Aus Lkw-Garage wird Einfamilienhaus

Ein Artikel von Raphael Zeman | 30.06.2021 - 10:43
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Die quadratische Form der Fenster hat sich aus der kompakten Bauform herauskristallisiert und wurde im ganzen Gebäude beibehalten. © PREFA / Croce & Wir

„Holzbau war zu meiner Studienzeit noch kein wesentlicher Bestandteil des Unterrichts und wurde nur in einem Nebenfach adressiert. In meiner ersten Arbeitsphase habe ich dann bei einem Wiener Büro viele Dachgeschossausbauten mitbetreut und begonnen, mich besonders für den Baustoff zu interessieren. Von da an war auch schnell klar, dass ich mein eigenes Haus einmal mit Holz bauen möchte“, erzählt Bernhard Hannes Eggl, Gründer des Architekturbüros bhe mit Standorten in Gmunden und Wien.

Eigenheim als überzeugende Referenz

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Oberflächen aus Holz und Lehm sorgen im Inneren für Abwechslung. © Franz Ebner

Der Bauherr Herbert Lechner war offen für eine ungewöhnliche Gestaltung seines neuen Wohnhauses im oberösterreichischen Hausruck. Dezidiert gewünscht waren aber Barrierefreiheit und Nachhaltigkeit. Als Eggl dem Bauherrn sein eigenes Massivholzhaus als Referenz präsentierte, zögerte er nicht lange. „Man hört immer, wie gut Holz hinsichtlich der Wohnqualität ist. Dabei waren die Themen Raumluft und Optik für uns vorrangig“, erzählt Lechner. So kam der Baustoff in Massivholzwänden und für die Leitungsführung abgehängten -decken, bei den Fenstern und in Form einer Holzweichfaserdämmung zum Einsatz. Auch der Lehmputz, der sich im Inneren mit Sichtholzwänden abwechselt, schlägt in die Kerbe „Nachhaltigkeit, Ambiente und Raumklima“. Angesprochen auf die Kosten antwortet Lechner, der selbst Waldbesitzer ist: „Wenn ich jetzt selbst zum Sparen anfange, wie soll dann der Holzpreis besser werden? Da muss man selbst auch seinen Teil beitragen.“ Laut Eggl ist der Holzbau an sich ohnehin nicht teurer als ein mineralischer Massivbau – wenn man bei einem Projekt aber konsequent auf Nachhaltigkeit setzt, steigen die Materialkosten. Lechner war es das auf jeden Fall wert. „Ich bereue nichts, wir sind rundum zufrieden“, so der Bauherr.

Nachverdichtung mit Regionalität

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Zur Südseite hin wurde mit großzügigen Verglasungen gearbeitet. © Franz Ebner

Eggl ist sich der Problematik der aussterbenden Ortskerne in ländlichen Regionen bewusst. Besonders in seiner Heimatgemeinde interessiert ihn, wie sich Bebauung, Nutzung und Bevölkerungszahl verändern. Daraus ergibt sich sein Anliegen, Altbestände im Ortszentrum wiederzuverwerten und einer zweckmäßigen Nutzung zuzuführen. Bei seinen Projekten versucht er immer, mit lokalen Firmen zusammenzuarbeiten. „Nachdem die Materialien klar waren, hat sich die Zusammenarbeit mit der Baugruppe Schmid aufgedrängt. Da bekamen wir alles aus einer Hand, das war naheliegend und hat gut funktioniert“, erinnert er sich zurück. Zudem habe man bereits früher gemeinsam Projekte umgesetzt, der Architekt kennt das Unternehmen schon von klein auf. So trat die Baugruppe Schmid nicht nur als Baumeister auf, sondern war auch für die Umsetzung der Fassade und des Holzbaus verantwortlich. Zusammengearbeitet hat man ab der Vergabe, die Ausführungspläne lieferte Eggl bereits inklusive der Elektro- und HKLS (Heizung Klima Lüftung Sanitär)-Planung – die Baugruppe Schmid musste nur noch geringfügige Anpassungen vornehmen, dann ging es in die Werksplanung.

Schallschutz optisch prägend

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Die Fenster sind bewusst so platziert, dass man von außen nicht erahnen kann, was sich dahinter verbirgt. © PREFA / Croce & Wir

Der Standort direkt an der Hauptverkehrsachse im Ort war herausfordernd. Zur Anwendung kamen schlussendlich biegeweiche Vorsatzschalen, die per Schwingbügel schalltechnisch von den Außenwänden entkoppelt sind. „Damit konnten wir einen besseren Schallschutz, als bei herkömmlichen Bauweisen erzielen“, verrät der Architekt und fügt hinzu: „Dennoch sind die Außenwände nur 40 bis 42 cm stark.“ Diese wurden an drei Seiten mit einer vorgehängten, hinterlüfteten Fassade versehen. Denn der Bauherr ist zwei Häuser weiter aufgewachsen und kennt die Probleme mit der Lage direkt an der Landesstraße. Weil es nicht nur laut ist, sondern die Fassade auch leicht beschmutzt oder beschädigt werden kann, wünschte sich Lechner daher eine möglichst robuste Außenhülle. Schließlich landete man beim Zackenprofil von PREFA, das Eggl auch gestalterisch interessant findet. Ein besonderes Detail ist für den Architekten zudem die Entwässerung am Steildach ohne Überhang und Regenrinnen. Eine innenliegende Rinne im Dachaufbau leitet den Niederschlag in einen Schacht ab.

Bauplatz und Witterung für Holz kein Problem

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© Franz Ebner

Eine viel befahrene Straße auf der einen Seite und Bebauungen an den drei anderen – der Bauplatz war eine Herausforderung für sich. „Hier waren nicht nur die schmalen Wandstärken und die damit einhergehende Nutzflächenmaximierung ein weiteres ausschlaggebendes Argument pro Holz“, erinnert sich Eggl. „Die Massivholzplatten wurden vorgefertigt von Stora Enso geliefert und von uns samt Dachaufbau in rund einer Woche montiert. Noch dazu bei widrigen Wetterverhältnissen, also mussten wir auf die Sichtholzwände besonders gut achten“, erzählt Wolfgang Purrer, Projektleiter der Baugruppe Schmid.

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© PREFA / Croce & Wir

Nun präsentiert sich das altersgerechte Einfamilienhaus mit innenliegendem Lift zur Straße hin mit einer Metallfassade und zur Südseite hin offen mit Terrassen, Loggien und großflächigen Verglasungen. Angesprochen auf die verspielte Anordnung der Fenster erklärt Eggl abschließend: „Es war spannend, ein passendes Fensterformat zu finden und dabei zur Straße hin die Privatheit und den Schallschutz zu bewahren. Aus der kompakten Bauform hat sich dann die quadratische Form herauskristallisiert. Diese haben wir konsequent an allen Schauseiten beibehalten. Manchmal bodengleich, manchmal an der Deckenunterkante – aber immer der Nutzung angepasst.“

Projektdaten

Standort: Frankenburg am Hausruck
Bauherrschaft: Herbert Lechner
Fertigstellung: August 2018
Bauzeit inkl. Planungsphase: 2016 bis 2018
Architektur: bhe-architektur
Statik: DI Weilhartner ZT GmbH
Holzbau, Baumeister und Fassade: Baugruppe Schmid Frankenburg
Systemlieferant: Stora Enso
Holzmenge: ca. 81 m³ BSP, 3 m³ KVH
Nutzfläche: 192 m² Wohnfläche + 112 m³ Nebennutzfläche