Wettbewerb denkt Städtebau neu

Ein Artikel von Raphael Zeman | 17.06.2019 - 13:20
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Reinventing Cities fördert neue, ressourcenschonende Ansätze im Städtebau. © JAKOB + MACFARLANE ARCHITECTS / EDF SA

14 Städte – von Auckland über Rio de Janeiro bis Vancouver – sind dem Aufruf der C40 Cities Climate Leadership Group gefolgt und haben gemeinsam 31 ungenutzte Standorte ausgewählt, um diese städtebaulich zu entwickeln. Diese Flächen können Baulücken, Industriebrachen oder auch schwach ausgelastete Parkplätze sein – sogar ein ehemaliges Flughafengelände ist darunter.

Gemeinsam sind wir stark

Ganz gleich, ob Architekten, Künstler, Umweltschützer oder Nachbarschaftsinitiativen – bei „Reinventing Cities“ sollen sich bunte Teams bilden, die in weiterer Folge mit ihren Entwürfen um die jeweiligen Standorte konkurrieren. Den schlussendlichen Zuschlag vonseiten der Stadt bekommen dann jedoch nicht die kostengünstigsten Projekte, sondern jene, die möglichst CO2-neutral und energieeffizient agieren, nachhaltige Baustoffe verwenden und beispielsweise das Konzept der Kreislaufwirtschaft oder ein sinnvolles Wassermanagement mitdenken. Ein übergeordnetes Ziel des Wettbewerbes ist nämlich, als Flaggschiff für einen ökologischen Städtebau einzutreten. Die teilnehmenden Projekte sollen veranschaulichen, dass die Ansprüche von Architektur, Gesellschaft und Nachhaltigkeit vereinbar sind. Dafür ist die Zusammenarbeit von Politik und Privatwirtschaft maßgeblich.

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Ein gelungens Zusammenspiel von Alt und Neu, wo alle ihren Platz finden. © JAKOB + MACFARLANE ARCHITECTS / EDF SAEin gelungens Zusammenspiel von Alt und Neu, wo alle ihren Platz finden. © JAKOB + MACFARLANE ARCHITECTS / EDF SA

Pariser Industriebrache neu gedacht

Gleich zwei gelungene Konzepte – eines für Paris, das zweite für Reykjavik – trägt das Team rund um JAKOB + MACFARLANE ARCHITECTS zum Wettbewerb bei. Ihr erster Entwurf – Odyssee Pleyel – behandelt die Industriebrache Hall de décuvage Pleyel im Pariser Stadtviertel Saint-Denis. Das dortige Bestandsgebäude gilt als Zeitzeuge der industriellen Geschichte von Saint-Denis. Dementsprechend soll auf die Monumentalität (der Bau ist 24 m hoch und umfasst 1400 m2) Bezug genommen werden. Der Standort grenzt außerdem direkt an das Athletendorf der Olympischen Spiele 2024, liegt an einem Knotenpunkt vieler größerer städtebaulicher Projekte und soll eine eigene Haltestelle des Grand Paris Express bekommen. Die Erde, welche die Stadt beim Bau dieser Station aushebt, wollen die Architekten in der Umsetzung von Odyssee Pleyel wiederverwenden.

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Das Bestandsgebäude wird ressourcenschonend renoviert, während der neue Zubau ganz in Holz ist. © JAKOB + MACFARLANE ARCHITECTS / EDF SA

Der Entwurf beinhaltet einerseits die CO2-neutrale Renovierung des Bestandsgebäudes, in dem zukünftig umweltfreundliche Sport-, Kultur- und Kunstveranstaltungen angedacht sind. Andererseits konnte das Team mit einem neuen modularen Anbau ganz in Brettsperr- und Brettschichtholz überzeugen. Entscheidend war dabei auch, dass darin Räumlichkeiten für wissenschaftliche Workshops, Kooperationen mit lokalen Schulen und „Saubere-Energie-Startups“ Platz finden sollen. Dass dieser Zubau in Holz energieautark konzipiert ist, versteht sich dabei von selbst.

Größter Holzbau Islands

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In Reykjavik entsteht der größte Holzbau Islands. © JAKOB + MACFARLANE ARCHITECTS / T.Ark

Neben Paris konnten JAKOB+MACFARLANE ARCHITECTS auch in Reykjavík einen Standort ergattern. In Ártún, einer 9000 m2 großen, Industriebrache, wird das Projekt Living Landscapes realisiert – das CO2-neutrale Passivhaus wird überwiegend mit Brettsperrholz errichet und soll der größte Holzbau Islands werden. Die Baufläche besticht durch ihre gute Erreichbarkeit mit Rad und Bus und die Nähe zum Meer sowie zu grünen Erholungsräumen.

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Das neue Gebäude mit eigenem Ökosystem wird zu 75 % begrünt sein. © JAKOB + MACFARLANE ARCHITECTS / T.Ark

Das O-förmige Gebäude wird über ein eigenes Ökosystem verfügen: für 75 % der Anlage ist eine Begrünung mit indigenen Pflanzen sowie die Verwendung von regionalem Gestein vorgesehen. Um die Bewohner anzuregen, die großzügige Infrastruktur für Fuß- und Radverkehr zu nutzen, wird auf eine Tiefgarage verzichtet. Die Hälfte der dennoch geplanten Parkplätze ist Elektrofahrzeugen vorbehalten. Mit seinem Konzept der ökosystemischen Typologie wollen die Architekten ihren Entwurf als Prototyp für zukünftige Projekte in wachsenden Städten weltweit positionieren.

Quelle: JAKOB + MACFARLANE ARCHITECTS