Händler liefert mangelhafte Dachziegel

Ein Artikel von Dr. Bernd Haintz | 26.06.2019 - 17:16
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Dr. Bernd Haintz © Wirtschaftskammer Steiermark

Am Beginn dieser Höchstgerichtsentscheidung stand ein Rechtsstreit zwischen einem Dachdecker und dessen Auftraggeber. Bereits 14 Tage nach Begleichung der Rechnung wies nämlich Letzterer erneut darauf hin, dass es nach der Neueindeckung in das Gebäude hineinregne. Beim darauffolgenden Regenereignis machte sich der Geschäftsführer der Dachdeckerei selbst ein Bild von der Situation und stellte fest, dass das Wasser über die ganze Länge entlang des Unterdachs noch vor der Dachrinne herunterrann. Bereits hier vermutete der Dachdecker, dass das Problem bei den Ziegeln selbst lag. Der Baustoffhändler lehnte jedoch jede Verantwortung ab, vermutlich auch, da er in seinen eigenen Geschäftsbedingungen unter anderem nur eine eingeschränkte Gewährleistung gewährte.

Ungewöhnlich starker Wassereintritt

In Bezug auf den Dachziegel sollte später dann Folgendes im Urteil festgehalten werden: Der Flachdachziegel wies eine Schwachstelle auf, die dazu führte, dass es zu einem ungewöhnlich starken Wassereintritt kam. Die Normvorschriften in Bezug auf Unterdächer mit Flachdachziegeldeckungen zeigen zwar, dass mit Wassereintritt in das Unterdach gerechnet werden muss, das Ausmaß des Wassereintritts bei diesem Bauvorhaben aber zu intensiv war. Dies sei aber bei nur optischer Kontrolle des Ziegels durch den Händler bzw. Verarbeiter nicht erkennbar und der Sachverständige hielt fest, dass bei (branchen)üblicher Sorgfalt der Fehler nicht aufgefallen wäre. Es konnte auch  nicht festgestellt werden, ob dem Händler vor der Bestellung der Klägerin Probleme mit dem Ziegelmodell bekannt waren.

Dachdecker verlor ersten Prozess

Der Dachdecker verlor seinen ersten Prozess gegen den Bauherrn und forderte rund 32.000 € vom Händler zurück – Kosten, die ihm im Rahmen der Prozessführung inklusive der Abschlagszahlung an den Bauherrn entstanden waren. Das Gericht teilte den eingeklagten Betrag in die Kosten für mangelhafte Dachziegel (ca. 4500 €) und den Mangelfolgeschaden (also Werklohn der Verbesserung und Prozesskosten). Ein Mangelfolgeschaden kann aber im Rahmen der verschuldensunabhängigen Gewährleistung unter Unternehmern nicht geltend gemacht werden. Nur im Rahmen des Schadenersatzes, wo zusätzlich ein vorwerfbares Fehlverhalten des Händlers gegeben sein muss, kann dies geschuldet sein. Da aber festgehalten wurde, dass es dieses Fehlverhalten des Händlers nicht gab – weder hätte ihm der Fehler des Ziegels auffallen müssen, noch gab es zuvor nachweislich Reklamationen anderer Kunden – müsste er lediglich maximal den Wert der neuen Ziegel als Gewährleistungsanspruch ersetzen. Erfolglos verwies der Händler der Ziegel darauf, dass er die Gewährleistung in seinen AGB, etwa bei der Frist, eingeschränkt hatte. Denn der Oberste Gerichtshof verneinte die Geltung der Geschäftsbedingungen, da bei der telefonischen Bestellung der Ziegel diese nicht Thema waren und der Hinweis auf einem Lieferschein allein nicht ausreichend war, da dieser erst nach Abschluss des Vertrages erfolgte. Nur ausnahmsweise könnte von einer stillschweigenden Zustimmung ausgegangen werden, hier war das laut Gericht allerdings nicht der Fall.