100 m-Holzwohnturm in Winterthur

Ein Artikel von Birgit Gruber | 21.04.2022 - 09:12
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© Schmidt Hammer Lassen Architects

In den nächsten vier Jahren wird in der Schweizer Stadt Winterthur das, laut Angaben der Entwickler, weltweit höchste Wohngebäude mit einer tragenden Struktur aus Holz gebaut werden. Der 100 m hohe Turm mit dem Namen „Rocket & Tigerli“ wurde von den international renommierten dänischen Architekten Schmidt Hammer Lassen Architects (SHL) entworfen. Ausgehend von drei Schwerpunkten sieht der siegreiche Masterplan ein aktives und attraktives Quartier vor, das modernen, hochwertigen Wohnraum mit maximalem Tageslichteinfall bietet.

Integriert in einen historischen Kontext

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© Schmidt Hammer Lassen Architects

„Wir gehen dieses Projekt mit großer Bescheidenheit an. Es wird einen bedeutenden Einfluss auf die Gemeinde haben, sowohl in sozialer als auch in ästhetischer Hinsicht. Da die Schweiz über ein großes Know-how im Bereich des Holzbaus verfügt, sind wir besonders stolz, an diesem bahnbrechenden Projekt mitzuarbeiten", sagt Kristian Ahlmark, Partner und Design Director bei Schmidt Hammer Lassen. Die Stadt Winterthur, nordöstlich von Zürich gelegen, war früher für ihre Maschinenindustrie und Lokomotivproduktion bekannt. Bei der Entwicklung des Projekts haben SHL die Qualitäten des historischen Viertels als Leitmotiv für die Umwandlung in ein pulsierendes Kulturzentrum identifiziert. „Rocket & Tigerli“, benannt nach den am Standort produzierten Lokomotiven, besteht aus vier Gebäuden, die normalen Wohnraum, Studentenwohnungen, ein Restaurant, Einzelhandelsflächen, eine Skybar und ein Hotel miteinander verbinden. Die vielfältigen Einrichtungen sind so konzipiert, dass sie das Viertel den ganzen Tag über beleben. Jedes Gebäude hat seine eigene visuelle Identität. 

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© Schmidt Hammer Lassen Architects

Bahnbrechendes Holzbausystem

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© Schmidt Hammer Lassen Architects

Der neue Holzturm bricht mit den ursprünglichen Grundsätzen des Masterplans für die Entwicklung des Geländes, der eine geschlossene Blockstruktur vorsah. Er stellt einen Meilenstein im Holzbau dar – nicht nur wegen seiner 100 m, die den aktuellen Rekord für Wohngebäude in tragender Holzbauweise darstellen. Sein innovatives Bausystem untersucht den Baustoff Holz als natürlichen Ersatz für Beton. Das Schweizer Unternehmen Implenia und die ETH Zürich haben bei der Entwicklung eng zusammengearbeitet. Beim neuen System wird der Betonkern durch Holz ersetzt, was dazu führt, dass der einzelne Träger ein geringeres Gewicht aufweist. Dies ermöglicht höhere Konstruktionen und sorgt gleichzeitig dafür, dass der gesamte Bauprozess einen geringeren Anteil an gebundenem Kohlenstoff aufweist. Die Fassade wird mit dunkelroten und gelben Terrakottaziegeln verkleidet, kombiniert mit Details in Grün – eine Farbpalette, die die roten Dächer und Ziegel der historischen Gebäude in der Gegend widerspiegelt.

Markierung eines ästhetischen und technischen Wandels

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© Schmidt Hammer Lassen Architects

Beim Architekturwettbewerb ging es darum, die architektonischen Möglichkeiten des neuen Bausystems zu untersuchen. Der Vorschlag von SHL zelebriert die Struktur der Konstruktion selbst durch architektonische Effekte, wobei die Holzbalken als charakteristisches Element hervorgehoben werden. Sie sollen den Bewohnern das Gefühl vermitteln, im Inneren der Konstruktion zu leben. Holz wird dabei nicht mehr nur als natürliches Material betrachtet, das traditionell für Ferienhäuser und -wohnungen verwendet wird. Die Architekten konzentrieren sich auf seine herausragenden Eigenschaften in Bezug auf den Gesamtenergieverbrauch eines Gebäudes. Ein Trend, dem das SHL-Studio mit Begeisterung entgegensieht. Die dänischen Architekten haben bereits viel Erfahrung auf dem Gebiet des mehrstöckigen Holzbaus. Derzeit arbeitet das Studio an internationalen Holzbauprojekten in den Niederlanden und Kanada und hat mehrere Projekte mit tragenden Holzkonstruktionen in Dänemark fertiggestellt, darunter das Framehouse in Dragør. „Rocket & Tigerli“ soll bis 2026 fertiggestellt und bezugsfertig sein.

Quelle: Schmidt Hammer Lassen Architects