Holzoberflächentag geht in die Tiefe

Ein Artikel von Ulrike Knaus | 24.09.2019 - 14:18

Lack zur Selbstheilung

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Dr. Albert Rössler © Ulrike Knaus

Warum sind selbstreparierende Lacke auch für den Holzbereich notwendig? Ein Grund wäre Hagelresistenz. Hagel verursacht Risse im Lack, dadurch kann Feuchtigkeit eindringen. So könnte beispielsweise der Abbau des Holzes eines Fensters seinen Beginn nehmen. Die Lösung: selbstheilender Lack für den Innen- und Außenbereich. Dr. Albert Rössler von der Adler-Werk Lackfabrik stellte zwei unterschiedliche Technologien dazu vor: Bei der ersten werden Mikrokapseln (extrinsischer Effekt) in die Lackschicht eingebaut. Die zweite funktioniert aufgrund von Wechselwirkungen der Bindungen (H-Brücken, Chemische Bindungen – intrinsischer Effekt) mithilfe des Reflow-Effektes (viskoelastisches Fließen). Letzterer findet derzeit schon Anwendung im Automobilsektor. Rössler forscht an der Technologie zum Einsatz von Mikrokapseln. Als erste Schwierigkeit nannte er die Notwendigkeit, die Kapseln mit flüssigem Kern herzustellen. Das Prinzip: Bei einem Riss im Lack bricht die Kapsel auf und die Flüssigkeit (Epoxidharz) tritt aus und erhärtet. Dadurch wird das Eindringen von Wasser in das Holz verhindert. Die Reflow-Technologie ist bei Kratzern im Möbelbereich für stumpfmatte Pigmentlacke gut geeignet. Kleine Kratzer und Beschädigungen gleichen sich nach einer gewissen Zeit einfach von selbst aus und sind kaum noch sichtbar.

Neue UV-Lack-Generation

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Klaus Bauer © Ulrike Knaus

Bekanntlich ist ein Matt-Effekt bei Lasuren eher schwierig zu erzielen. Klaus Bauer von Scheucher Holzindustrie stellte einen neuen UV-Lack vor. Das Produkt befindet sich derzeit noch in der Testphase und besteht aus sieben Lackschichten. Der Mattlack wird geschlossenporig auf das Holz aufgetragen und verfügt über ideale Oberflächeneigenschaften (höhere Chemikalienbeständigkeit, erhöhte Kratzbeständigkeit) sowie Anti-Fingerprint-Funktion und eine Soft-Touch-Oberfläche. Erreicht wird dies durch die sogenannte Excimer-Technologie. Diese verursacht durch extrem starke Lichtanregung eine Mikrofaltung an der noch flüssigen Oberfläche des Lackes. Um die Qualität zu verbessern, wird im Raum der Lackieranlage Stickstoff anstatt Sauerstoff verwendet. Das bewirkt, dass die Radikale mit dem UV-Licht reagieren können und der Lack besser aushärten kann. Bauer ist sich sicher, dass die Zukunft bei Parkettböden und der UV-Lackierung in der Excimer-Technologie liegt.

Leindotter für Langlebigkeit und Werterhalt

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Dr. Stephan Ottens © Ulrike Knaus

„Nachwachsend ist nicht gleich nachhaltig“, konstatierte Dr. Stephan Ottens, DAW-Entwicklungsleiter für Innenbeschichtungen. Holzlasuren und -lacke auf Basis von Leindotter seien aber beides. Als wichtiger Baustein dieser Forschung gilt die Nutzung nachwachsender Rohstoffe – gerade für die Langlebigkeit und den Werterhalt von Hölzern. Zu diesem Zweck hat die DAW-Gruppe hochwertige Lasuren und Holzöle entwickelt, die auf der Leindotter-Pflanze als einem besonders nachhaltigen Rohstoff basieren. Aus Leindotteröl werden Lasuren mit und ohne Filmbinder hergestellt. Tests zeigen, dass diese ebenso witterungsbeständig sind wie vergleichbare konventionelle Produkte. Das Projekt wurde in Deutschland mit dem Greentec Award 2018 und von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DNGB) 2019 ausgezeichnet. Leindotter steht auf der roten Liste der bedrohten einheimischen Nutzpflanzen. Sein großer Vorteil ist, dass ein Mischfruchtanbau mit Erbsen gemeinsam erfolgen kann. Dadurch entsteht für die Landwirte ein Mehrertrag, da unter anderem weniger Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden müssen. Leindotter und Erbsen können gleichzeitig geerntet und aufgrund der unterschiedlichen Größe voneinander getrennt werden. Derzeit läuft begleitend eine wissenschaftliche Studie zur Biodiversität. Die Ackerflächen befinden sich in Norddeutschland und haben derzeit eine Größe von 200 ha. Bis 2022 sollen die Flächen auf 1000 ha erweitert werden.

Holz von innen betrachtet

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Dr. Gerhard Grüll © Ulrike Knaus

Der Schirmherr der Veranstaltung, Dr. Gerhard Grüll, führte in die Anatomie des Holzes ein. Durch den unterschiedlichen Aufbau der einzelnen Holzarten ist es eigentlich ganz offensichtlich: Holz ist ein hydrophiles Material, was den richtigen Lackschichtaufbau und die Vorbereitung für die individuelle Beschichtung unerlässlich macht. Grüll ging weiter der Frage nach, wie die perfekte Beschichtung nun aussehen muss. Grundsätzlich gilt: Eine gute Vorbereitung ist der Ausgangspunkt für eine langlebige Holzbeschichtung.