Weil ich keine Ruhe gebe

Ein Artikel von Kathrin Lanz | 04.03.2020 - 13:29
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Rudolf Rosenstatter, Vorsitzender der Kooperationsplattform Forst Holz Papier (FHP) © Andreas Hauch

Vorerst zu Österreich: Im aktuellen Regierungsprogramm findet sich der Punkt „Forcierung des Holzbaus und ökologischer Baumaterialien“. Das ist eine Premiere. Was heißt das für Sie?

Ich würde die Verschriftlichung dieser Ziele als bisher größten Erfolg sehen. Das gibt es in ganz Europa nicht. Von allein ging das natürlich nicht. Gemeinsam mit unseren Partnern waren wir ständig unterwegs, um Minister sowie den Bundeskanzler immer wieder auf das Thema Holz zu stoßen. Lippenbekenntnisse waren schnell erreicht. An den Punkten im Regierungsprogramm erkennt man aber nun: Wir erreichen Ziele, wenn sich verschiedene Organisationen und Repräsentanten der gesamten Wertschöpfungskette zusammentun. Damit haben wir ein Fundament für unser aller künftige Arbeit geschaffen.

Wie stark findet sich der Holzbau in Ihren täglichen Ambitionen verankert?

Uns als FHP ist wichtig, dass wir im Sektor für nachwachsende Rohstoffe den Holzbau als Spitze der Wertschöpfungskette positionieren. Einzelkämpfer braucht es hier nicht. Wenn jeder für sich ginge – sprich der Holzbau-Meister, der Sägewerks- oder der Waldbesitzer –, dann würden wir uns nicht dasselbe Gehör verschaffen können. Effekte erzielen wir durch die gemeinsame Dimension in Österreich [300.000 Einkommensbezieher in Österreich, Anm. d. Red.] sowie durch unsere Beständigkeit, immer wieder die Vorteile von Holz hervorzukehren – ob es fachliche, wirtschaftliche oder emotionale sind.

Die Grundlage ist geschaffen. Was erwarten Sie nun von der Koalition?

Ich erwarte, dass sich die Rahmenbedingungen für den Holzbau verbessern. Aber der nächste Schritt wird abermals nur passieren, wenn wir keine Ruhe geben. Von selbst passiert nichts. Deshalb ist das geschlossene Bild nach außen so wichtig – von den 150.000 waldbesitzenden Familien bis hin zu den Holzbau-Meistern Österreichs. Argumente von Arbeitsplatzsicherung bis Klimaschutz gilt es, als ständige Botschaften zu leben.

Inwiefern möchte FHP dahin gehend unterstützend als auch fordernd agieren?

Wir erarbeiten derzeit eine Sektorstrategie – diese steht vor dem Finale. Mit dieser wollen wir klarmachen, dass wir in vielen Bereichen Luft nach oben haben und vorrangig vermitteln: Holzbau ist Klimaschutz. Wir hoffen, dass wir durch fachliche Argumente von der Regierung beauftragt werden, in Zukunft mehr Holz zu verwenden. Oder noch besser, dass die Gesellschaft uns durch die Regierung beauftragt. Man muss nämlich auch die Bevölkerung mit im Boot haben. Dafür braucht man nicht nur Fakten. Die Menschen wollen emotional abgeholt werden. Und das alles gründet auf dem Regierungsprogramm, das die Weichen für all das stellt.

Neben der Anpassung der Baunormen steht auch die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand festgeschrieben. Soll man Kindergärten oder Schulen überhaupt noch konventionell bauen dürfen?

Eine Planwirtschaft wollen wir nicht! Brauchen wir auch nicht. Unsere Argumente sind sowieso unschlagbar. Ganz wichtig ist mir – neben den Leuchtturmprojekten in Holz – der soziale mehrgeschossige Wohnbau. Hier passiert die große Bausubstanz in den nächsten Jahren. Die Gesellschaft hat im Moment nicht die Möglichkeit, aus freier Entscheidung in Holz zu wohnen. Wir brauchen den Holzbau für die breite Masse. Die Regierung soll Rahmenbedingungen schaffen, dass es so lukrativ ist, mehrgeschossig in Holz zu bauen, dass man gar nicht mehr daran vorbeikommt.

Was passiert am Land im öffentlichen Bau?

Oft gibt es die Situation, dass die Hälfte der Gemeinderäte Probleme in einem Holzbau sieht, die andere große Chancen. Gelingt es, die Entscheider von einem Fachberater von proHolz informieren zu lassen, ist die Stimmung meistens gleich sehr pro Holzbau. Zusätzlich werden dann Exkursionen organisiert und spätestens beim Heimfahren ist es entschieden: Es wird in Holz gebaut. Und dafür kann ich den Holzbauern jeden Tag danken – für diese sichtbaren Botschaften.

Nun zur globaleren Sicht: Die EU hat das Positionspapier „Green Deal“ präsentiert. Was bedeutet das?

Hier schließt sich der Kreis. Wir spüren den Rückenwind aus Brüssel für den Umweltschutz. Wenn jetzt nichts passiert, wann dann? Denn ein Land alleine kann die Verantwortung nicht tragen. FHP fordert deshalb gemeinsam mit der Plattform Forst & Holz Deutschland in einer länderübergreifenden Erklärung, die nachhaltige Waldbewirtschaftung und Holznutzung stärker in das Klimaschutzkonzept für Europa einzubeziehen. Daran arbeiten wir auf Hochdruck. Und ich will die Forst- nicht von der Holzstrategie trennen. Ohne Bäume kann der Zimmerer nichts bauen. Österreich als Vorreiter kann mit dieser Taktik sicherlich weitere Länder beflügeln.

Zur Erreichung der Klimaziele führt kein Weg an der Forst- und Holzwirtschaft vorbei.

Stichwort CO2-Steuer: Egal, wie hoch sie kommt, wenn die energieintensiven Rohstoffe, wie Beton und Stahl, teurer werden, landet man auch preislich automatisch beim Holzbau.

Wie können die Zimmerer, die im Moment vor vielen Herausforderungen stehen, unterstützt werden?

Politische Rahmenbedingungen müssen Hürden aus dem Weg räumen. Es ist ja unglaublich, unter welchen Bedingungen man heute einen Betrieb zu führen hat. Hier muss man massiv diskutieren – über bürokratische und finanzielle Auflagen. Wichtige Punkte sind unter anderem auch die Schaffung eines Startkapitals für den Handwerksnachwuchs, Investitionen in das Forschungs- und Bildungsprogramm und die Anpassung von Bauordnungen. Das erwarte ich mir von der Koalition. Die schon erwähnte Sektorstrategie definiert klar und detailliert genau solcherlei Ziele.

Welche drei Punkte wollen Sie im November bei den diesjährigen Holzgesprächen als „bestens erledigt“ abhaken?

Die Gesellschaft wird immer intensiver nachfragen, woher unser Rohstoff kommt. Deshalb möchte ich das Ziel bis spätestens Herbst erreichen, dass die gesamte Branche das PEFC-Zertifikat gemeinsam trägt und unterstützt. Zweitens möchte ich die Geschlossenheit der Branche bei den Holzgesprächen sehen. Drittens wäre es der Höhepunkt, wenn ich die Forst- und Holzstrategie im Europäischen Parlament präsentieren könnte – ausgehend von der bemerkenswerten Initiative Österreichs.