Mit insgesamt 206 eingereichten Projekten verzeichnete der Wettbewerb in diesem Jahr eine signifikante Steigerung gegenüber dem Vorjahr. Die 15-köpfige Fachjury unter Vorsitz von Architekt Prof. Jörg Wollenweber prämierte fünf Projekte mit dem Hauptpreis und sprach darüber hinaus vier Anerkennungen aus. Die Bandbreite der Einreichungen – von kommunalen und kulturellen Bauten bis hin zu Industrie-, Gewerbe- und privaten Vorhaben – belegt die zunehmende Relevanz des Holzbaus im gesamtgesellschaftlichen Kontext. Sie zeigen auch, dass der Einsatz von Holz nicht nur unter ökologischen Gesichtspunkten überzeugt, sondern auch hinsichtlich urbaner Dichte, technischer Innovationskraft und architektonischer Qualität.
Preis mit langer Tradition
Der Deutsche Holzbaupreis wird seit 2003 im zweijährigen Turnus ausgelobt. Die Ursprünge reichen bis ins Jahr 1965 zurück, als der damalige Bund Deutscher Zimmermeister gemeinsam mit dem Bund Deutscher Architekten erstmals einen Architektenwettbewerb zur Förderung des Holzbaus initiierte. Die prämierten Beiträge wurden bereits damals über eine Wanderausstellung öffentlichkeitswirksam kommuniziert. Ziel des Wettbewerbs ist es, die Weiterentwicklung des nachhaltigen Baustoffes Holz zu fördern und beispielhafte Anwendungen in Planung und Ausführung sichtbar zu machen. Dabei steht neben der gestalterischen und konstruktiven Qualität insbesondere die klima- und ressourcenschonende Bauweise im Fokus. Der Preis wird von Holzbau Deutschland – Bund Deutscher Zimmermeister im Zentralverband des Deutschen Baugewerbes unter der Marke des Informationsdienst Holz ausgelobt. Er wird in enger Kooperation mit dem Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen sowie zahlreichen Partnern aus der Forst- und Holzwirtschaft, der Architektur- und Bauingenieurbranche sowie Medien und Messewesen durchgeführt.
Vier Hauptpreise und ein Sonderpreis
In diesem Jahr wurden vier Projekte mit dem Hauptpreis prämiert:
das Studierendenwohnheim Collegium Academicum in Heidelberg,
das Mikroapartmenthaus Cube 68 in Dinkelsbühl,
der Gemeindesaal in Legau
sowie die Kultur- und Sporthalle in Alfter.
Einen Sonderpreis hat die Jury für das statisch und konstruktiv innovative Verfahren „Gradient Density“ vergeben – ein Ansatz zur Realisierung metallfreier punktgestützter Flachdecken aus Holz. Die Auszeichnung würdigt gleichermaßen die Bauherrschaften, Architekturbüros, Tragwerksplaner und ausführenden Holzbaubetriebe.
Im Rahmen der Ligna wurde auch der Deutsche Hochschulpreis verliehen.
Studierendenwohnheim ‚Collegium Academicum‘ in Heidelberg
Der Beitrag greift viele aktuelle Themenstellungen auf, alle überzeugend durchdekliniert vom partizipativen Planungsprozess über den Entwurf bis ins konstruktive Detail. Suffiziente und flexible Wohnformen wurden im studentischen Kontext entwickelt, umgesetzt und erprobt. Die Verbindung von Flächensparen, hoher Lebensqualität und langlebiger Funktionalität ist sowohl ökologisch als auch ökonomisch relevant und wurde mit gestalterischer Qualität verwirklicht. Der gewählte konstruktive Ansatz weist als Bausystem ein innovatives Potenzial auf, über die Holzverbindungsmittel eine gute Rückbaubarkeit und Kreislauffähigkeit zu gewährleisten. Für alle Verbindungsdetails wurden sortenreine, form- und kraftschlüssige Verbindungen auf Basis traditioneller Zimmereitechniken entwickelt und die Fügungselemente in die Bauteilgeometrie integriert. Die handwerklichen Arbeitsschritte auf der Baustelle beschränkte man dabei auf ein Minimum, da keine zusätzlichen Verbindungsmittel eingebracht werden müssen. Der Ansatz, Gebäude während ihres langen Lebens zyklus – auch im bewohnten Zustand – an geänderte Nutzungen anzupassen, demonstriert eine besondere Stärke des Holzbaus. Neue Verarbeitungstechniken ermöglichen eine wirtschaftliche Renaissance alter Zimmermannstechniken, die ganz ohne metallische Verbindungsmittel auskommen. Dies für den mehrgeschossigen Holzbau zu entwickeln und umzusetzen, erscheint der Jury preiswürdig.
Gemeindesaal in Legau
Behutsam wurden hierfür zwei wohlproportionierte Baukörper in die Ortsmitte eingefügt, in denen sich neben dem Gemeindesaal auch eine Gastwirtschaft befindet. Versetzt angeordnet bilden beide Gebäude ein Ensemble, das gleichzeitig den Außenraum durch einen Platz und Biergarten belebt. Beide Baukörper wurden als Effizienzhaus 55 im Holzbau erstellt, der nicht nur die Konstruktion, sondern auch den Innenausbau und die Fassadengestaltung bestimmt. Während die außenliegende Bekleidung durch vertikale Fichtenlatten geprägt ist, wurde für die Innenbekleidungen Tannenholz verwendet. Das Holz stammt aus der Region. Eine Besonderheit stellt die als Faltwerk konstruierte Dachkonstruktion aus gedämmten Holzkastenelementen dar. Der Gemeindesaal Legau schafft mit seiner feinfühlig und gut gestalteten Architektur einen Begegnungsort von hoher ästhetischer Qualität. Die städtebauliche Setzung und materielle Gestalt prägen eine lebendige neue Ortsmitte. Insgesamt ein herausragendes Beispiel für ein durchgängig nachhaltig gestaltetes Holzbauensemble.
Mikroapartementhaus ‚Cube 68‘ in Dinkelsbühl
Mit dem Fokus auf Nachhaltigkeit und soziale Interaktion weist das herausragende Projekt ‚Cube 68‘ den Weg für eine neue Form gemeinschaftlichen Wohnens. Gestaltgebendes Element für dieses Konzept sind Holzmodule, deren gleichartiges Volumen sich in der Summe als erstaunlich variantenreich und anpassungsfähig erweisen. Ihr Vorfertigungsgrad ist sehr hoch, so waren sie bereits bei der Ankunft auf der Baustelle bis zur Leuchte am integrierten Schreibtisch eingerichtet. Wand- und Deckenelemente in den Wohnungen sind ohne Bekleidung in Holz-Sichtqualität. Dies ist im Geschoßwohnungsbau bei Gebäudeklasse 4 eine nennenswerte Besonderheit. Die Module sind überwiegend mit Schraubverbindungen errichtet, um eine zügige Montage des Gebäudes, die Demontage oder den Rückbau und die Wiederverwendung zu erlauben. Das zeigt eine starke Ausrichtung auf Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung, ermöglicht einen flexiblen Lebenszyklus des Gebäudes und fördert das Recycling von Materialien. Durch die Koppelung von Modulen und Zuordnung von Terrassen entstanden 57 Wohneinheiten und vier Wohnungstypen von 43 bis 113 Quadratmetern, die in vier Etagen aufeinandergestapelt wurden. Allen Wohneinheiten stehen mindestens zwei Außenbereiche zur Verfügung – der auf Kommunikation angelegte Laubengang zur Erschließung sowie eine private Loggia. Das Konzept ist wiederholbar: Die Gestaltungsqualität des Gesamtbauwerks lebt von der Staffelung der Raumzellen und sichert damit die Anpassungsfähigkeit für andere städtebauliche Gegebenheiten.
Kultur- und Sporthalle in Alfter
Mit dem signifikanten Bauwerk hat die Gemeinde Alfter im Rahmen der Neugestaltung des Ortskerns einen neuen kommunalen Treffpunkt erhalten. Das Gebäude wird über drei Etagen genutzt: die Event- und Sportfläche unterirdisch, die Foyerebene mit Quartierscafé und Tribünenbereich ebenerdig und über dem Terrain eine schwebende Dachlandschaft mit Sportfeld und Fitnessareal als öffentlich verfügbarer Freiraum. Das funktionsbedingt große Volumen der Halle ist äußerst behutsam in den kleinteiligen Gebäudebestand des Ortes integriert. Die Fachwerkträger-Konstruktion aus Buchenholz schwebt auskragend auf V-förmigen Holzstützen und wirkt leicht und transparent. Bemerkenswert ist die Wiederentdeckung des Treppenversatzes, also die stufenförmige Verbindung von Holzbauteilen zur wesentlichen Reduzierung der Querschnitte. Hochgedämmte Gebäudehüllen, Wärmepumpentechnik und Kreislauffähigkeit unterstreichen den nachhaltigen Ansatz der Planung.
Sonderpreis: Gradient Density
Mit diesem innovativen Forschungsprojekt können sich weitere Möglichkeiten im mehrgeschoßigen Holzbau eröffnen. Es wurde ein Verfahren für punktgestützte Brettsperrholzplatten mit Stützen-Decken-Verbindung entwickelt. Durch die Verstärkung der Holzdecke, exakt im Bereich der konzentrierten Lastdurchleitung der hohen Stützenlasten durch die Brettsperrholzdecke, eröffnet sich eine in der Praxis sehr einfach umzusetzende Möglichkeit der Deckenverlegung. Infolge der gezielten Einleimung von Hartholzschichten im Durchleitungsbereich sind keine metallischen Verbindungsmittel mehr erforderlich. Die Decke ist unter- und oberseitig in der Ebene durchgängig. Somit ergeben sich hier einfache Möglichkeiten für die unterzugsfreie Ausbildung der Geschossdecke.
Auch für die Forderungen an Brandwiderstand, Behinderung des Rauchdurchgangs und Verhinderung der oberseitigen Hitzeentwicklung (REI-Eigenschaften) lässt das System Gutes erwarten. Die statischen Schnittgrößen der Decke wie Querkraft, Rollschubverhalten und Biegemomente können offensichtlich auch in dem aus verschiedenen Holzfestigkeiten kombinierten Querschnitt aufgenommen werden. Ebenso wird sich die Montagezeit der Decke verkürzen lassen. Eine schnelle Umsetzung in der Baupraxis wäre sehr erstrebenswert.
Quelle: Holzbau Deutschland