Wohnraum fehlt und der Auftrag ist klar: Kompakte Wohnsiedlungen in hoher Qualität schaffen. Und dies möglichst in Holz, um den gestiegenen Nachhaltigkeitskriterien zu entsprechen und dem Klimawandel entgegenzuwirken. Dies hört sich in der Theorie gut an, findet in der Realität noch nicht häufig genug Anwendung. Positive Beispiele aus Österreich gibt es selbstverständlich. Alleine in der Steiermark wuchsen in den vergangenen zehn Jahren Holzbausiedlungen heran. Zu nennen ist hier das Reininghaus Q7 in Graz, von balloon und Hohensinn Architektur geplant und Strobl Holzbau errichtet. 211 Wohnungen mit insgesamt rund 15.400 m2 Wohnfläche wurden 2020 bezogen.
Vier sechsgeschoßige Bauten am ehemaligen Gelände der Hummelkaserne sind in Sichtweite von Q7. Dort entstanden bis 2016 rund 90 Wohnungen, geplant von sps-architekten, gebaut von Kulmer Bau. 2021 folgte dann eine Wohnbebauung am Sternäckerweg mit 400 Einheiten in Holz. Wieder sind balloon und Kulmer, diesmal gemeinsam mit gaft&onion, am Werk.
Auch in Wien Quartiere am Start
Neben diesen steirischen Projekten tut sich österreichweit einiges in dieser Größe, aktuell auch in Wien. Im 22. Wiener Gemeindebezirk wurde die Baubewilligung für das Projekt „Rote Emma“ erteilt. Gerner Gerner Plus und AllesWirdGut werden ein Wohnquartier in Holzhybridbauweise mit rund 360 geförderten Mietwohnungen errichten. Bauherren sind die Genossenschaft BWS und MIGRA.
Ebenfalls in Wien kommt das sogenannte LeopoldQuartier. Auf dem rund 23.000 m² großen Areal, das in fünf Baufelder unterteilt ist, entsteht ein Mix aus Arbeiten und Wohnen mit einer Bruttogeschoßfläche von 75.000 m²: 150 City-Apartments, 253 Eigentumswohnungen und 45 Büro- und Geschäftseinheiten. Der Entwurf für die Wohnzeile stammt aus der Feder von Gangoly & Kristiner aus Graz. Zuerst will man nun das Bürogebäude nach den Entwürfen von HNP Architects errichten. Durch die konsequente Nutzung von Erdenergie und Photovoltaik ist das Quartier in der Energieversorgung CO2-neutral. Mitte Oktober wurde die Baubewilligung erteilt.
Frankreich auf Nachhaltigkeitspfaden
Auch im übrigen Europa sind Quartiersentwicklungen im Gange beziehungsweise bereits abgeschlossen. In Toulouse entstand ein 13.000 m² großes Areal, das zu 75 % in Holzbauweise umgesetzt wurde. Darin befinden sich insgesamt 3100 Wohnungen und öffentliche Einrichtungen. Im Zentrum des Areals steht „Cartoucherie Wood’art”. Hierfür haben Dietrich | Untertrifaller gemeinsam mit Seuil Architecture 95 frei finanzierte und 42 geförderte Wohnungen, einen elfstöckigen Hotelturm mit 100 Zimmern sowie 2750 m2 Handels- und Gewerbeflächen geplant. 2022 wurde der Komplex fertiggestellt.
Von München über Stuttgart bis nach Berlin
Und auch im Nachbarland Deutschland hat sich in Sachen Quartiersentwicklung einiges getan, auf dem ehemaligen Kasernengelände des Münchner Prinz-Eugen-Parks beispielsweise. Hier begann man 2017 ein neues Stadtquartier zu errichten. Von den insgesamt 1800 Wohnungen wurden 566 in Holzbauweise, verteilt auf acht Baufelder mit ebenso vielen Bauherren, errichtet. Nach diesem Vorbild können in München in den kommenden Jahren weitere Holzbauquartiere realisiert werden.
Gute Aussichten auf mehr Holz gibt beispielsweise das Projekt „Timber View“. einszueins architektur aus Wien setzten sich mit ihrem Entwurf durch. Dieser gliedert das neue Wohnquartier in sieben Gebäude mit insgesamt 184 Wohnungen, die zusammen über rund 13.600 m2 Wohnfläche verfügen. Und auch in weiteren Städten, wie Berlin oder Stuttgart, kamen und kommen Nachfolgeprojekte.
Ambitionen in größerem Maßstab
In weitaus größerem Maßstab denkt man beim südlichen Nachbarn Italien über das Thema Holzbauquartier nach. Mit dem „Ponte Roma Quartier“, geplant von Henning Larsen aus Dänemark, will man 1000 neue Wohnungen und 500 Studierendenunterkünfte schaffen. Initiiert wird das nicht unumstrittene Vorhaben von einer Gruppe prominenter Südtiroler Unternehmer rund um Heinz Peter Hager, Paolo Tosolini und Robert Pichler. Unabhängig von der notwendigen Baugenehmigung sei für die Projektverantwortlichen ein Baubeginn bereits 2025 möglich.
So sehr sich all diese Projekte in Größe, Herangehensweise und Darstellung unterscheiden, so eindeutig beweisen sie, welchen Beitrag der Holzbau am Weg zu klimaneutralen Städten in Form von Holzbauquartieren leisten kann. Einmal mehr sei dazu angemerkt, dass sich dieser Weg nur mit Rückenwind aus der Politik beschreiten lässt.