Vom Sägewerk zum internationalen Holzbauplayer

Ein Artikel von Jakob Wassermann | 15.04.2025 - 07:45

Heute beschäftigt Blumer Lehmann 550 Mitarbeiter, verarbeitet am Erlenhof jährlich 175.000 fm Nadelholz und zeichnet sich neben seiner Tätigkeit im Holzmodul- und -elementbau für die Errichtung spektakulärer Holzbauwerke rund um den Globus verantwortlich. Kürzlich wurde das 150-jährige Jubiläum mit 550 Gästen aus Industrie, Wirtschaft und Politik ausgiebig gefeiert.

„Holz bleibt auch in Zukunft unsere Faszination. Es ist unser Fokus, bietet noch viel Potenzial und treibt uns an. Mit dem Bezug unseres neuen Hauptsitzes sind wir nun fast am Ende einer intensiven Investitionsphase“, sagt Geschäftsführerin Katharina Lehmann. 

Vom Sägewerk zum Holzbau

Den Grundstein der beeindruckenden wie bewegten Unternehmensgeschichte legte Leonhard Lehmann mit dem Kauf des Erlenhofes und dem Start des wasserbetriebenen Rundholzeinschnitts 1875. Wirtschaftlich erfolgreiche Jahre wurden durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs abrupt beendet und führten vorübergehend zum Stillstand des Sägewerks. 1927 richtete der gelernte Zimmerer Leonhard III. am Erlenhof eine Zimmerei ein und machte damit einen wichtigen Schritt in der Entwicklung hin zum Holzbauunternehmen.

Während des Zweiten Weltkriegs wird der Betrieb unter der Ägide von Martha Lehmann auf Sparflamme weitergeführt. Im Herbst 1945 entscheidet sich die Familie dazu, die bereits vor Kriegsbeginn an ihre Kapazitätsgrenzen gelangte Sägerei abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen. In den ersten Stock kommt eine Zimmerei.

Hochkonjunktur und Industrialisierung

Die 1960er-Jahre waren geprägt vom Wirtschaftsaufschwung der Nachkriegszeit und der dadurch florierenden Bauindustrie. Der Bau der Autobahn A1, welche die Schweiz in Ost-West-Richtung durchquert, führt beispielsweise zu Umsiedlungen und kurbelt damit den Bedarf nach landwirtschaftlichen Neubauten an. 1962 patentierte man die Schweizer Normscheune, bei der Bauteile bereits in Serie vorgefertigt wurden. Über 800 Normscheunen sollte Lehmann in den nächsten Jahrzehnten errichten.

Um der fehlenden Mechanisierung im Sägewerk Rechnung zu tragen, investierte man in diesem Jahrzehnt kräftig in den Maschinenpark. Die Abläng- und Sortieranlage am Rundholzplatz konnte ein einziger Arbeiter bedienen – ein Novum am Erlenhof, wo davor 80 % der Löhne für Transportarbeiten entfielen.

Erste Prestigeprojekte

Mit dem Säntispark, einem Freizeit- und Erlebnispark, in der Ostschweiz, realisiert Leonhard Lehmann in Zusammenarbeit mit einem Ingenieurholzbaubüro das erste Projekt, dessen Konstruktion sich nur wenige Holzbauer zugetraut hatten – es sollte der Start einer langen Liste an komplexen Holzbauprojekten rund um den Globus sein, die das Unternehmen im Laufe der nächsten Jahrzehnte umsetzen wird. Ein Meilenstein dafür dürfte auch die Investition in eine der ersten automatischen Abbundanlagen der Schweiz gewesen sein: eine Hundegger P8.

Als Leonhard Lehmann 1996 einen Schlaganfall erlitt, steht das Familienunternehmen erstmals vor der Frage, wie es weitergehen soll. Schließlich übernimmt die damals 24-jährige Wirtschaftsstudentin Katharina Lehmann die Verantwortung und leitet das Unternehmen fortan. Sie ist es auch, die durch die Übernahme der Blumer Elementtechnik auf einen Schlag viel Know-how und Fachkräfte im Elementbau auf den Erlenhof holt. 2000 kam es zum Zusammenschluss der beiden Unternehmen zu Blumer Lehmann.

Jahre des Wachstums

Nach Bränden im Hobel- und Pelletswerk 2003 beziehungsweise 2004 baut Blumer Lehmann seine Produktion sukzessive wieder auf. Durch laufende Investitionen in leistungsfähigere Technologien und die Erschließung neuer Geschäftsfelder wie dem Holzmodulbau sowie strategische Übernahmen schlägt Blumer Lehmann einen stetigen Wachstumskurs ein. 2008 arbeitet das Unternehmen erstmals mit dem japanischen Stararchitekten Shigeru Ban zusammen, der einige Jahre später den spektakulären, raupenförmigen Swatch-Hauptsitz in Biel/CH entwarf. Ein Gebäude, dessen Konstruktion aus 4481 individuellen Trägerelementen enorm hohe Anforderungen an die Produktion, Logistik und Montage von Blumer Lehmann stellte.

Noch lange nicht genug

Dass sich Blumer Lehmann nicht auf vergangenen Erfolgen ausruht, hat das Unternehmen vielfach bewiesen. Auch heute wird stetig in den Stammsitz in Gossau sowie die Produktionen in Deutschland investiert. Am Erlenhof bezog man vor wenigen Monaten ein modernes Bürogebäude samt spektakulärem Atrium. Für den Entwurf des Atriums des fünfgeschossigen Hauptgebäudes, das neben Büroräumlichkeiten auch einen Veranstaltungsraum sowie die Kantine beherbergt, arbeitete man mit dem Institut für Computerbasiertes Entwerfen an der Universität Stuttgart zusammen. Die gebogenen BSP-Elemente, die dabei zum Einsatz kamen, sollen nun für künftige Anwendungen weiterentwickelt und international zugelassen werden. Darüber hinaus gingen in der jüngeren Vergangenheit ein neues Hochregallager für das Schnittholz, eine Sortier- und eine Keilzinkenanlage in Betrieb. Neue Hallen bieten mehr Kapazitäten für die Element- und Modulproduktion im Holzbau. Im kommenden Jahr soll zudem eine BSP- und BSH-Produktion in Betrieb genommen werden. In Steinau an der Straße/DE entsteht ein neuer Produktionsstandort für Holzelemente und -module, der die bisherige Produktion in Großenlüder/DE ersetzen wird.