Was darf ein Bauleiter beauftragen?

Ein Artikel von Dr. Bernd Haintz | 01.05.2023 - 09:21

Bei diesen Fragen handelt es sicch um mehrere Rechtsfragen, die – wieder einmal – Inhalt eines Höchsturteils waren. Spannend auch deswegen, weil in all diesen Fragen immer der konkrete Einzelfall und die dabei auftretenden Umstände zählen.

Ein Auftragnehmer klagte die Zahlung des restlichen Werklohns von 36.000 € für Baumeisterarbeiten, die er für den Beklagten erbracht hatte, ein. Unter anderem ging es hier um Zusatzleistungen, die laut Kläger vom Bauleiter des Auftraggebers beauftragt worden waren. Demgegenüber stand das Vorbringen, dass die Zusatzaufträge nicht wirksam erteilt waren. Außerdem wäre die vermeintlich zu geringe Schlusszahlung auch  nicht – wie von der B2110 gefordert – entsprechend reklamiert worden. 

Nur Bauleiter auf Baustelle präsent

Das Argument, warum die Zusatzaufträge nicht rechtskonform erteilt worden wären, gründet auf der Behauptung, dass der eigene Bauleiter dies nicht hätte tun dürfen. Konnte aber nicht der ausführende Auftragnehmer davon ausgehen, dass der Bauleiter innerhalb seiner Kompetenzen agiert? Gibt es dafür einen „äußeren Tatbestand“ wie im ABGB gefordert? Liegt somit eine sogenannte „Anscheinsvollmacht“ vor? Zwar wurde der Vertrag direkt mit dem Geschäftsführer des Auftraggebers abgeschlossen, jedoch war dieser in weiterer Folge auf der Baustelle über eine Bauzeit von einem Jahr nie präsent. Jede Baubesprechung wurde vom Bauleiter wahrgenommen. Er blieb die einzige Ansprechperson, insbesondere auch bei Abänderungen und Zusatzarbeiten. Als Dokumentation wurden Zusatzaufträge dem Bauleiter via E-Mail kommuniziert. Schließlich war auch bei der Besprechung bezüglich der Uneinigkeit bei der Schlussrechnungssumme wieder (nur) der Bauleiter Gesprächspartner. Nie kam hier ein Einwand seines Unternehmens bezüglich einer Unzuständigkeit. Somit klarer Punkt laut OGH für die klagende Baufirma, dass nämlich der Bauleiter gemeinsam mit „seinem“ Unternehmen den Anschein erweckte, im Rahmen seiner Kompetenz zu handeln. 

Weiterer Anknüpfungspunkt war das vereinbarte Schriftlichkeitsgebot und dessen Missachtung für die Erteilung solcher Zusatzarbeiten. Nein, wieder Fehlanzeige, weil man augenscheinlich beidseitig einvernehmlich davon abgegangen ist, so das Gericht. 

Letzter Punkt

Wurde auf die zu geringe Zahlung gemäß ÖNORM korrekt reagiert? Vorab – ja, hat man. Die hier vereinbarte B 2110 hält nämlich fest, dass die geleistete Zahlung anerkannt wird, wenn nicht binnen drei Monaten nach Erhalt dieser Zahlung ein Vorbehalt schriftlich erhoben wird. Der Vorbehalt ist schriftlich zu begründen. Begründet ist diese Regelung damit, dass möglichst rasch Klarheit geschaffen wird. Ohne diese Bestimmung könnte nämlich innerhalb der dreijährigen (!) Verjährungsfrist der Fehlbetrag nachgefordert werden. Doch auch mit dieser Behauptung kam der beklagte Auftraggeber nicht durch. Der Beklagte sandte dem Kläger nämlich das Korrekturblatt zur Schlussrechnung mit der handschriftlich korrigierten Schlussrechnung. Am nächsten Tag teilte der Kläger mit, dass die Rechnungskorrektur zur Schlussrechnung aufgrund der fehlenden Unterlagen weder prüfbar noch nachvollziehbar sei und die getätigten Abstriche nicht akzeptiert würden. Wenige Tage später erfolgte die Überweisung des vom Beklagten korrigierten Schlussrechnungsbetrags. Unmittelbar danach fand eine Besprechung zur Schlussrechnung statt, die zu keiner Einigung führte. Somit teilte der Kläger schriftlich mit, den getätigten Abstrich nicht anzuerkennen und ihn nachzufordern. Schließlich fand eine weitere Besprechung zur Abklärung der Abstriche statt, bei der anhand einer Liste der nicht anerkannten Abstriche festgelegt wurde, welche Positionen vom  Beklagten (durch den Bauleiter) anerkannt wurden, abzuklären verblieben oder einvernehmlich nicht verrechnet werden sollten. Da die Liste jeweils eine Erklärung des Klägers für die Nichtakzeptanz der Abstriche enthielt, ist hier laut Höchstrichtern auch nicht von einem unbegründeten Vorbehalt auszugehen. 

Die Haltung des Klägers bezüglich der vorbehaltenen Ansprüche war damit offensichtlich. Der Prozess wurde letztendlich in der letzten Instanz auf allen Ebenen gewonnen.