Peter und Paula gehen in die nächste Runde

Ein Artikel von Birgit Gruber | 20.09.2021 - 11:11
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© diameter

Die kreisförmig aufgestellten Fichtenstämme in Andelsbuch trugen 2018 den Namen „Peter und Paula“ und verwiesen auf die Kirche St. Peter und Paul. Der Künstler und Architekt Roventa wollte damit zwei Fragestellungen in den Raum werfen. Einerseits „Wie fühlt sich Gleichstellung für mich an?” und andererseits „Wie zeigt sich die Würde des Menschen?” Für die Errichtung von „Peter und Paula“ hat er bewusst Baumstämme verwendet: „Es gibt keinen anderen Baustoff auf der Welt, der diese Dimensionen erreichen und eine Leistung wie hier erbringen kann“, sagte Roventa gegenüber holzbau austria damals. Kurz vor Weihnachten fuhren dann die schweren Geräte auf und die zwölf, jeweils 4 t schweren Baumstämme wurden in Fünfmeterstücke gesägt und abtransportiert. „Ich wollte das Holz eigentlich an die Gemeindebürger als Brennholz verschenken, doch irgendwie zeigte niemand Interesse. So ist in mir der Gedanke im Sinne der Nachhaltigkeit entstanden, die Stämme für ein neues Kunstprojekt weiterzuverwenden“, erzählt Roventa und spielt damit auf „round72“ an.

„round72“ am Bregenzer Bodenseeufer

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© NV

Der mit seiner Familie in Dornbirn lebende Architekt und Künstler nennt es die Phase zwei, wonach eine dritte bereits geplant ist. Wie der Name hier schon vermuten lässt, handelt es sich um nunmehr 72 Stammsegmente die als markante Skulptur an prominenter Stelle neben dem Bregenzer Hafen installiert wurden. Es ist ein Plädoyer für die Bedeutung der Kunst in der öffentlichen Wahrnehmung, eine digitale Galerie und somit ein weltweit einsehbares Depot von Kunstwerken jeglicher Art. „Jeder Baum stellt eine der Künstlerinnen und Künstler dar, die eine Arbeit beigesteuert haben“, beschreibt Roventa das Konzept. Diese Idee einer an die Pandemie angepassten Präsentation von Kunst im öffentlichen Raum sei ihm während der Lockdowns im Coronajahr 2020 gekommen. „Mein neuestes Projekt ist eine lebendige, moderne Art der internationalen Kunstvermittlung“, freut sich Roventa, der sich auch gleichzeitig für die tatkräftige Unterstützung seiner Künstlerkollegen bedankt. Zu sehen sind diese auf der projekteigenen Homepage round72.com. Die Werbetrommel für seine Kunst rührte Roventa unter anderem auch über die Vorarlberger Straßenzeitung „marie“, ein Pendant zum Wiener „Augustin“. Jeder Baumstamm ist zudem mit einem QR-Code versehen, der ebenfalls nähere Auskunft über das Objekt oder Bild des jeweiligen Künstlers gibt.

Magische Zahlenspiele

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© M. Feuerstein

„Die Zahl 12 symbolisiert die Ganzheit des Tierkreises und die Zahl 6 die Vereinigung im Zeichen der Liebe. Diese 72 Stämme bilden in der Installation zwei konzentrische Kreise, die in der Mitte wieder als Essenzielles einen Raum der Leere bilden. In verschiedenen Kulturkreisen hat die Zahl 72 in Verbindung mit mystischen und magischen Vorstellungen eine wichtige zahlensymbolische Bedeutung“, erklärt Roventa, der sich gerne mit der Bedeutung von Zahlen beschäftigt. Der Platz in der Mitte des Baumkreises kann zudem für Kunstaufführungen genutzt werden. Beim Betreten des Innenraumes wird der Mensch Teil der Ausstellung. „Innen ist es still,“ zitiert der Architekturkünstler die Erfahrung im Baumkreis vom Bregenzer Bodenseeufer.

Es wird eine dritte Runde geben

Und es wäre nicht ein Angelo Roventa, der bereits mit seinem Konzept „elastic living“ eine neue Form des leistbaren und temporären Wohnens entwickelt hat (holzbau austria berichtete), wenn es nicht eine Fortsetzung von „round72“ gäbe. „Die Idee ist noch ganz jung“, gibt Roventa zu. Die Baumstämme sollen nämlich dann in 72 Jahren einer neuen Verwendung zugeführt werden. Phase drei des Projekts sieht vor, sie bis dahin in einer Kalkgrube einzugraben und zu konservieren. Es bleibt also spannend. Bevor die Baumstämme ihre nächste Reise antreten, können sie noch bis Ende des Jahres in der Bregenzer Seeanlage bestaunt beziehungsweise befühlt werden.