Zusage einer Eigenschaft – und dann doch nicht?

Ein Artikel von Bernd Haintz | 27.11.2023 - 08:17
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Dr. Bernd Haintz © Wirtschaftskammer Steiermark

Die Gewährleistung ist die Haftung dafür, dass eine Sache zum Zeitpunkt der Übergabe die vereinbarten oder gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften besitzt. Also gibt es hier zwei Ebenen. Was ist ausdrücklich vereinbart – etwa eine Fassade in einem bestimmten Farbton – und was kann man „normalerweise“ von einem Werk, einer Sache erwarten – zum Beispiel, dass ein Dach dicht zu sein hat. Zweiteres muss nicht vorgegeben oder vertraglich festgelegt werden, um Geltung zu entfalten. Wie so viele Bestimmungen des ABGB (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch) ist aber die Gewährleistung abänderbar oder sogar gänzlich ausschließbar.

So kam es zu einem Prozess im Zusammenhang mit einem Wohnungskauf, der in sich widersprüchlich war. Dabei wurde zugesagt, dass es sich um eine neuwertige Wohnung handle. Wörtlich war im Maklerexposé festgehalten: „Wohnung in einem sehr guten Zustand.“ Im Vertrag selbst fand sich folgender Passus: „Die Käufer haben den Vertragsgegenstand vor Vertragsunterfertigung eingehend besichtigt und kennen daher dessen Art, Lage und äußere Beschaffenheit. Die Übergabe und Übernahme des Kaufgegenstandes erfolgen im bestehenden tatsächlichen Zustand desselben ohne Haftung des Verkäufers für einen bestimmten Bau- oder Erhaltungszustand des Objektes [...] oder eine sonstige bestimmte tatsächliche Eigenschaft oder Beschaffenheit der Liegenschaft.“ Hier liegt also der Gegensatz, einerseits im Vorfeld etwas zugesagt zu haben, andererseits im Vertrag dies nicht zu erwähnen und dann noch einen Haftungsausschluss mit Bezug auf die Besichtigung zu übernehmen. Nach dem Kauf stellte sich heraus, dass ein Schrankraum bei der Errichtung zu gering gedämmt worden war und dort auch eine Wärmebrücke bestand, weswegen ein massiver Schimmelbefall hinter einem Kasten auftrat. Die Schimmelfreiheit dieses Raums konnte  aufgrund dieser Baumängel auch durch häufiges Lüften nicht sichergestellt werden.

Der vertragliche Gewährleistungsausschluss war hier rechtlich möglich, da sich zwei Verbraucher als Vertragspartner gegenüberstanden. Wäre nämlich der Verkäufer Unternehmer, würde das Konsumentenschutzgesetz greifen. Dieses lässt aber buchstäblich – mit einer Ausnahme bei gebrauchten Sachen – keinen Millimeter Spielraum bezüglich einer Einschränkung gegenüber dem Konsumenten.

Der OGH verwies auf seine bisherige Rechtsprechung und verneinte einen Haftungsausschluss.  Das Höchstgericht nahm in zahlreichen Entscheidungen in zuvor ähnlich gelagerten Fällen bereits an, dass die jeweilige Vertragsbestimmung nur die Gewährleistung für solche Mängel ausschließe, die für den Käufer bei einer sorgfältigen Besichtigung erkennbar gewesen wären. Dies folgt daraus, dass der Haftungsausschluss jeweils mit dem Hinweis auf den dem Käufer bekannten Zustand der Liegenschaft erfolgte. Auch dass ein bestimmter, nämlich sehr guter Zustand, vorab hier zugesagt wurde, konnte den Käufer in Sicherheit wiegen. Daher war auch nicht anzunehmen, dass geheime Mängel vorliegen mussten. Zudem wurde festgehalten, dass solche Ausschlussklauseln nur sehr einschränkend auszulegen sind, soll heißen, nur sehr vorsichtig zurückhaltend interpretiert werden dürfen. Der Wohnungsverkäufer verlor den Prozess.

Worauf hier nicht eingegangen wurde, dennoch Erwähnung finden sollte: Ein vertraglicher Gewährleistungsverzicht erstreckt sich nie auf arglistig verschwiegene (versteckte) Mängel. Diese wären dennoch aufgreifbar.