorhersehbarkeit von Preisentwicklungen hängt von den gegebenen Lieferverträgen und alternativen Liefermöglichkeiten beziehungsweise der aktuellen Marktsituation ab.

Verträge mit Unternehmen: nach Norm 6 Monate fix

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Gregor Hohenecker, Referent Bundesinnung Holzbau © Fotostudio Staudigl

Grundsätzlich gelten bei Verträgen gemäß ÖNORM B 2110, ohne besondere Vereinbarung, Leistungen als zu Festpreisen abgeschlossen, wenn die Leistungsfrist unter 6 Monate ab Ende der Angebotsfrist beziehungsweise dem Datum des Angebots (wenn keine Angebotsfrist vorgesehen ist) beträgt. Für alle übrigen Leistungen können veränderliche Preise vertraglich vereinbart werden. Die Umrechnung veränderlicher Preise bedarf einer sogenannten Preisumrechnungsgrundlage. Das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW) stellt dazu die Baukostenveränderungen für diverse Baugewerbe beziehungsweise -gewerke (Arbeitskategorien) als branchenspezifische Indexwerte (Baukostenindizes) zur Verfügung.

Beispiel Preisanpassungsklausel bei Verträgen zwischen Unternehmen:

Die vereinbarten Preise sind veränderliche Preise. Die Umrechnung der Preise erfolgt gemäß ÖNORM B 2111, nach Preisanteilen Lohn und Sonstiges getrennt. Für den Preisanteil Sonstiges werden überdies die Preise der Leistungsgruppen gemäß LV getrennt umgerechnet. Als Preisumrechnungsgrundlage gelten die zugeordneten Sub-Indizes (Preisanteil Sonstiges) des Baukostenindex der Statistik Austria, Basis 2020=100. Preisumrechnungsgrundlage für den Preisanteil Lohn ist der Gesamtlohnindex des Baukostenindex der Statistik Austria, Basis 2020=100. Preisbasis ist das Ende der Angebotsfrist. (Quelle: WKO)

Wenn kein Vertrag nach ÖNORM B 2110 vorliegt und nichts anderes vereinbart wurde, sieht das ABGB (Allgemein Bürgerliches Gesetzbuch) Festpreise vor.

2 % Schwellenwert

In der ÖNORM B 2111 ist ein Schwellenwert von 2 % festgelegt. Erst wenn die Kostenveränderung den Schwellenwert erreicht, ist eine Preisumrechnung zulässig.

Verträge mit Konsumenten: mindestens 2 Monate fix

Für Leistungen, die in den ersten zwei Monaten nach Vertragsabschluss zu erbringen sind, schließt § 6 Abs 2 Z 4 KSchG jegliche Preiserhöhungen zugunsten des Unternehmers aus. Abweichende Regelungen müssten mit einem Verbraucher „im Einzelnen ausgehandelt“ werden. Die Beweislast dafür trifft den Auftragnehmer und ist in der Praxis schwer zu erbringen.

Beispiel Preisanpassungsklausel bei Verbraucherverträgen:

Für die innerhalb von zwei Monaten ab Vertragsabschluss vom Auftragnehmer zu erbringenden Leistungen sind die vereinbarten Preise Festpreise. Für die danach zu erbringenden Leistungen sind die vereinbarten Preise wertgesichert. Sie werden nach der Arbeitskategorie „Zimmerer“ des Baukostenindex der Statistik Austria, Basis 2020=100 getrennt nach Preisanteil „Lohn“ und „Sonstiges“ angepasst. Abrufbar sind die Werte auf www.preisumrechnung.at. Die Preise erhöhen oder vermindern sich in jenem Ausmaß, das der Veränderung des Index vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bis zu jenem Zeitpunkt, zu dem die Leistung frühestens abgerechnet werden darf, entspricht. Die derart angepassten Preise sind kaufmännisch auf ganze Cent-Beträge auf- oder abzurunden. Wird die mit dem Preis abgegoltene Leistung verspätet erbracht, findet für den Zeitraum der Verspätung keine Preisanpassung zugunsten des Auftragnehmers statt, außer der Auftraggeber hätte die Verspätung verschuldet. (Quelle: WKO, Voraussetzung dafür ist die Angabe der Preisanteile „Lohn“ und „Sonstiges“ im Vertrag)

Öffentliche Aufträge: veränderliche Preise

Nach dem Bundesvergabegesetz (§29, Abs.5 BVergG 2018) muss unter den folgenden Voraussetzungen zu veränderlichen Preisen ausgeschrieben, angeboten und zugeschlagen werden:

  • Preisbestimmende Kostenanteile mit starken Preisschwankungen (mehrere Prozente pro Monat)
  • Leistungen, die NICHT innerhalb von 12 Monaten nach Ende der Angebotsfrist erbracht werden (Der reduzierte 6-monatige Festpreiszeitraum der ÖNORM B 2110 gilt nur, wenn er im Leistungsvertrag vereinbart wurde.)
  • Unzumutbare Risiken durch langfristige Verträge

In einer Ausschreibung zu veränderlichen Preisen müssen Regeln für eine eindeutige Preisumrechnung festgelegt werden. Das ist beispielsweise durch Vereinbarung von einschlägigen Vertragsnormen möglich (z.B. ÖNORM B 2110 in Verbindung mit ÖNORM B 2111).

Eindeutige Preisumrechnung: Preisgrundlage, Preisbasis

Lt. ÖNORM B 2111 muss bei Verträgen mit veränderlichen Preisen eine Preisbasis vereinbart werden. Auf diesen Stichtag werden alle Preisumrechnungen bezogen. Die Umrechnung veränderlicher Preise bedarf einer Preisumrechnungsgrundlage. Grundlage der Preisumrechnung können Indizes (z.B. Baukostenindex), Preislisten, objektbezogene Warenkörbe und dergleichen sein. Es kann nur ein Wert pro Kalendermonat als Grundlage herangezogen werden.

Welche Indizes infrage kommen, wie sie gebildet werden und wer sie herausgibt, wird in Teil 2 in der nächsten Ausgabe von holzbau austria ausführlich behandelt.