Fünf Häuslein steh’n im Walde

Ein Artikel von Raphael Zeman | 04.03.2021 - 14:14
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© architekturhandwerk

Mit dem Entwurf beauftragten Susanne und Hannes Durnwalder das Innsbrucker Büro architekturhandwerk, dessen Gründer Andreas Mikula bereits 2012 das Einfamilienhaus der nunmehr vierköpfigen Familie plante. „Wir sind äußerst zufrieden mit unserem Eigenheim. Für uns war immer klar, dass es ein moderner Holzbau mit Satteldach werden soll – denn das ist typisch für Vorarlberg beziehungsweise den Alpenraum“, erinnert man sich zurück. Über ein solches Satteldach verfügen auch die neuen Ferienhäuser, die mit ihrem 90°-Giebel den alten Häusern Brands entsprechen.

Hanglage prädestiniert für Holzbau

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Die 90°-Giebel der Chalets entsprechen der typischen Architektur der alten Brandner Holzhäuser. © architekturhandwerk

Die Vision der Bauherren war eine Art „Chalets am Waldrand“, das Grundstück ist vor allem durch seine Hanglage geprägt. „Hier konnte der Holzbau mit seinem hohen Vorfertigungsgrad punkten und das Bauvorhaben erleichtern“, betont Mikula. Außerdem sei es schwierig gewesen, den Bauplatz mit großen, schweren Betonmischern zu erreichen und die Baustelleneinrichtung hätte sich bei einer mineralischen Bauweise deutlich herausfordernder gestaltet.

Aufgrund der Anforderungen der Lawinen- und Wildbachverbauung sowie dem Wunsch, möglichst wenig in das natürliche Gelände einzugreifen, schlug Mikula Punktfundamente mit Stützen sowie einen Stahlrahmen als Gründung für den Holzbau vor. „Bei der Vorbereitung der Baustelle wurde sehr gut gearbeitet und so dauerte die Errichtung des Rohbaus je Haus nur sieben bis neun Stunden“, erzählt Josef Müller von der Zimmerei Josef Müller aus Brand. Die Vollholzplatten wurden von Stora Enso geliefert, in der Werkhalle die Innenwände sowie die Bodenelemente vorgefertigt und auf der Baustelle aufgerichtet.

Privatsphäre und Ökologie waren wichtigste Kriterien

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Die Lehmwandheizung erstreckt sich vom Koch-, Ess- und Wohnbereich bis hinauf zur Galerie. © architekturhandwerk

Die fünf Chalets präsentieren sich als zweigeschossige Massivholzkonstruktionen mit Satteldach und hinterlüfteter Holzfassade. Um zu hohe Schneelasten zu vermeiden, verzichtete man beim hinterlüfteten Blechdach ganz bewusst auf Regenrinnen und Schneestangen. Die Häuser wurden entlang des Waldrandes so situiert und ausgerichtet, dass sich für die Bewohner ein maximaler Ausblick auf die umgebene Tal- und Berglandschaft bietet und gleichzeitig keines der Chalets von einem anderen aus eingesehen werden kann. Über eine einfache Stahltreppe gelangt man auf die zurückversetzte Terrasse und von dort ins Erdgeschoss, bestehend aus dem Koch-, Ess- und Wohnbereich, einer Toilette, dem Bad und einem Schlafzimmer. Eine Holztreppe führt ins Obergeschoss, das sich aus einer Galerie und zwei Zimmern zusammensetzt. Für wohlige Wärme sorgt eine Lehmwandheizung, die von der Küche über beide Geschosse bis zum Wohnraum in der Galerie reicht. Für den zukünftigen Einbau eines Holzofens ist zudem ein Kaminanschluss vorbereitet.

Gemeinsames Planen spart Kosten

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Großzügige Verglasungen ermöglichen einen traumhaften Ausblick ins malerische Brandnertal. © Günter Richard Wett

Dass die frühe Einbindung des Zimmerers in den Planungsprozess Zeit und damit Geld spart, darin sind sich Mikula und Müller einig: „Es ist immer das Beste, wenn der Architekt mit dem Zimmerer zusammenarbeitet – das spart Kosten“, befindet Müller. Mikula sieht das genauso: „Ich habe nicht die Erfahrung gemacht, dass der Holzbau gegenüber der mineralischen Bauweise wesentlich teurer ist. Wenn man früh genug zusammenarbeitet, kann man das preislich steuern. Durch eine Ausführung in Sicht spare ich ebenfalls Geld. Auch mit einer Pfosten-Riegel-Konstruktion, wo innen hinter der Vorsatzschale die Leitungen verlegt sind, wird es nicht wirklich teurer als im mineralischen Massivbau“, weiß der Architekt. Seine Affinität zum natürlichen Baustoff kann er nicht exakt herleiten, er habe schon immer eine Sympathie zu Holz entwickelt und empfindet es als sehr angenehmen und vertrauten Baustoff – womöglich auch, weil er vormals den Beruf des Tischlers erlernte.

Die Pandemie und der Tourismus

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© Günter Richard Wett

„Das ganze Tal ist vom Tourismus abhängig. Zwar sind wir in allen Bereichen des Holzbaus tätig, unsere Auftraggeber kommen aber auch oft aus den Bereichen Gastronomie und Hotellerie“, erzählt Müller. Mikula berichtet von Projekten, die sich hoffentlich nur verschoben haben, aber nicht abgebrochen werden. „Viele Bauherren wollen derzeit die Situation abwarten, vor allem im Tourismussektor kann man momentan gar nicht einschätzen, wie es weitergeht“, so der Architekt. Auch für die Bauherren gestaltet sich der Ist-Zustand schwierig. Am 5. September 2020 empfing man die ersten – total begeisterten – Gäste. Nun fällt man bei Beihilfen durch den Rost. Die Familie Durnwalder zeigt sich dennoch zuversichtlich: „Wir wissen, dass die Chalets sehr gut angenommen werden, sobald wir wieder öffnen dürfen. Selbst Spaziergänger bleiben stehen und fotografieren die heimeligen Holzbauten.“

Der Baustoff für die Zukunft

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© architekturhandwerk

Dass die Begeisterung für den Holzbau zunimmt, kann Mikula aus eigener Erfahrung bezeugen. In seiner Heimat sei die Bauweise schon lange präsent, nun merke er auch ein steigendes Interesse in Tirol, erzählt der gebürtige Vorarlberger. „Was man kennt, verlässt man nicht gerne. Wenn die Nachbarn so bauen, mache ich das auch – das sind Gewohnheiten. Mittlerweile sehen die Menschen aber, dass es Alternativen gibt, und trauen sich, neue Wege einzuschlagen“, berichtet er. Auch die Klimathematik spiele dabei eine immer größere Rolle, man wolle mit gutem Gewissen bauen. „Natürliche Materialien wie Stein und Holz kann man gut – auch beispielsweise mit einer Stahlplatte – mischen. Holz ist hier definitiv der Baustoff für die Zukunft und kann im alpinen Bereich sehr gut Fuß fassen“, so Mikula.

Ein für den Architekten nicht unwesentlicher Punkt: Holzbauten wie die Chalets im Brandnertal kann man einfach demontieren und an anderer Stelle wieder errichten. Die Möglichkeit, kleine Häuser von Ort zu Ort zu transportieren, sei in den Zukunftsüberlegungen hinsichtlich der Ökologie und Klimakrise nicht außer Acht zu lassen.

Projektdaten

Standort: Brand
Bauherrschaft: Hannes und Susanne Durnwalder
Fertigstellung: September 2020
Bauzeit inkl. Planungsphase: 2018 bis 2020
Architektur: Architekt: Andreas Mikula, Mitarbeiter: Ibrahim El Ghoubashy
Holzbau: Zimmerei Josef Müller KG
Systemlieferanten: Stora Enso
Holzmenge: 225 m³ Konstruktionsholz, Fassaden: ca. 750 m²
Nutzfläche: 65 m² + 9 m² Terrasse pro Haus