Welten einen

Ein Artikel von Kathrin Lanz | 15.07.2019 - 10:49
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Johannes Niedermeyer und Reinhold Steinmaurer (v. li.) sorgen als Vertreter der Technischen Kommission der TCE unter anderem für die Steigerung der Gleichberechtigung des Baustoffes Holz in Normen und die Vernetzung länderspezifischer Regelwerke.

Ziel der Technischen Kommission von TCE ist es, eine praxisgerechte Gestaltung der europäischen Normen und insbesondere auch Regelungsvereinfachungen bei den CE-Kennzeichnungen zu erreichen. Wo liegen die größten Herausforderungen in Bezug auf europäische Regelwerke im Holzbau?

Reinhold Steinmaurer: Die größte Herausforderung besteht darin, dass wir es in den einzelnen Ländern mit sehr unterschiedlichen Ausbildungsniveaus zu tun haben – nicht nur, was die Ausführung betrifft, sondern auch auf der Planungsseite. In Zentraleuropa herrscht diesbezüglich ein hohes Niveau, da sollte man nicht mit der Regelungstiefe übertreiben. Andere Länder benötigen genau diese Vertiefung.

Johannes Niedermeyer: Teilweise prallen da wirklich Welten aufeinander. Timber Construction Europe versteht sich als effizientes Netzwerk, das die Spanne von Best Practice bis Worst Case über Grenzen hinweg im Blick hat und sich zum Ziel setzt, den Austausch und das Wissen zu koordinieren, um so überall eine gleichermaßen hohe Ausführungsqualität sicherzustellen.

RS: Diese Vernetzung betrifft nicht nur die Holzbaubranche für sich allein, sondern bezieht sowohl die Hersteller als auch die Forst- und Sägeindustrie sowie politische Interessen mit ein.

Theoretisch klingt das gut – wie gelingt die praktische Umsetzung?

JN: Durch ständigen Austausch und regelmäßige Treffen, durch Einigung auf bestimmte gemeinsame Positionen und vereinte Durchsetzung in den verschiedenen Gremien. Von den nationalen Interessenvertretungen gemeinsam erarbeitete Bildungsinitiativen spielen dabei eine essenzielle Rolle.

Ausbildung ist Innovationsbestrebungen immanent. Wo liegen darüber hinaus die größten Knackpunkte?

JN: Hier ist sicherlich die Überarbeitung des Eurocode 5 zu nennen. Dabei sind die schon angesprochenen Grundsätze für die Ausführung und eine etwaige Kontrolle derselbigen wichtig. Weiters ist zu erwähnen, dass in der EN15804 nun eine Kennzahl unter Berücksichtigung der CO2-Speicherung aufgenommen werden soll. Das ist ein wesentlicher Erfolg der TCE. Damit haben wir den für uns wichtigsten Punkt durchgebracht.

Wie ist die Einwirkung auf europäische Regelwerke national organisiert?

RS: Zu europäischen Normen können nationale Festlegungen, nationale Erläuterungen und nationale Ergänzungen erstellt werden. Festlegungen und Ergänzungen aber nur dann, wenn eine europäische Norm diesen Spielraum zulässt. Deshalb ist es so wichtig, dass man international mitmischt. So haben wir die Möglichkeit, Normen frühzeitig zu beeinflussen und können damit nationalen Mehrwert schaffen. Denn es dauert Jahre, durch Versäumnisse entstandene Probleme zu korrigieren.

Was ändert sich durch TCE-Bemühungen für den einzelnen Betrieb?

JN: In europäischen Normungsgremien werden Normen erarbeitet, die jeden unserer Betriebe betreffen. Daher ist es so wichtig für uns, die fachliche Kompetenz der Holzbauer einzubringen. Idealerweise entstehen am Ende Normen und Standards, die nicht für die Industrie geschrieben, sondern überschaubar und praxistauglich für jeden Holzbauer anwendbar sind, solange er ordentlich arbeitet.

Was ist Timber Construction Europe?

Das ist der europäische Dachverband des Zimmerer- und Holzbaugewerbes und die politische Vertretung der Klein- und Mittelbetriebe in Europa. TCE setzt sich für ein übersichtliches, transparentes und anwendbares Normenwerk im Sinne der Anwender in den Unternehmen und Planungsbüros ein. Ein direkter Einfluss im Sinne des handwerklichen Holzbaus wird in folgenden europäischen Normengremien durch von TCE ernannte Experten verfolgt:

CEN TC 124 Holzbau
CEN TC 127 Brandschutz
CEN TC 126 Schallschutz
CEN TC 175 Treppenbau (WG 5)
CEN TC 250 EUROCODE 5 (SC 5) Holzbau
CEN TC 350 Nachhaltigkeit
CEN TC 351 Gefährliche Stoffe (Innenraumklima)

Die Koordination der Normenaktivitäten erfolgt über die Kommission Technik. Ziel ist es, praxisgerechtere Normen durch Koordination und Bündelung der nationalen Interessen auf der europäischen Ebene zu fördern.