Ein Fenstereinbau und seine langwierigen Folgen

Ein Artikel von Dr. Bernd Haintz | 03.08.2020 - 10:00
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Dr. Bernd Haintz © Wirtschaftskammer Steiermark

2008 kam es in Tirol zu einem Vertrag über die Lieferung und den Einbau von Dachflächen- und vertikalen Fenstern. Bereits zwei Jahre danach traten erste Wassereintritte auf. Es stellte sich heraus, dass der Einbau der vertikalen Fenster unter den Dachflächenfenstern weder den Empfehlungen des Herstellers entsprach, noch gemäß der einschlägigen technischen ÖNORM erfolgte, die laut ständiger Judikatur – unabhängig davon, ob vereinbart oder nicht – als zu beachtende Regel der Technik gilt. Die Dachflächenfenster hätten höher gesetzt werden müssen, was auf den Fensterbauer zurückfiel. Im Außenbereich war keine Bauanschlussfuge gegeben, es wurde keine Bauanschlussfolie verwendet, eine vollständige Fugenfüllung mit Dämmstoff zwischen Säule und dem vertikalen Fensterelement fehlte. Bei den Dachflächenfenstern war der gesamte Fensterrahmen und ein Teilbereich unterhalb des Fensterrahmens nicht gedämmt, was bei einem fachgerechten Einbau gewährleistet hätte sein müssen. Dieses Gutachten stellte ein Hochfest für die bestellten Sachverständigen dar, die dennoch massiv von der beklagten Seite in die Kritik genommen wurden („mangelnde Qualität“, „fehlende Sachkenntnisse“, „unrichtige Begutachtung“). Eine Abberufung der zwei Sachverständigen erfolgte jedoch nicht. Trotz vehementem Druck war sich der Bauleiter keiner Schuld bewusst und es kam zu keiner Mängelbehebung.

2013 die Schadensersatzklage

2013 wurde nach Ablauf der Gewährleistung eine Schadensersatzklage eingebracht. Eingeklagte Schadenssumme:  mehr als 30.000 €, die sich im Laufe des Prozesses auf über 35.000 € steigerte. Begründung dafür war, dass die Kläger Anspruch auf die Sanierungskosten in jenem Umfang begehrten, der auch unter anderem das Höhersetzen der Dachflächenfenster („Stockaufdoppelung“) umfasse. Jede andere Sanierungsvariante bliebe mangelhaft, so der Anwalt der Kläger. Weiters müssten die Sanierungskosten auch die Kosten für den allenfalls notwendig werdenden Austausch beziehungsweise die Neuanschaffung der Fenster beinhalten. Es könnte bei der Sanierung zu Beschädigungen kommen –  ob das der Fall sein würde, war  vorab nicht zu sagen. Man wollte als Bauherr nicht selbst das volle Kostenrisiko  tragen, falls sich im Zuge der Sanierungsarbeiten herausstellen sollte, dass sich die Fenster nicht ohne Beschädigung ausbauen ließen.

Was meinte die Gegenseite?

Quasi selbst schuld, denn die Kläger hätten ja nach Abschluss der Fenstereinbauarbeiten einen (nicht ausgebildeten) Spengler beigezogen, von dem sie vom überstehenden Lagerholz bei den Dachflächenkombinationsfenstern erfahren hätten. Mit dieser Warnung hätten die Auftraggeber gar nicht mehr weiterbauen lassen dürfen, so der ausführende Betrieb. Da zum damaligen Zeitpunkt die Fassade noch nicht angebracht gewesen sei, wäre der Schaden bei Null gelegen. Damit wäre die Schadenminderungspflicht der Hauseigentümer missachtet worden, brachte der Beklagte vor. Denn der Geschädigte müsse alles tun, um das Schadensausmaß so gering wie möglich zu halten. Zusätzlich hätte der Spengler die Kläger auch hinsichtlich der Dachflächenfenster warnen müssen, was aber nicht passierte. Nur was hätte dies geändert, war doch der Fensterbauer zwei Mal vor Ort, ohne Mängel festzustellen und ohne einen Handgriff zur Verbesserung zu setzen. Also wurde diesem Argument gerichtlich nicht stattgegeben, weil ein Erfolg ausgeblieben wäre, hätten sich die Kläger zwecks Sanierung nochmals an den Fensterbauer gewandt. Der Handwerksbetrieb war weiterhin nicht einsichtig. Der OGH dürfte auch dessen Anwalt und sein Vorgehen im Prozess nicht besonders geschätzt haben. Dieser legte laut Höchstrichter eine 282 (!) seitige Schrift vor, in der er sich laufend wiederholte und Punkte vorbrachte, die schon längst geklärt und in den Unterinstanzen entschieden waren.

Offen blieb in der Letztinstanz schließlich nur noch die Frage des allfälligen Austausches der Fenster – dass saniert werden muss, stand mittlerweile schon in den Vorinstanzen außer Frage und wurde vom OGH auch so übernommen. Doch was passiert, wenn die Fenster beim Ausbau tatsächlich beschädigt und gegen neue ersetzt werden müssen? Eine Sanierung war ja auch nach elf Jahren noch nicht durchgeführt worden. Dies konnte vorab nicht gesagt werden, sodass die knapp 11.000 € für neue Fenster (noch) nicht im Urteil zugesprochen wurden.