Tirols größter Vollholzwohnbau

Ein Artikel von Raphael Zeman | 26.03.2021 - 10:32
Naturquartier_2.jpg

© Renderwerk, Unterberger Immobilien

Das Team von Unterberger Immobilien tritt als Bauherr des Projekts auf. Für das Unternehmen mit Sitz in Kufstein ist es der erste Holzbau in dieser Dimension. Nachdem man sich entschieden hatte, auf dem Grundstück einen Wohnbau zu errichten, veranstaltete man 2017 einen kleinen Architekturwettbewerb und lud dazu fünf Büros ein, mit denen man zuvor bereits kooperiert hatte. Aus diesem Wettbewerb und der Tatsache, dass man die besondere Lage mit einem besonderen Bau würdigen will, ergab sich die Idee eines Holzbaus. Die Gemeinde wiederum nahm diesen Ansatz freudig auf und genehmigte eine höhere Baudichte in Form eines zusätzlichen Geschosses, forderte zugleich aber auch eine Fassaden- und Dachbegrünung.

Vorzeigeprojekt mit Erfahrungswert

Naturquartier_5.jpg

© Renderwerk, Unterberger Immobilien

Für die Bauherren soll der Holzwohnbau mit dem Namen „Naturquartier Weißache“ vor allem die Möglichkeit bieten, Erfahrungen für zukünftige Projekte zu sammeln. Dafür nimmt man einiges in Kauf: „Natürlich haben wir einen Mehraufwand in der Planungsphase, vor allem durch die Abstimmung zwischen Architektur, Bauphysik, Schallschutz und Brandschutz“, erzählt Florian Huber, der das Projekt für Unterberger Immobilien leitet. Auch der schlussendlich beauftragte Architekt habe noch keine große Erfahrung in Sachen Holzbau, dafür seien andere Planungsbeteiligte Experten, erklärt Huber. Er stößt sich vor allem an den hohen Anforderungen im Brandschutz – die Verkleidung mit Gipskarton sorgt für zusätzliche Kosten – und wünscht sich in der OIB-Richtlinie Erleichterungen für den Holzbau in höheren Gebäudeklassen. Was ihn jedoch positiv stimmt, ist die hohe Nachfrage bei den Käufern. Seit dem Verkaufsstart im Jänner 2020, der auch den Baustart darstellt, wurden bereits 28 der 34 Wohnungen verkauft.

Unbekanntes Terrain, erfahrene Partner

Naturquartier_1.jpg

DCIM\100MEDIA\DJI_0210.JPG © Renderwerk, Unterberger Immobilien

Gleich nach dem Architekturwettbewerb, den Henrich Veternik Walter für sich entscheiden konnten, holte sich Unterberger für die weitere Planung den Holzbaubetrieb Meiberger aus Lofer ins Boot. „Da diese aber zum Zeitpunkt der Ausschreibung bereits voll ausgelastet waren, übernahm mit Schafferer Holzbau aus Navis ein ebenso regionales, renommiertes Unternehmen die Ausführung. Hier hatten wir einen sehr guten Partner mit viel Erfahrung in der Abwicklung. Die Zusammenarbeit hat von der Vergabe über die Werksplanung bis hin zur Montage bestens funktioniert“, zeigt sich Huber erfreut. Für die Statik engagierte man neben dem langjährigen Partner Hanel Ingenieure die Holzbauexperten von Timbatec, für die Bauphysik zeichnet das Ingenieurbüro Rothbacher verantwortlich. Da für die Umsetzung des Projekts die Zusammenlegung dreier Grundstücke , Umwidmungen und ein Bebauungsplan vonnöten waren, dauerte die Planung inklusive der Genehmigung drei Jahre. Nach eineinhalb Jahren Bauzeit – dank der Holzbauweise habe man hier ein halbes Jahr eingespart – sollen nun im Juni die Wohnungen übergeben werden.

Sichtbares Holz, wo möglich

Naturquartier_6.jpg

© Renderwerk, Unterberger Immobilien

Über 1000 m³ Holz werden in den fünf Geschossen verbaut. Die Deckenelemente brachte der Systemlieferant binderholz – der über das gesamte Projekt hinweg involviert und bei der Planung unterstützend tätig war – direkt auf die Baustelle. Die Wandelemente wurden in der Zimmerei samt Fenstern und Fassade vorgefertigt, auf die Baustelle transportiert und montiert. So konnte man den Holzrohbau inklusive der Balkone in nur zehn Wochen errichten. Innen ließ man das Holz, sofern möglich, sichtbar. „Im Naturquartier gibt es viele kleine Wohnungen, das liegt am derzeitigen Markt. In jeder Einheit haben wir versucht, eine Wandseite auf Sicht zu belassen. Die andere Seite ist beplankt, da dies für die Installationen und den Schallschutz notwendig war. So hat jede Wohnung mindestens eine sichtbare Holzwand und auch die Decken im Wohnraum zeigen den natürlichen Baustoff. Die Eingangs- und Sanitärbereiche haben wir aufgrund der kontrollierten Wohnraumbelüftung mit einer abgehängten Decke versehen“, erklärt Huber und fügt hinzu: „Selbst der Liftschacht wurde in Holz errichtet. Wir wollten den Baustoff für dieses Vorzeige- beziehungsweise Referenzprojekt komplett durchziehen – nur die Tiefgarage wurde von RIEDERBAU betoniert und bei den Stiegenläufen kommen Betonfertigteile zum Einsatz.“

Mehr als eine grüne Fassade

Naturquartier_4.jpg

© Renderwerk, Unterberger Immobilien

Dass die Nachhaltigkeitsbestrebungen der Bauherren nicht nur Fassade sind, zeigt das Ziel, eine klimaaktiv-Zertifizierung in Gold zu erhalten. Neben der springenden Fassadenbegrünung, die mittels am Balkon vorgesetzter Pflanztröge hergestellt und über eine Regenwassersammelanlage versorgt wird, kommen am Dach eine extensive Begrünung sowie eine Photovoltaikanlage zum Einsatz. Letztere ist dreigeteilt: Eine Anlage versorgt das gesamte Gebäude, die anderen beiden die zwei Penthouse-Wohnungen im zurückversetzten Dachgeschoss. Alle 34 Wohnungen weisen eine hohe Grundausstattung in den Bereichen Sanitär und Elektronik auf, die Holzböden mit Fußbodenheizung werden vom Biomasse-Heizkraftwerk Kufstein versorgt.

Für Unterberger ist beim Naturquartier Weißache jedoch nicht nur nachhaltiges Wohnen Prämisse. Auch in Sachen Mobilität will man vorbildlich sein, betont Huber. So verfügen alle 33 Stellplätze der Tiefgarage über Lademöglichkeiten für Elektrofahrzeuge und eine weitere öffentliche Ladestation für Besucher befindet sich bei der Zufahrt. Zusätzlich sind auch im Fahrradraum Ladestationen für E-Bikes vorgesehen.