Stadt und Land mit Holzbau fluten

Ein Artikel von Birgit Gruber | 28.03.2024 - 08:28
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Die Veranstaltung von holzbau austria lockte 130 Interessierte in die Firmenzentrale des Büromöbelherstellers Blaha. © Birgit Gruber

Kreative Köpfe brauchen kreative Orte – das weiß man auch beim Büromöbelhersteller Blaha in Korneuburg. Auf 3500 m2 Fläche präsentiert man dort inspirierendes Büro- und Arbeitsplatzdesign. Der Schauplatz für die diesjährigen Fachgespräche wurde mit Bedacht gewählt. Denn gleichsam, wie man bei Blaha Räume mit Schönheit fluten will, zeigten die neun Referenten an diesem Nachmittag, wie man Stadt und Land mit eindrucksvollen und schönen Holzbauten fluten kann. Sechs Projekte wurden dabei vorgestellt. Begrüßt wurde das bis auf den letzten Platz gefüllte Auditorium von Dr. Matthias Ammann, Geschäftsführer Kommunikation und Strategie bei holzbau austria. Er bedankte sich bei allen Leistungspartner für die langjährige Unterstützung. Verbandspräsident und Holzbau-Meister Simon Kathrein freute sich auf einen Erfahrungsaustausch mit anwesenden Holzbauprofis.

Grünes Leuchtturmprojekt mitten in Innsbruck

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Architekt Conrad Messner (l.) und Simon Wisler von Holzbau Saurer. © Birgit Gruber

Die Vortragsreihe wurde von Architekt Conrad Messner von DIN A4 Architektur aus Innsbruck gestartet. Gemeinsam mit Holzbau Saurer setzte man mitten im städtischen Gefüge der Tiroler Landeshauptstadt den Neubau für die Zentrale der Tiroler Versicherung um. Der Bauherr forderte vehement eine ökologische und nachhaltige Bauweise ein. „Das Konzept einer innerstädtischen Grüninsel sah einen Gartenbereich im offenen Hof vor, der über die vertikale Fassadenbepflanzung mit den abwechslungsreichen Grünflächen auf den Terrassen und Dächern verbunden ist. Eine wahre Herausforderung für den Brandschutz“, gab Messner offen zu. „Natürlich wollte man dieses Leuchtturmprojekt in der Stadt haben. Wäre dies mit unserem Konzept nicht möglich gewesen, hätte der Bauherr das Projekt sehr wahrscheinlich an einem anderen Standort außerhalb Innsbrucks errichtet“, weiß Messner. Holzbau Saurer war von Anfang an in die Planung integriert, Theurl lieferte die Massivholzelemente. „Kann ein Architekt einen Plan zeichnen, können wir ihn umsetzen“, erklärte Simon Wisler von Holzbau Saurer. Der Familienbetrieb in dritter Generation setzte dabei auf präzise Planung, hohe Vorfertigung, Mock ups der Wandelemente im Werk sowie aufwändige Brandversuche für die begrünte Fassade. Noch gibt es bis zum geplanten Einzug im Sommer 2024 viel zu tun, doch die Holzskelettstruktur ragt bereits in den Tiroler Himmel.

Von vielen Irritationen zur Holzbauinnovation

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Paul Heidenreich plante ein schwieriges Einfamilienhaus im niederösterreichischen Gedersdorf. © Birgit Gruber

Paul Heidenreich vom gleichnamigen Planungs- und Bauunternehmen in Wien schilderte von einem Wohnhausprojekt im niederösterreichischen Gedersdorf, das viel Mut und Ideenreichtum von ausführender Seite forderte. Bei einigen Besuchern der Fachgespräche stand vermutlich auch die Frage nach dem Sinn im Raum, da das Projekt von zahlreichen Störfaktoren und Hindernissen überschattet wurde. „Im Jahr 2002 hat Hochwasser die B35 vor dem Grundstück unterspült und Keller geflutet. Heute rauscht zweimal täglich zur Rushhour der Verkehr vorbei, rund 6000 Fahrzeuge pro Tag. Eine echte Herausforderung für alle Beteiligten“, berichtete Heidenreich. „Sollte eine Eigenheimidylle eigentlich nicht anders aussehen?“, fragte sich auch der Planer. Doch braucht es doch eigentlich mehr solcher Bauherren, die an bestehenden Bauplätzen festhalten, den Dorfkern erhalten und keine Grünfläche versiegeln! Die Lösung war ein geschlossener Baukörper in Holzbauweise mit aufwändiger Lärmschutzplanung, an dessen Außenwand Pflanzen ranken. Zusammen mit einem Laubengang ergab sich so eine lebendige Grüninsel, die dem Grau der täglichen Autokolonnen die Stirn bietet. Der Vortrag erntete deshalb auch viel Applaus.

Autark bis ins Fundament

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Johannes Zechmeister vom Projektentwickler Cadus aus Taiskirchen.

Wie man eine Firmenzentrale für ein visionäres Unternehmen baut, machte Baumeister Johannes Zechmeister vom Projektentwickler Cadus aus Taiskirchen deutlich. Die von ihm, in Kooperation mit Swietelsky und Weissenseer Holz-System-Bau, geplante „Free City“ im oberösterreichischen Freistadt verkörpert die Vision einer energieautarken und unabhängigen Zukunft. Dahinter steht das Energieunternehmen neoom. Zechmeister nahm die Zuhörer mit in die Entwurfsphase, in der fortschrittliche Integration von Statik und BIM genutzt wurde. Gemeinsam tauchte man dabei virtuell in die einzelnen Gebäudeschichten ein, um deren Aufbau besser zu verstehen. „Auf 6000 m2 entstand ein Bürogebäude der nächsten Generation. Auch, wenn wir bei der Mission des Bauherrn oft an unsere Grenzen gestoßen sind“, berichtete Zechmeister. „Die von den Photovoltaikanlagen erzeugte Energie wird zur Speisung der Heizungsanlage genutzt, was zu einer ganzjährigen energetischen Autarkie führt. Das Gebäude versorgt auch die Nachbarschaft mit grünem Strom.“ Mission gelungen.

Schwarzes Raumwunder zum Schnäppchenpreis

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Andreas Etzelsdorfer von Backraum Architektur und Christina Brunner von Velux. © Birgit Gruber

Mit Andreas Etzelsdorfer von Backraum Architektur reisten die Zuhörer zurück ins Jahr 2020. Damals begann die Geschichte von „Black Beauty“ in Bad Waltersdorf, östlich von Graz, als ein privater Bauherr beschloss, ein kosteneffizientes, innovatives und elegantes Holzhaus zu errichten. Die reinen Errichtungskosten für den rechteckigen Baukörper auf Stelzen belaufen sich nämlich auf „nur“ 300.000 € (netto und ohne Möblierung) – ein Schnäppchenpreis, „der allerdings auch dem tatkräftigen Mitanpacken des Bauherrn auf der Baustelle zu verdanken ist“, weiß Etzelsdorfer. Das Haus auf der steilen Parzelle hat Betonstützmauern für die extreme Hanglage, während der Rest als außenliegender Skelettbau konstruiert ist. Der einfache Grundriss bietet räumliche Komplexität, und die Vielzahl der Blickbezüge lässt die Wohnfläche größer erscheinen. Ein Spiel mit Hell und Dunkel sorgt im Inneren für Kontraste. Damit dies gelingen konnte, vertraute Etzelsdorfer wie so oft bei Bauvorhaben, auf die Expertise des Fensterherstellers Velux. Tageslichtexpertin Christina Brunner erklärte im Anschluss den richtigen Umgang mit dem „Daylight Visualizer“, einem kostenlosen Planungstool.

Neue Strategie soll Grenzen verschieben

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Daniel Vince von UBM (l.) und Bernd Gusinde von der Pfeifer Group. © Birgit Gruber

Lag der Fokus von UBM in der Vergangenheit fast ausschließlich auf dem Hotelbau, verfolgt das Unternehmen seit der Coronapandemie eine neue Strategie. Mit der Devise „green, smart and more“ will man der führende Holzbauentwickler Europas werden. Wie das gelingen soll, erklärte Daniel Vince. „Der osteuropäische Markt ist für uns sehr interessant, da der Holzbau dort noch echte Pionierarbeit braucht.“ Gemeinsam mit Elk Bau und Pfeifer setzte UBM in Prag laut Vince die ersten mehrgeschoßigen Wohngebäude aus Holz in der modernen Geschichte der tschechischen Hauptstadt um. Das Projekt „Timber Praha“ ist in den Wohnkomplex Arcus City eingegliedert und Teil des Expansionskurses des Fertighausanbieters. Zuerst wurde konventionell geplant. „Erst 2022 erfolgte der Entschluss zur Holzbauweise, die dann so rigoros ausfiel, dass drei von vier Wohnhäusern sogar über einen hölzernen Stiegenhauskern und Liftschacht verfügen.“ UBM Development Czechia habe sich auch aktiv an einer Gesetzesänderung beteiligt und bewirkt, dass Holzgebäude ab der Novelle bis zu einer Höhe von 22,5 m gebaut werden können. Technische sowie logistische Herausforderungen erläuterte im Anschluss Bernd Gusinde, technischer Vertriebsleiter bei Pfeifer. Er wies auch auf die Wichtigkeit eines Feuchteschutzmanagements bei derartigen Großprojekten hin.

Tradition währt am Längsten

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Doreen Rehmer-Jeitler sanierte für Dietrich | Untertrifaller Architekten aufwändig ein Hotel in der Salzburger Innenstadt. © Birgit Gruber

Die Geschichte des Hotels „Zum Hirschen“ in der Salzburger Elisabeth-Vorstadt reicht bis ins 16. Jahrhundert zurück. In der nunmehr elften Generation renovieren Katharina und Nikolaus Richter-Wallmann das Hotel. Doreen Rehmer-Jeitler war für Dietrich | Untertrifaller Architekten in das Projekt involviert und berichtete von einer behutsamen Kernsanierung des altehrwürdigen Hauses. Neben dem umgebauten Hotel mit 120 Zimmern entstand auch ein Neubau mit 42 Wohnungen und einer Tiefgarage. Mit viel Bildmaterial verdeutlichte Rehmer-Jeitler, wie die Architekten – maßgeblich am Projekt war auch Tom Lechner von LP Architektur beteiligt – bei der Entkernung des historischen Bestandes vorgingen. „Das alte Hotel erhielt nicht nur sein ursprüngliches Mansardendach zurück, es mussten Holztramdecken ausgetauscht und verstärkt werden. Trotzdem sind wir sehr behutsam mit dem Bestand umgegangen, so dass geschichtliche Räume, wie zum Beispiel der Speisesaal, erhalten werden konnten.“ Als planendes Unternehmen müsse man bei Bestandssanierungen flexibel auf Unvorhersehbares reagieren können, denn es verlaufe nicht alles nach Plan. Das Ergebnis werte Salzburg und vor allem diesen Stadtteil nicht nur städtebaulich auf, sondern sei auch ein Beispiel für sozial- und gesellschaftliche Verträglichkeit, wie beim Vortrag festgehalten wurde. Das neue alte Hotel wurde am 6. Dezember 2023 eröffnet.