190 Teilnehmer in Bad Ischl

Ein Artikel von Kathrin Lanz | 10.11.2022 - 11:18
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Siegfried Fritz, Bundesinnungsmeister Holzbau © Holzforschung Austria

Bundesinnungsmeister Holzbau, Siegfried Fritz und Baumeister Thomas Weiß vom Österreichischen Fertighausverband leiteten die Veranstaltung ein. Die Quintessenz der Begrüßung des Bundesinnungsmeisters äußerte er in einer Aufforderung: „Wir müssen Kräfte bündeln, anstatt gegeneinander zu arbeiten!“ In diesem Sinn eröffnete Christof Weissenseer, Geschäftsführer von Weissenseer Holz-System-Bau, die Vortragsreihe. Von sich reden machte das Kärntner Unternehmen mit Bauten, wie dem Studentenwohnheim „Mineroom“ im steirischen Leoben oder dem Baugruppen-Wohnbauprojekt „B.R.O.T“ im niederösterreichischen Pressbaum. Seine Stärken spielt Weissenseer vorzugsweise ab der Gebäudeklasse 5 und im Bau von Hybriden aus.

Einfach in den Hinterhof gesetzt

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Christof Weissenseer, GF Weissenseer Holz-System-Bau © Kathrin Lanz

Vor allem in Berlin kam es in den vergangenen Jahren zu einigen Aufträgen. Jüngst setzte der Kärntner vier Vier- bis Siebengeschosser in einen Berliner Hinterhof. „Für Lückenbebauungen wie diese ist der Holzbau prädestiniert“, konstatiert Weissenseer, der dieses Projekt, wie andere auch, als Generalunternehmer abwickelte. „Unsere Arbeit vor Ort geht auf der von uns so bezeichneten ‚Montagebaustelle‘ in klimaneutraler Ausführung vonstatten. Digitalisierung, Automatisierung und Vorfertigung sind dafür wesentliche Grundvoraussetzungen.“

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Volles Haus in Bad Ischl: Die Holzforschung Austria durfte sich über 190 Teilnehmern bei der diesjährigen Ausgabe der Holz_Haus_Tage freuen. © Holzforschung Austria

Mannschaftssport aus dem Holzbau machen

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Bernd Höfferl, proHolz Austria © Kathrin Lanz

Bernd Höfferl, seines Zeichens Holzbaufachberater im Dienste von proHolz Austria, schloss mit dem aufmerksamkeitserregenden Vortragstitel „Brauchen wir Timber-Tinder?“ an. Vorweg die Erkenntnis: Ja, es scheint so. Aber Holzbau ist komplexer, als dass lediglich zwei Parteien zueinander finden müssten. Zwischen dem Interessenten, also Bauherrn, und dem Anbieter, also dem Holzbauunternehmer, tun sich mehrere Komponenten auf, die es zu berücksichtigen gilt. In welcher Gebäudeklasse wird gebaut? Wer zeichnet für die Architektur verantwortlich, wer für Bauphysik, Tragwerksplanung und TGA-Konzept? „Es geht darum, einen Mannschaftssport aus dem Holzbau zu machen. Und: Alle müssen das Instrument ‚Holzbau‘ beherrschen.“ Dazu brauche es Systematik und neue Regel für die Vergabe, weiß der Holzbauexperte aus seiner täglichen Arbeit. Das Wissen, dass ein siebengeschossiger Bürobau in der Planung nicht einfach durch die Skalierung eines Viergeschossers funktioniert – solcherlei Information müsse in die Breite getragen werden. Zum Anstieg des Holzbauanteils in Österreich merkte Höfferl an: „Wenn wir an eine Potenzierung im Ausmaß von Faktor 10 sprechen, schaffen wir das nicht, indem wir die Mittagspause durcharbeiten.“ Es müssten schnell Lösungen her.

Wie Holzbaukompetenz einbringen?

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Manfred Stieglmeier, FH Salzburg © Kathrin Lanz

Dass der Holzbau stetig mehr Marktanteil gewinnt, steht außer Zweifel. Den Schub, den die ökologische Bauweise in den vergangenen 20 Jahren erfahren habe, passierte vor allem durch die Vorfertigung, ist Manfred Stieglmeier, Professor an der Fachhochschule Salzburg, überzeugt. „Dieser Schub erfordert neue Prämissen“, erklärte Stieglmeier. „Wir müssen die Holzbaukompetenz vor der Werkstattplanung einbringen“, stieß er in ein vielgeblasenes Horn. Der Weg ist klar, aber wie kommen wir dahin? Mit dem Hintergrundwissen zum abgeschlossenen Forschungsprojekt „Lean Wood“ schlug er zwei Strategien vor: Entweder man bringt die Ausschreibung und Vergabe weiter nach vorne, um die Holzbaukompetenz von Anfang an mit an Bord zu haben. Oder man schafft Wissen in der Planung, indem man einen Holzbauingenieur mit ins Team holt. Details zum 700-Seiten-Forschungsbericht gibt es in einer Broschüre „Optimierte Planungsprozesse für Gebäude in vorgefertigter Holzbauweise“, kostenlos unter leanwood.eu erhältlich.

Norm führt immer wieder zu Rechtsstreitigkeiten

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Sylvia Polleres, HFA-Veranstaltungsleiterin © Holzforschung Austria

Sylvia Polleres, HFA-Veranstaltungsleiterin, wartete mit einem „Update Holzbau“ auf und sprach über die neuesten Entwicklungen in der Normung. Beispielsweise wäre die aktuell gültige ÖNORM B 3694 – Planung von Abdichtungen in Innenräumen, Feuchteschutz im Gebäudeinneren für „Auftraggeber, Planer und Ausführende höchst unzufriedenstellend“, sagte Polleres. „Die Bestimmungen haben sich in der Praxis nicht bewährt und führen immer wieder zu Diskussionen, Rechtsstreitigkeiten und mitunter zu handwerklich nicht umsetzbaren sowie wirtschaftlich nicht vertretbaren Details.“ Deshalb wurde zu Beginn des Jahres eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die sich zum Ziel gesetzt hat, eine gewerkübergreifende Planungsnorm zu Abdichtungen in Innenräumen – Feuchteschutz im Gebäudeinneren – zu entwerfen.

Sicherheitsdokumente parat haben

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Reinhold Steinmaurer, holzbau austria © Holzforschung Austria

Reinhold Steinmaurer, ebenfalls in der Normung tätig und bei holzbau austria engagiert, erläuterte in seinem Vortrag „Sicherheitsdokumente im Einfamilienhausbau“ die wesentlichen Arbeitnehmerschutzvorschriften für sichere Baustellen. Aus der Praxis als Sachverständiger erzählte er: „Ich habe Hunderte Baustellen gesehen, manchmal drei oder vier am Tag. Glauben Sie mir, ich weiß, was fehlt.“ Praxisnah erläuterte Steinmaurer neben den wichtigen Sicherheitsmaßnahmen einfache Mittel, um für den Arbeitsinspektor die erforderlichen Nachweisdokumente parat zu haben. meta_wissen_holzbau bietet hierzu vielfältige Unterstützung. Unter dem Reiter „Arbeitssicherheit“ findet sich beispielsweise das Formular für die Grundevaluierung der Baustelle.

Schnee von gestern?

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Engelbert Schrempf, holzbau austria © Holzforschung Austria

Engelbert Schrempf, einer der holzbau austria-Geschäftsführer, widmete sich der neuen Schneelastnorm für Österreich. Seit 1955 sind jene in der ÖNORM B 4000-4 mit dem Titel „Berechnung und Ausführung der Tragwerke – Schnee- und Eislasten, Allgemeine Grundlagen“ geregelt.

Das Forschungsprojekt „Schneelast.Reform“ bringt nun neue Erkenntnisse und führte zu völlig überarbeiteten Schneelastkarten für Österreich. Die Ergebnisse beruhen auf der Grundlage von Wetteraufzeichnungen von etwa 900 Wetterstationen über einen Zeitraum von 30 Jahren und können ab sofort unter hora.gv.at abgerufen werden.