Kommandozentrale mit Symbolik

Ein Artikel von Birgit Gruber | 12.10.2020 - 09:40

In der Mühlviertler Ortschaft Puchenau sind nicht nur die Bäume im Gemeindewappen wichtige Symbolträger. Von den drei Buchen, die in einer Dreiecksform angeordnet sind, leitet sich auch der Name ab. Seit dem Vorjahr erfreut man sich dort eines geräumigen Multifunktionszentrums.

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In der oberösterreichischen Gemeinde Puchenau wurde im Mai 2019 ein Multifunktionszentrum eröffnet. In dem Holzgebäude sind die Polizei, die Feuerwehr und der örtliche Musikverein untergebracht. © Simon Bauer

Zu 100 % in Holz erbaut

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Auch in der Fahrzeughalle – Holz wohin das Auge reicht. © Simon Bauer

Der Holzbau wurde an einem Maiwochenende 2019 mit zahlreichen Ehrengästen aus Politik, Wirtschaft und den Einsatzorganisationen feierlich eingeweiht und macht seinem Namen seither alle Ehre. Auf rund 1276 m² sind Polizei, Feuerwehr und der örtliche Musikverein untergebracht. Die Neue Heimat OÖ hat als Generalübernehmer für den Neubau einen geladenen Architekturwettbewerb mit zehn Teilnehmern durchgeführt. Der Wunsch des Bauherrn nach einem nachhaltigen, zu 100 % aus Holz gebauten Zentrum am Rande der Gemeinde ging mit dem erstgereihten Wettbewerbsvorschlag in Erfüllung. Aus diesem Grund erhielt das Team des Architekturbüros „Two in a Box“ aus Ottensheim den Zuschlag für die Planung. „Das Multifunktionszentrum ist nicht nur technisch und funktionell, sondern auch in ökologischer Hinsicht ein Vorzeigeprojekt in der Region“, weiß Architekt Andreas Fiereder.

Symbol für baulichen Neubeginn

Das Gebäude ist für Puchenaus Bürgermeister Gerald Schimböck ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung – der Baum gilt dort als Symbolträger für ein neues bauliches Zeitalter. „Bauen mit Holz hat in unserer Region weniger Tradition als in anderen Gebieten Österreichs. Aus diesem Grund waren die späteren Nutzer des Gebäudes eigentlich auf einen klassischen Ziegel- beziehungsweise Betonbau eingestellt. Wir mussten sie erst mit viel Überzeugungsarbeit für die Idee Holzbau gewinnen“, erzählt Schimböck.

Fachexkursionen nach Tirol und Vorarlberg

Mit dem Ergebnis in der Wilheringerstraße sei man jedoch höchst zufrieden – von der Gemeinde als Bauträger über die freiwilligen und ehrenamtlichen Kräfte der Feuerwehr bis hin zu den Sicherheitsbeauftragten der Polizei Puchenau. Schimböck berichtet von interessanten Fachexkursionen nach Tirol und Vorarlberg, wo entsprechende Bauten ebenfalls zur Zufriedenheit aller Beteiligten umgesetzt wurden. Er persönlich steht dem Thema Holzbau seit vielen Jahren sehr offen und positiv gegenüber: „Neben dem Bau von Einfamilienhäusern beobachtete ich auch die Entwicklung von mehrgeschossigen Wohnbauten, wie zum Beispiel Seniorenzentren. Nachhaltigkeit und Raumklima sind für mich zentrale Argumente für den gesunden Baustoff. Gerade bei der Errichtung von Kommunalbauten ist eine rasche Umsetzung und Nutzbarkeit von großer Bedeutung. Auch in diesem Punkt kann der Holzbau seine Trümpfe voll ausspielen“, weiß der Ortschef.

Energieeffizienter Allrounder

Modern und ökologisch – so präsentiert sich der Neubau. Der Holzbau erfüllt alle Anforderungen an die ökologischen Planungsvorgaben und stellt aufgrund seiner Kompaktheit einen besonders energieeffizienten Gebäudetyp dar. Zusätzlich zur Wahl des Baustoffes tragen großzügige Dachflächen positiv zum ökologischen Fußabdruck bei. Dort befindet sich einerseits eine Photovoltaikanlage, der andere Teil wird für eine beispielhafte Begrünung genutzt, die das Regenwasser speichert und zeitverzögert abfließen lässt. Das gesamte Gebäude ist als reiner Holzbau auf einer Stahlbetonbodenplatte konzipiert. Aus wirtschaftlichen Gründen wurde hierfür eine Pfosten-Riegel-Konstruktion gewählt, die mit Dreischichtplatten aus Fichtenholz verkleidet wurde. Massivholzdecken im Betonverbund überspannen die Nebenräume der Feuerwehr im Erdgeschoss.

Schlauchturm und Liftschacht in Holz

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Neben dem 13 m hohen Schlauchturm konnte auch der gesamte Liftschacht mittels zweier Holzscheiben in Brettsperrholz ausgebildet werden. © Simon Bauer

„Die Ausführung der Fahrzeughalle mit dem 13 m hohen Schlauchturm in reiner Holzbauweise benötigte die meiste Überzeugungsarbeit bei den vielen freiwilligen Mitgliedern der Feuerwehr. Neben dem Schlauchturm konnte auch der gesamte Liftschacht mittels zweier Holzscheiben in Brettsperrholz ausgebildet werden“, weiß Fiereder. Als Treppe wurden Fertigteilelemente aus Sichtbeton gewählt. Sie liegen auf einer Geländerkonstruktion aus Stahl auf. Der Holzbau ist im Außenbereich durch eine lasierte Holzverkleidung und im Inneren durch den Einsatz von Sichtflächen in Weißtanne erlebbar. Neben Holz sorgt viel Glas für ein helles und freundliches Erscheinungsbild. „Bei der Verwendung von Holz sind die Faktoren Lebensqualität und Nachhaltigkeit unumstritten“, sind sich die Architekten sicher.

Ein Ort zum Wohlfühlen

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Das Probelokal des örtlichen Musikvereins besitzt dank der speziellen Holzinnenverkleidung eine hervorragende Akustik. © Simon Bauer

Alles, was sie entwerfen, muss einen guten Grund haben. Sie wollen Bauwerke so selbstverständlich wie möglich gestalten, Raum für gutes Leben und Arbeiten schaffen und den Menschen in den Mittelpunkt stellen. „Wir bringen die Funktion eines Bürogebäudes, die Wirtschaftlichkeit der Umsetzung und der Nutzung sowie die Gestaltung zusammen. Es soll technisch, ökonomisch, ökologisch und stilistisch Bestand haben“, erklärt Fiereder. „Schließlich schaffen Orte, die eine spezielle Qualität haben, eine gute Atmosphäre. Sie verändern unsere Wahrnehmung und beeinflussen unsere Stimmung. Sie sind wichtig für funktionierende soziale Strukturen und Prozesse.“ Und eben genauso ein Ort befindet sich seit dem Vorjahr in Puchenau.

Projektdaten

Standort: Puchenau
Bauherrschaft: Gemeinde Puchenau
Generalübernehmer: Neue Heimat OÖ
Fertigstellung: 2019
Bauzeit inkl. Planung: 2016 bis 2018
Architektur: Two in a Box Architekten
Holzbau: Brüder Resch Hoch- u Tiefbau GesmbH & Co KG
Statik: ZT Oberthaler Statik und Konstruktion
Holzmenge: 428 m3
Nutzfläche: 1669 m²