Sägen wir nicht an dem Ast, auf dem wir sitzen!

Ein Artikel von Tom Lechner | 15.11.2021 - 16:16
Portrait_TomLechner_MarkusRohrbacher.jpg

Architekt Tom Lechner © Markus Rohrbacher

Kommen wir aber nochmals zum Anfang der Geschichte. In der Vergangenheit spielte der Holzbau in der Bauwirtschaft eine unbeachtete Nebenrolle und war von einem schlechten Image geprägt. Neben vielen gesellschaftlichen Vorbehalten waren Barackenklima, Hellhörigkeit sowie das fehlende Vertrauen und Know-how im Brandfall die größten Kritikpunkte dieser vermeintlich „minderen“ Bauweise.

Dank der verantwortungsvollen und zielorientierten Zusammenarbeit vieler einzelner Idealisten in Kooperation mit Wirtschaft und Industrie konnte sich der moderne Holzbau nicht nur als Weiterentwicklung unserer baukulturellen Tradition, sondern auch als ernst zu nehmender Wirtschaftszweig etablieren. In Holz zu bauen, ist daher „State of the Art“ und die Aufgabenstellungen sind vielfältig. Vom privaten bis hin zu öffentlichen Bauprojekten hat sich Holz mit seinen Qualitäten behauptet – und das nicht nur mehr im ländlichen Raum, sondern weit darüber hinaus. Selbst im verdichteten, urbanen Kontext – Stichwort Nachverdichtung – beweist Holz seine Vorteile.

So weit, so gut – doch nun scheint das konstruktive Zusammenspiel zu stocken.

Die globale Entwicklung stellt unser Grundverständnis von sozial gerechter Marktwirtschaft – einer „Ökonomie der Menschlichkeit“ – auf eine harte Bewährungsprobe. So kommt es, dass unser heimischer Rohstoff Holz, das natürlichste Baumaterial vor unserer Haustür, aufgrund kurzfristiger Gewinnmaximierung über globale Wertschöpfungsketten am Weltmarkt zu überhöhten Preisen veräußert wird. Der volkswirtschaftliche Schaden ist enorm, der Imageverlust der heimischen Akteure (Betriebe/Handwerker) besiegelt. Wenige Gewinner – viele Verlierer.

Diese Entwicklung zeigt schmerzhaft, wie schnell die kontinuierlichen und konsequent erarbeitenden Erfolge aller von einigen wenigen aufs Spiel gesetzt werden können. Kehren wir daher heute wieder um – zu einer kooperativen Wirtschaft mit achtsamem sowie sorgfältigem Einsatz und Umgang mit unseren Lebensgütern und Ressourcen – denken wir wieder lokal anstatt global. Damit stärken wir nicht nur unsere eigenen Fähigkeiten und jene der nächsten Generationen, sondern profitieren wirtschaftlich morgen schon wieder davon.