Erst bei genauerem Hinsehen wird klar, dass es sich um einen Handwerksbetrieb handelt. Das einfache Volumen wird von Bäumen umrahmt, ein gepflegter Rasen, ein gepflasterter Vorplatz und ein markanter Kamin prägen das Bild. In seiner Größe und Ausstrahlung erinnert der Baukörper stark an ein Einfamilienhaus.
Es handelt sich aber um einen Ofenbaubetrieb, der kürzlich an die nächste Generation übergeben wurde. Mit der Übergabe des Unternehmens stellten sich viele Fragen: Was benötigt ein wachsender Handwerksbetrieb räumlich? Wie kann eine Weiterentwicklung im Bestand gelingen? Welche baulichen Eingriffe sind nötig, und wo liegen die Grenzen eines respektvollen Umgangs mit dem Vorhandenen?
Das Gebäude wurde in den 1990er-Jahren vom Architekten Hermann Kaufmann entworfen und in enger Zusammenarbeit mit dem Unternehmer realisiert. Das klare, einfache Volumen, die konsequente Holzbauweise und die durchdachte Setzung auf dem Grundstück machten das Gebäude zu einem besonderen Ort – sowohl funktional als auch gestalterisch. Dennoch stellte sich die Frage, wie dieser Bestand den heutigen und zukünftigen Anforderungen eines modernen Ofenbaubetriebs gerecht werden kann.
Frühzeitig wurde der Dialog mit der Planung gesucht, um mögliche Wege der Weiterentwicklung auszuloten. Die Optionen reichten von einer Standortverlagerung und einem Neubau bis hin zu einer Sanierung und Weiterentwicklung des Bestands. Letzteres erwies sich als die tragfähigste Lösung – nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht, sondern auch aus einer grundlegenden Haltung: den Bestand zu bewahren und weiterzuentwickeln.
Ein besonderes Augenmerk lag auf der Wahl der Materialien und deren Ausführung. Das verwendete Holz stammt vollständig aus dem eigenen Wald. Fichte und Buche wurden sowohl für die Fassade als auch für Möbel und Oberflächen im Innenraum eingesetzt und prägen das sanierte Bestandsgebäude. Alle neu eingebauten Elemente wurden mit der Anforderung entwickelt, dass sie sortenrein verwendet, geschraubt und somit wiederverwendet werden können. Ein Regalsystem, das diesen Grundgedanken verfolgte, wurde eigens für den Betrieb zusammen mit der Bauherrschaft, befreundeten Handwerkern und der Planung entwickelt und im gesamten Gebäude eingesetzt.
Zusätzlich wurde untersucht, welche Arbeiten betriebsintern erledigt werden können, und diese Überlegungen beeinflussten die Materialisierung im Innenraum. Diese Eigenbeteiligung stärkte nicht nur die Identifikation mit dem Projekt, sondern brachte auch wertvolles handwerkliches Know-how in die Umsetzung ein.
Der Bauherr, Unternehmer und Ofenbauer, sieht im Weiterbauen mit dem Bestand nicht nur eine ökonomische Entscheidung, sondern auch ein Statement. Der Respekt gegenüber dem Bestehenden, das Vertrauen in die eigene handwerkliche Kompetenz und das Bekenntnis zur regionalen Baukultur spiegeln sich in jedem Detail des sanierten Betriebes wider. Tradition und Gegenwart verbinden sich zu einer belastbaren Grundlage für die Zukunft des Unternehmens.
Projektdaten
Standort: Egg
Bauherrschaft: Ofenbau Voppichler
Ausführung: 2023–2024
Architektur: Nina Beck
Spengler: Dachdeckerei Rusch
Holzbau: Zimmerei Bischof
Eigenleistungen: Möbelelemente, geflieste Böden, Absturzsicherungen, Öfen Geschoßfläche: 268 m²